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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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hinkommen.
    Einen Redezirkel. Hanns denkt, dass nun doch der beschissene Hund in der Pfanne verrückt wird. Ihm wäre lieber, die prügelten einfach ein bisschen rum hin und wieder und hielten sich ansonsten an das, was man von ihnen denkt. Einen Redezirkel, spinnt der? Kennt ihn gerade mal zwanzig Sekunden und lädt ihn zu einem Redezirkel ein.
    |197| Wo trefft ihr euch denn?
    Bei mir. Gib mir deine Mailadresse, ich schick es dir zu. Wann und wo und warum. Du willst doch bestimmt wissen, warum. Hier, den jungen Mann will ich schon seit langem überreden, sich den Kopf mal mit was anderem als Asiapfanne und Bier vollzuknallen. Aber der hat keine Lust.
    Bosse haut dem Glatzkopf auf die Schulter und hat kein Problem damit, dass er den Kopf in den Nacken legen muss, um dem Typen in die Augen zu schauen.
    Mit euch Intellektuellen hab ich nichts am Hut. Mir reicht, was ich in der Zeitung lese.
    Der Pittbull schaut zu Hanns und will eine Einverständniserklärung. Der nickt und sagt, was in der Zeitung stünde, genüge allemal, um Bescheid zu wissen. Dann grinst er, um das Gesagte gleich wieder in Frage zu stellen.
    Ich muss nach Hause. Morgen früh raus, murmelt er, zahlt sein Bier und geht. Gibt dem Intellektuellen, diesem Bosse, vorher noch seine Mailadresse, die der sich in ein kleines Büchlein schreibt, auf dem vorn das Schweizerkreuz prangt. Im Prinzip hat er auch erst mal genug von dem ganzen Durcheinander. In seiner Wohnung liegt eine unglückliche Frau unter schwarzer Decke und auf orangefarbenem Laken. Die wird ihm morgen noch das eine und andere erklären müssen. So einfach kommt sie nicht davon, seine Vroni.

|198| 16. Kapitel
    Veronika ist um fünf Uhr früh hellwach. Hanns liegt neben ihr, zerzaust, verquollen, ernst. Auf seiner Stirn pocht eine Ader, die sie noch nie gesehen hat. Und so, wie er hier liegt, kann sie auch sehen, dass da tatsächlich ein kleiner Bauch wächst. Wird wohl ein Bierbauch sein, denkt sie und atmet ein, was er auspustet. Einen leicht biergeschwängerten Odem, den sie nicht mag. Trinkt er denn keinen Wein mehr?
    Du hast dich in acht Wochen ganz schön rausgemacht, flüstert Veronika und steht leise auf. So leise, dass Hanns liegen bleibt und nicht wach wird.
    Sie geht ins Bad und schaut, ob dieser Raum ihr verrät, dass hier ein Mann allein lebt. Die Toilette tut es auf jeden Fall. Veronika holt Lappen und Putzmittel aus der Küche und wischt weg, was sie für Pinkelspuren hält. Hanns ist einer, der im Stehen pinkelt, das weiß sie. Eher schneid ich mir den Schwanz ab, hat er mal gesagt, als sie einen kleinen Vorstoß machen wollte. Als dass ich mich zum Pinkeln hinsetze. Damit war die Sache auch erledigt. Über solche Dinge hat sie noch nie Lust gehabt zu streiten. Sie putzt das Klo und setzt sich dann drauf, obwohl es noch feucht ist. Stellt sich hinterher vor den Spiegel und sieht die schnurgerade senkrechte Falte, die ihre Stirn in zwei Hälften teilt. Je nach Kummer oder Schlaflosigkeit ist die kaum zu sehen oder tief wie ein echter Schnitt. Heute also tief. Sie weiß, dass Hanns sich betrogen fühlt. Verraten, belogen und betrogen.
    |199| Alles eine Frage der professionellen internen Kommunikation, die auf Transparenz und Kontinuität setzt, flüstert sie. Diesen Satz schreibt sie in fast jedes Konzept. Warum sollte er hier keine Gültigkeit haben? Das Flüstern vor dem Spiegel beruhigt. Veronika streicht mit dem Zeigefinger über die Stirnfalte.
    Damit liegt die Katze richtig und vor allem so richtig gemütlich. Die edle Symbiose aus elegantem Bambusechtholz und gemütlichem Sofaplüsch im Zebradesign bringt das geheimnisvolle Flair des schwarzen Kontinents zu Ihnen nach Hause. Für ganze neunundreißig neunundneunzig.
    Wenn sie Hanns zeigt, womit sie sich in den vergangenen Wochen beschäftigt hat, wird er ihr verzeihen. So beschissen kann kein Freudiges Wiedersehen nach fünfzig Jahren in Zichtau sein, keine noch so langweilige Schlagzeile und unsinnige Meldung. Sie denkt an den Futtertrogmann, der ihr den Auftrag erteilt und das Geld bezahlt hat. Nicht wenig Geld, das sollte sie Hanns auch erzählen. Es bringt allemal ausreichend Kohle, solche Sätze zu schreiben wie: Jung, sportlich, erfolgreich – die Wohlfühlserie ist ideal für aktive Zwei- und Vierbeiner und bringt mit moderner Wendeoptik und humorvollen Aufdrucken eine neue Sommerkollektion auf den Markt. Der Futtertrogmann jedenfalls hat sich nicht lumpen lassen für ihr Konzept und die Textbausteine, mit denen

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