Lohse, Eckart
Aufstiegstechniken wird ihm
dieser Teil der CSU jedenfalls nicht.
Exkurs: Die
Christlich-Soziale Union in Bayern e.V.
Was ist das für eine Partei, in
deren Namen Karl-Theodor zu Guttenberg sich 1999 anschickt,
der deutschen Politik seinen Stempel aufzudrücken? In welchem Zustand startet
die Christlich-Soziale Union, die CSU, ins 21. Jahrhundert,
zu dessen Beginn Guttenberg ein so wichtiges Mitglied sein wird? Den Männern
der Familie, sowohl dem alten Karl Theodor als auch dem Sohn und dem Enkel ist
die Partei wichtiger Hintergrund ihres politischen Denkens und Handelns, wenn
auch auf sehr unterschiedliche Weise. Der Großvater ist selbstverständlich in
der Partei zu Hause, wenngleich er sich heftig an ihr reibt. Der Vater verlässt
die CSU gar, weil er als Musiker beruflich ohne sie auskommen kann und sich mit
ihr überwirft. Er tritt erst wieder ein, als der Sohn die Partei braucht für
seinen großen politischen Aufstieg.
Die CSU ist insofern die
Nachfolgerin der Bayerischen Volkspartei, die in der Weimarer Republik die
bayerische Politik maßgeblich bestimmte, als sie die Eigenständigkeit Bayerns
zu ihrer zentralen Daseinsberechtigung macht. Von der Gründung nach dem Zweiten
Weltkrieg bis in die Gegenwart findet das vielzitierte bayerische »Mia san mia«
sein politisches Werkzeug in der CSU. Sie regiert Bayern schon seit drei
Jahren, als das Land sich im Jahr 1949 weigert,
für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu stimmen. Immerhin
erkennen die Bayern es an. Das erinnert an die Methode, die 60 Jahre
später ein Wirtschaftsminister zu Guttenberg anwenden wird, als es um die
staatliche Rettung des Autobauers Opel geht: Lautstark dagegen sein, aber am
Ende die Mehrheitsentscheidung akzeptieren. Letztlich lässt sich die CSU doch
vom Interesse an der Funktionsfähigkeit des gesamten Staatswesens leiten, sie
will aber nicht versäumen, vorher kräftig auf den Tisch gehauen und die eigene
Meinung bekundet zu haben.
In keinem anderen der zunächst elf
und später 16 Länder der Bundesrepublik sind das
Land und eine Partei so sehr eins wie Bayern und die CSU. Ganze drei Jahre, von 1954 bis 1957, kann die
SPD den Ministerpräsidenten stellen, sonst ist es immer die CSU. Auf eine
solche Kontinuität kann nicht einmal die SPD in Nordrhein-Westfalen blicken.
Fast 60 Jahre lang kann die CSU allein
regieren, mit absoluter Mehrheit. Koalitionspartner sind aus Münchner Sicht
etwas für Verlierer. Die Parole, die CSU müsse bei jeder Wahl »50 plus X«
Prozent holen, war nie eine aus der Luft gegriffene Spinnerei, sondern Ausdruck
des jahrzehntealten politischen Besitzanspruchs der Christlich-Sozialen Union.
Diesen Anspruch, dieses
Selbstbewusstsein überträgt die Partei auch auf den Bund und mithin auf ihr
Verhältnis zur großen Schwesterpartei. Niemals versteht sie sich als Anhängsel
der CDU, oft in der Parteigeschichte sind die CSU-Vorsitzenden zugleich
Ministerpräsidenten Bayerns und sehen sich mindestens auf Augenhöhe mit dem
jeweiligen CDU-Vorsitzenden, der über lange Strecken auch Bundeskanzler ist.
Während die CDU-Landesverbände (oft mit Hilfe der Ministerpräsidenten) etwa
von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder anderen Ländern zwar Einfluss auf
den Kurs der CDU haben, so bleiben sie doch Gliederungen der Bundespartei. Die CSU
dagegen ist immer eine eigene Partei. Wenn die Union im Bund regiert, gibt es
seit je die Regelung, dass der CSU-Vorsitzende bei den Sitzungen des
Koalitionsausschusses dabei ist. Die Vorsitzenden der CDU-Landesverbände sind
das ebenso selbstverständlich nicht.
Legendär ist die Männerfeindschaft
zwischen Franz Josef Strauß und Helmut Kohl gewesen. Strauß rennt von München
und Bonn aus gegen Kohl an, hält sich immer für den Besseren, macht dem
CDU-Mann das Leben schwer. So lange, bis Kohl ihn 1980 bei der
Bundestagswahl als Kandidaten antreten lässt, in der sicheren Erwartung einer
schweren Niederlage. So kommt es, Strauß ist getroffen, Kohl zwei Jahre später
Kanzler. Auch wenn das Duell Strauß - Kohl besonders lange dauerte und hart
ausgetragen wurde, so ist die herzliche Feindschaft zwischen CDU-Kanzlern und
den Herren in München ein strukturelles Merkmal des Verhältnisses von CDU und
CSU. Angela Merkel darf es erst mit dem schwierigen Edmund Stoiber erleben und
anschließend mit dem noch schwierigeren Horst Seehofer.
Allerdings hat die CSU auch Grund
für ihr Selbstbewusstsein. Seit den Anfängen der Bundesrepublik besorgt sie
Weitere Kostenlose Bücher