Lohse, Eckart
Münch. Der ehemalige Bäcker und frisch
gebackene Akademiker, der auf dem zweiten Bildungsweg Betriebswirtschaft
studiert hat, analysiert die Schwachstellen der maroden Klinik und entwickelt
ein Konzept, wie sie zu retten sei. Enoch zu Guttenberg und die anderen
Gesellschafter engagieren ihn als Sanierer. Doch Münch will auch einen Anteil
an der Klinik, er übernimmt für schlappe 5000 Mark eine
Minderheitsbeteiligung von 25 Prozent an
der Rhön-Klinikum GmbH und legt los. Und der Perfektionist saniert das
Unternehmen Schritt für Schritt. Sein Ziel ist es, einen Klinikkonzern zu
schaffen. Münch geht mit den Moden und Bedürfnissen der Zeit, eröffnet 1975 eine
psychosomatische Klinik, stößt ein Schulungsprojekt für Aussiedler an, für das
es Fördergelder gibt, bringt eine Herzklinik nach Neustadt, schließlich baut er
Anfang der neunziger Jahre eine neurologische Klinik und eine weitere für
Handchirurgie.
1988 wird die
Rhön-Klinikum GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Guttenbergs
halten ein knappes Drittel des Stammkapitals. Ein Jahr später geht die Rhön-Klinikum
AG als erster deutscher Klinikkonzern an die Börse. Das Unternehmen hat 670 Mitarbeiter,
sein Jahresumsatz beträgt 25 Millionen
Euro. Münch expandiert bald über Neustadt hinaus. 1993 wird das
Herzzentrum Leipzig eröffnet, zwei Jahre später das neu erbaute Klinikum
Meiningen in Thüringen. Andere Kliniken werden von der Rhön-Klinikum AG
übernommen, so etwa die Stiftung Deutsche Klinik für Diagnostik in Wiesbaden.
Im Jahre 2002 machen die
Guttenbergs dann groß Kasse. Sie verkaufen ihren damaligen Anteil von 26,5 Prozent an
der Rhön-Klinikum AG an die Hypo-Vereinsbank, die später das Paket breit am
Kapitalmarkt streut. Der damalige Wert des Aktienpaketes beträgt 260 Millionen
Euro - die Guttenbergs hatten sich endgültig saniert und stiegen in die Reihe
der dreihundert reichsten Familien Deutschlands auf. Eine entsprechende Liste
taxiert sie 2005 auf Platz 272 mit einem
geschätzten Vermögen von 400 Millionen
Euro, mitunter werden auch 500 oder 600 Millionen
Euro angegeben. Die Rhön-Klinikum AG expandierte allerdings kräftig weiter, ihr
gehören heute rund 50 Kliniken
mit rund 30000 Mitarbeitern; der Jahresgewinn
machte 2005 fast 90 Millionen
Euro aus.
Zudem besaß die Familie Guttenberg
eines der besten Weingüter in der Pfalz, in Deidesheim an der Weinstraße das
Weingut Reichsrat von Buhl. Seine Rieslinge gehörten einst zu den teuersten,
auch Otto von Bismarck war hier Kunde. Auf vielen festlichen Großereignissen
wurde Buhlscher Wein serviert - etwa bei der Eröffnung des Suezkanals 1869. Damals
gehörte das Weingut allerdings noch nicht den Guttenbergs. Geerbt hat es der
Urgroßvater Enoch zu Guttenberg der Ältere, der, wie erwähnt, während des
Ersten Weltkriegs in der Kammer der Reichsräte in Bayern gesessen hatte. Als
jüngster Reichsrat hatte er dort seinen Platz neben dem ältesten Reichsrat,
Franz von Buhl, der kinderlos war. Jener hatte das Weingut, das er von seinen
Eltern geerbt hatte, durch angeheiratete Flächen so erweitert, dass es auf 200 Hektar mit
rund hundert Hektar Weinanbaufläche kam und zu einem der größten Weingüter
Deutschlands in Privatbesitz wurde. Zudem machte er seinen Titel als
bayerischer Reichsrat zum Namensbestandteil des Weinguts. Buhl bringt dem
jungen Enoch zu Guttenberg eine besondere Sympathie entgegen, und da er selbst
kinderlos geblieben war, entscheidet er, dass das Weingut an ihn vererbt
werden solle. Frieda Piper zu Buhl überlebt ihren Mann, der 1921 verstarb,
um mehr als 30 Jahre und leitet das Weingut mit
Geschick und hohem Einsatz. Nach ihrem Tod 1952 geht die
Leitung an die Familie Guttenberg über.
1972 erbt es
der neue Schlossherr Enoch zu Guttenberg. Das Weingut gerät dann allerdings in
wirtschaftliche Schwierigkeiten und wird auf 52 Hektar
Weinbaufläche verkleinert, wobei allerdings die besten Lagen erhalten bleiben.
Enoch zu Guttenberg hat darüber geklagt, wie das Weingut modernisiert wurde,
dass »plötzlich die römischen Weinbergsmauern und die gotischen Kapellen
einfach zusammengeschoben wurden«. Im Zuge der Konsolidierung der Familienfinanzen
entscheidet sich Enoch zu Guttenberg schließlich, das Weingut zu verkaufen.
Heute ist ein Neustädter Unternehmer der Besitzer, der es wiederum 1989 an eine
Betreiber GmbH verpachtet, deren Eigentümer zwei japanische Geschäftsleute,
der Gutsdirektor und der Vertriebsleiter sind. Enoch zu Guttenbergs
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