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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Arnaud
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gegen den Horizont, wo er sich verfängt. Dann stürzt die träge Masse des Schweigens auf sie herab.
     
    Johnny hat den Kopf auf das Steuerrad fallen lassen. Er hält die Augen krampfhaft geschlossen, als fürchte er, noch etwas Feindliches wolle in sie eindringen. Er schreckt auf, als Stürmer eine Bewegung macht, um auszusteigen, und murmelt völlig ungereimt: »Mach nicht solchen Lärm.«
    Eine Schweigeminute kommt den beiden Europäern ganz von selbst in den Sinn, Das Nitroglyzerin hat ihre Kameraden getötet – als die ersten welcher Reihe? –, zwei, die nun nicht mehr warten, nicht mehr hoffen, keine Angst mehr zu haben brauchen. Für die der Schreck der Crude aufgehört hat, eine fast greifbare Wirklichkeit zu sein. Die mit einem Blitzschlag aus dem Vabanque-Spiel ausgeschieden sind. Diese Geschichte wird in Las Piedras einige glücklich machen. Wer ist nun an der Reihe? Smerloff?
    Der Name durchkreuzt Stürmers Gehirn wie mit Leuchtbuchstaben. Natürlich, das ist er, der Schuft, dem sie die Sabotage an ihrem Wagen zu verdanken haben. Smerloff! Warum, zum Teufel, haben sie nicht schon früher daran gedacht?
    Der Pfarrer hatte Luigi gesegnet, als er ihn auf den Weg zur Hölle schickte. Smerloff hatte ihnen sein »Macht’s gut, amigos« zugerufen, als sie am Corsario vorbeikamen. Das mußte ein Ritus der Verräter sein.
     
     
    Sie sind weitergefahren. Drei, vier Kilometer ohne Zwischenfall. Johnny war am Steuer sitzengeblieben. Er hatte überhaupt keine Spannkraft mehr, nur mit Mühe hob er seine verbleiten Beine, um die Pedale zu bedienen.
    Der eine wie der andere – der Rumäne am Steuer, und Stürmer, der pausenlos rauchte und eine Zigarette am Stummel der andern anzündete – fürchtete den Augenblick, in dem sie den Resten gegenüberstehen würden. Die Luft schien ihnen schwer; ihre Angst hatte den Gegenstand gewechselt.
    Vor einer Stunde lebten jene Männer noch, hatten einen Körper wie sie, ein Gesicht, eine Stimme ... und nun gab es nichts mehr, was von ihrem Ende zeugte. Keinen Leichnam. Das war schlimmer als der Tod.
     
     
    Der Luftdruck hatte das Gelände ringsum aufgerissen. Im Kegel der Scheinwerfer sahen sie deutlich, daß die Verwüstungen immer stärker wurden. Zuerst war die Strecke kaum schlechter, als es die Straße mit den großen Löchern am Anfang der Hochebene gewesen war. Aber bald wurde der Zustand des Weges erschreckend. Johnnys Gesicht war aschgrau. Die ganze Sicherheit, die er während des Aufenthalts in Los Totumos wiedergefunden hatte, war dahin. Wieder zitterten seine Hände; wieder geriet er bei jeder Gangschaltung, bei jedem Auskuppeln in Verwirrung. Er bemühte sich, seine panische Angst zu meistern; aber ohne Erfolg.
    Der Truck bekam die Folgen von Johnnys übler Verfassung zu spüren, und ein- oder zweimal waren sie von dem entscheidenden Stoß nicht weit entfernt.
    »Halt einen Augenblick an«, sagte Gérard. »Es hat keinen Sinn, aufs Geratewohl weiterzufahren. Wir riskieren, daß wir nachher weder vor- noch rückwärts kommen. Wir wollen zu Fuß hingehen und sehen, was da geschehen ist.«
     
     
    Die Stablampen in der Hand, alle Lichter des Wagens aufgeblendet, einschließlich des Seitenscheinwerfers, machten sie sich auf den Weg über das verwüstete Gelände.
    Es gab drei Explosionskreise. Die vielen flachen Löcher, über die sie hinwegschritten, rührten ohne Zweifel von den Splittern des Wagens her. Ein Stück Nummernschild steckte in der Erde, sie sahen den Stempel der Crude, es war also das vordere Nummernschild, und sie kamen von rückwärts und waren vom Zentrum des Trichters, vom Explosionsherd, noch ziemlich weit entfernt.
    Dann folgten etwa fünfzig Meter, wo die Erde von breiten, wellenförmigen Einschnitten durchfurcht war. Auf der Straße selbst hatte der Luftdruck die Kieselschicht herausgehoben, lauter erstarrte Wellen, von der Hitze wie braungebacken. (Ein Stein fällt in den Tümpel, und der Tümpel reißt’s Maul auf, immer weiter, in lauter konzentrischen Kreisen.) Wenn sich das wenigstens bewegt hätte, es wäre weniger unheimlich gewesen als dieses versteinerte Meer.
    Weiter vorn schließlich das dunkle Loch. Dort war’s. Nicht tief übrigens: etwas mehr als einen Meter. Die Explosion mußte mit solcher Gewalt hochgeschossen sein, daß sie nicht dazu gekommen war, hier ein tiefes Loch zu reißen. In Wind, Himmel und Nacht hatte sich aufgelöst, was Juan Bimba, was Luigi gewesen waren; und mit ihnen ein Truck von sechs Tonnen.
    Der

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