Lohse, Eckart
führt er die großen
Oratorien und sinfonischen Dichtungen auf, »Matthäuspassion« und
»Weihnachtsoratorium«, die »Hohe Messe in h-Moll« und Verdis »Requiem«.
Obwohl er den Wunsch des Vaters
ausschlägt, Politiker zu werden, ist Enoch zu Guttenberg ein zutiefst
politischer Mensch. Schon in den siebziger Jahren engagiert er sich für den
Umweltschutz. Im Juli 1975 gründet er
zusammen mit Horst Stern, Bernhard Grzimek, Herbert Gruhl, Hubert Weinzierl und
einem guten Dutzend anderer Naturschützer im fränkischen Marktheidenfeld den
Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), fährt 1978 mit
Grzimek und Weinzierl nach Rom zum damaligen Kardinal Joseph Ratzinger. Die
Kirche solle sich mehr für die Schöpfung einsetzen, fordern die Gäste aus
Deutschland. Doch der Kardinal erwidert den Umweltschutzaktivisten, der Kirche
stecke ja noch die Sache mit Galileo Galilei in den Knochen, da wolle man sich
jetzt nicht auf den Umweltschutz festlegen, so erinnert sich Guttenberg. Frustriert
treten die Freunde die Heimreise an.
Überlegungen, sich den schnell
wachsenden Grünen anzuschließen, verwerfen Guttenberg und seine Mitstreiter in
den achtziger Jahren. In den Augen der konservativen Umweltschützer nutzen
viele Anarchisten und Alt-Kommunisten bei den Grünen das ökologische Denken nur
als Vehikel für ihre politischen Ziele. Hinzu kommt die Sorge, dass das
politische System sie dazu zwingen könnte, ihre grundsätzlichen Positionen zum
Umweltschutz aufzugeben. Enoch zu Guttenberg liebäugelt zumindest eine Weile
mit dem Übertritt zu den Grünen.
Enoch zu Guttenberg ist allerdings
Mitglied der CSU. Das liegt für den Sohn eines CSU-Politikers nahe. Doch Anfang
der neunziger Jahre bricht er mit der Partei. Zusammen mit seiner Mutter Rosa
Sophie tritt er im November 1992 aus der
Partei aus, nachdem der damalige CSU-Ministerpräsident Max Streibl sich
geweigert hatte, an einer Demonstration gegen Gewalt und Antisemitismus in
Berlin teilzunehmen. Im Herbst des Jahres hatte es zahlreiche Angriffe auf
Wohnheime von Asylbewerbern und andere Gewalttaten gegen Ausländer gegeben.
»Als Witwe und als Sohn des Karl Theodor Guttenberg«, der als Abgeordneter für
die Freiheit und Würde der Menschen gekämpft habe, »können wir nicht länger
einer Partei angehören, die sich von einer solidarischen Aktion des inständigen
Deutschland< ausschließt«, heißt es in dem offenen Brief, mit dem sie ihren
Austritt begründen. Als christlichem Politiker hätte es Streibl angestanden,
sich der Demonstration anzuschließen und in Berlin zusammen mit den anderen
Ministerpräsidenten Flagge zu zeigen, befindet Enoch zu Guttenberg.
Erst nachdem sein Sohn
Karl-Theodor 2009 Bundesminister geworden ist,
tritt der Vater wieder in die CSU ein. Damit er es tut, wendet der Sohn einen Trick
an: Bei einem Wahlkampfauftritt vor CSU-Mitgliedern in einem Bierzelt im zur
Ortschaft Guttenberg nahe gelegenen Stadtsteinach mischt sich Enoch zu
Guttenberg unter das Publikum, um zu sehen, wie der Filius Wahlkampf macht. Der
weiß nichts von der Anwesenheit des Vaters, entdeckt ihn aber während seiner
Rede unter den Zuhörern. Und reagiert so: »Meine Damen und Herren, hier sitzt
einer, der gar nicht dazugehört: mein Vater.« Gejohle, Beifall und Buh-Rufe
sind die Reaktion der CSU-Mitglieder. Dann sagt der Sohn über den Vater: »Wenn
ihr ihm das richtige Parteibuch mit Goldschnitt gebt, dann gehört er bestimmt
wieder dazu.« Die Falle ist zugeschnappt, Enoch zu Guttenberg kann aus ihr
nicht heraus, ohne den Sohn zu brüskieren. »Ich habe danach mit ihm deswegen gestritten«,
erinnert er sich. Aber etwas Bewunderung für den Coup des Sohnes ist auch zu
spüren. Enoch zu Guttenberg hat es dem Sohn zuliebe getan, er betont aber gern,
dass er die Umweltpolitik der CSU immer noch für falsch hält.
Die Wahlkampfauftritte seines
Sohnes in der Region besucht er allerdings. Auch Rosa Sophie zu Guttenberg,
die Großmutter des Ministers, lässt es sich nicht nehmen, ihren Enkel bei
Wahlkampfauftritten durch ihre Anwesenheit zu unterstützen. Das ist nicht
selbstverständlich. Die alte Dame ist im Dezember 2010 schon 88 Jahre alt
geworden. Sie ist erblindet, trägt oft eine dunkle Brille. Rosa Sophie zu
Guttenberg wohnt meist in München, wo sie Opernaufführungen und Konzerte
besucht. Sie hat aber weiter eine Wohnung auf Schloss Guttenberg, ihre
»Kemenate«.
Enoch zu Guttenberg macht auf
seine Art Politik. Statt auf Parteien setzt er lieber auf die Kraft
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