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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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Knie. Ich streichelte ihn. Robert reichte mir ein Taschentuch. Ich hatte nicht mitbekommen,
     dass er ins Zimmer zurückgekehrt war.
    »Shhht«, murmelte er und setzte sich neben mich. Er legte seinen Arm mit einer großen Selbstverständlichkeit um meine Schultern,
     hielt mich fest. Im ersten Moment war ich versucht, mich dagegen zu stemmen, aber dann spürte ich die Freundschaft und Zuneigung,
     die er mir entgegenbrachte. Ich ließ mich von ihm festhalten und trösten. Schließlich putzte ich mir die Nase, versuchte ein
     schiefes Grinsen. »Tut mir leid.«
    »Ach, Conny, mir tut es leid. Mir tun eine Menge Dinge inzwischen leid. Dass ich zugestimmt habe, nach Hechelscheid zu fahren.
     Dass ich dich dort überreden wollte, bei der OFA mitzumachen. Dass ich gerade das Gespräch angenommen und – noch schlimmer
     – an dich weitergegeben habe. Ich hätte sagen können, dass ich nicht weiß, wo du bist. Oder anders und sensibler reagieren
     sollen. Dir einfach das Telefon zu reichen war nicht wirklich klug.«
    »Blödsinn«, sagte ich und putzte noch mal die Nase. Ich traute mich nicht, ihn anzusehen. »Diese blöde private Geschichte
     darf die OFA nicht behindern.« Tränen schossen mir wieder in die Augen. »Wie konnte er mich betrügen? Nach all den Jahren?
     Mit dieser blöden Kuh?« Ich lehnte mich an |140| Robert, spürte die Wärme seines Körpers, seine Hände, die beruhigend über meinen Rücken streichelten. Es fühlte sich gut an.
     Schließlich riss ich mich los, setzte mich auf.
    »Wir sollten zu Bett gehen,« sagte ich und biss mir dann auf die Lippe. »Jeder in seines, natürlich. Gute Nacht, Robert, und
     danke für die Unterstützung.« Ich stand auf und ging, ohne ihn noch einmal anzusehen. Der Teppich im oberen Stockwerk war
     auch warm und kuschelig unter meinen nackten Füßen. Wie warmes Wasser. Ich ging in das Gästezimmer, schloss die Tür hinter
     mir, lehnte mich dagegen. Charlie war mir gefolgt, sah mich kurz an, legte sich dann hin.
    Als ich im Bett lag, lauschte ich, konnte aber nichts hören. Für einen Moment stellte ich mir vor, Robert würde in das Zimmer
     kommen und mich wahrhaftig trösten. Über den Gedanken schlief ich ein.

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    Kapitel 16
    Ich schlief unruhig, schreckte mehrfach hoch. Meine Träume waren verworren und hatten mit dem Ereignis im Herbst in der Eifel
     zu tun. Um sechs stand ich schweißgebadet auf, es war zwecklos, ich würde keinen erholsamen Schlaf finden. Ich zog mich an
     und ging mit Charlie nach unten. Der Schlüssel steckte von innen im Schloss, ich nahm ihn und ging mit dem Hund in den Park.
    Der Tag wirkte noch wie vorläufig. Doch die Vögel waren schon erwacht und sangen ihren Morgengruß. Es roch nach frischem Gras
     und feuchter Erde. Der Morgentau hing schwer an den Blättern.
    Mir tat alles weh, so als wäre ich in der Nacht vor etwas davongelaufen. Jetzt, beim ersten Licht des Tages, wichen die Schrecken.
     Aber die Wut auf Martin und die Trauer krochen wieder in mir hoch. Ich bedauerte mich eine Weile, beschloss dann, mich anderen
     Dingen zuzuwenden.
    |141| Im Haus war alles still, Robert schien noch zu schlafen. Ich setzte mich mit einem Kaffee an den Esstisch, nahm die Mappe
     mit den Bildern. Wiederum sah ich mir die Verletzungen an, die der Täter Sonja beigebracht hatte. Er hatte ihr kleine Stichwunden
     zugefügt, überall am Körper. In den Leisten, in den Achselhöhlen, unter der Brust, am Bauch. Kleine Schnitte, die fast gar
     nicht auffielen und die man auf den ersten Blick fast übersehen hätte. Es waren Stellen in den Weichteilen, Stellen, an denen
     es schmerzte, die bluteten. Viel Blut war nicht zu sehen. Es schien mir, als sei Sonja abgewaschen worden, bevor der Täter
     sie zu dem Parkplatz gebracht hatte. Die Vermutung hatte auch Martin in seinem Bericht geäußert.
    Jemanden immer und immer wieder zu verletzen, warum machte man das? Was hatte der Täter davon? Er quälte sein Opfer, fügte
     ihm Schmerzen zu, machte ihm Angst. Es musste aber noch einen anderen Grund geben. Rache und Vergeltung. Doch wofür wollte
     er sich rächen?
    Etwas war bei Sonja anders als bei Mueskens. Die Taten ähnelten sich nur auf den ersten Blick. Wollte der Täter den Opfern
     etwas sagen? Oder seiner Umwelt? Ich war mir nicht sicher. Irgendwo im Haus schlug eine Tür zu, ich zuckte zusammen. Dann
     rauschte Wasser. Robert war aufgestanden.
    Eine Stunde später betraten wir das Polizeipräsidium. Es herrschte schon hektische

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