Loge der Lust
und stiegen aus. Durch ein Loch im Zaun schlichen sie auf das Gelände.
„Das Gebäude dort drüben ist das alte Kesselhaus“, erklärte Matthew und suchte Schutz hinter einem Berg Stahlmüll. „Von hier aus musst du allein gehen. Am Eingang wird man dich nach dem Losungswort für die heutige Insider-Party fragen. Es lautet Fellatio. Bist du bereit?“
Teena zitterte. Sie bemühte sich, kühl zu wirken, doch es gelang ihr nicht. Trotz aller Nervosität zog das Kesselhaus sie magisch an. Die warme Nachtluft trug Fetzen gregorianischer Gesänge zu ihr. In der Ferne sah sie bereits maskierte Gäste eintreten. Sie konnte es kaum erwarten zu sehen, was in dem skurrilen Komplex vor sich ging.
Sie nahm allen Mut zusammen und nickte. Dann setzte sie die Maske auf und schritt eilig auf die Eingangstür zu, bevor der Mut sie noch verließ. Als sie näherkam, bemerkte sie einige Männer, die, in Mönchskutten gekleidet und die Kapuzen weit ins Gesicht gezogen, um das Gebäude patrouillierten. Der Mann an der Pforte trug eine schwarze Henkersmaske. Eine braune Lederweste spannte sich um seinen Wanst.
Er verschränkte die Arme vor dem Körper und brummte: „Passwort!“
„Fellatio.“ Teena erschrak vor ihrer eigenen Stimme, die zittrig und dünn war.
Der Türsteher trat beiseite, und sie stieg über die Schwelle. Sie ging langsam durch einen Gang, der nur von wenigen Tropfkerzen erhellt wurde. Gruselig, fand Teena. Unsicher senkte sie den Blick. Sie bemerkte die Wachstropfen auf dem Boden, ein Bild, das ihr nur allzu bekannt vorkam. Im Coast Liquor Store hatte sie ebenfalls erstarrtes Wachs gesehen.
Als Teena den Hauptraum betrat, blieb sie abrupt stehen. Vor ihr tat sich eine außergewöhnliche Halle auf. Ein uralter Heizkessel reichte bis unter das Spitzdach. An den Wänden liefen unzählige Rohre entlang. Ein Gewirr von Leitungen umspannte die stillgelegten Kesselkammern und Brennräume. Während das Röhrennetz an den Wänden von bunten Lichtern angestrahlt wurde, bot das komplexe Geflecht um den Kessel viele Nischen und Rückzugsmöglichkeiten in finstere Unterschlüpfe. Das Szenario besaß einen bizarren Charme, ein kühles Ambiente, das von Gästen in den unterschiedlichsten Maskierungen bevölkert wurde. Sie standen in den Gängen, flanierten umher oder wiegten sich im Rhythmus der gregorianischen Chorgesänge, atmosphärische Melodien, die aus unsichtbaren Lautsprechern ertönten. Die meisten Anwesenden trugen Schwarz, der Rest war in Nachtblau oder Dunkelgrün gekleidet. Kein pinkfarbener Farbtupfer, soweit Teena sehen konnte.
Sie strich über ein verrostetes, mit Patina überzogenes Ventil, Relikt der Vergangenheit. Dieser Ort besaß eine eigenwillige Mystik. Teena fühlte sich in eine andere Welt hineinversetzt. Das diffuse Licht und die Choräle machten sie trunken. Erst beim zweiten Hinsehen bemerkte sie wippende Brüste, Hände, die in geöffnete Hosenschlitze glitten, und Gesichter im Zustand der Verzückung, den nicht einmal die Masken verbergen konnten. Diese waren sehr vielgestaltig, venezianisch inspiriert, bemalt oder mit Federn geschmückt, manchmal nur Kapuzen mit Augenlöchern, aber auch Leder- und Latexmasken fanden sich darunter. Ebenso unterschiedlich waren die Bekleidungen. Manche Gäste hatten sich in noble Gewänder gehüllt, mittelalterliche Roben und Umhänge aus Samt, andere dagegen hatten kaum einen Fetzen Stoff am Leib, stelzten mit schwindelerregend hohen Schuhen durch die Gänge. Frauen in Dienstmädchenuniformen trugen Champagner und Wein zu den Gästen, während Männer in Livreen, nur bekleidet mit einem Lendenschurz, Häppchen reichten.
Neidisch musterte Teena eine Dame, deren aufregende Kurven in einem engen Catsuit aus Latex steckten. Nur die Brustwarzen lugten zwischen Löchern hervor. An den Brustspitzen hing je ein goldenes Glöckchen, das klingelte, wann immer sie sich bewegte. Das Bordeauxrot ihrer Seidenmaske, die eng um den Kopf gebunden und am Hinterkopf verknotet war, war perfekt abgestimmt auf das Dunkelrot ihres Lippenstiftes. Ihre Haare steckten unter einem Turban aus scharlachroter Seide.
Eine Weile stand Teena unschlüssig herum. Sie wagte kaum einen Schritt zu machen, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte.
Plötzlich legte sich eine Hand auf ihren Rücken. „Steh gerade“, hauchte ein Mann in ihr Ohr. „Du stehst wie ein scheues Reh in der Ecke. Straffe deine Schultern und zeige deine Reize. Du musst nichts verstecken!“
Diese Stimme!
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