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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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Knie. Lola bemerkte nichts. Sie unternahm jede Anstrengung, sich unterhalb des Halses nicht anzusehen. Das war nicht so schwierig. Sie musste nur um die meisten Spiegel einen Bogen machen, nach oben gucken, wenn sie unter der Dusche stand, und zur Seite, wenn sie in der Badewanne lag.
    Lola konzentrierte sich auf ihre Haare und ihr Gesicht. Besonders auf ihre falschen Wimpern. Sie fand, sie standen ihr, und teilweise überdeckten sie ihr Unbehagen. Jahrzehnte später las Lola, dass viele Kinder Überlebender von Ängsten vor körperlicher Versehrtheit und Krankheit geplagt wurden. Außerdem las sie, dass die Kinder von Überlebenden aus Vernichtungslagern, die typischerweise stärker traumatisiert waren als andere Überlebende, heftiger von den Vergangenheitstraumata ihrer Eltern gepeinigt wurden als die Kinder anderer Überlebender.
    Als Lola schließlich von ihrem Körper Notiz zu nehmen begann, machte ihr alles an ihm Angst. Ein Zwicken im Arm verhieß einen Schlaganfall oder eine Herzattacke. Ein Mundgeschwür sah aus wie Oralkrebs, eine Schwiele am
Fuß verwandelte sich in einen Tumor. Jeder Schmerz und jedes Wehwehchen führten zu Herzrasen. Ihr wurde übel, sobald sie einen Arzttermin vereinbarte, sie alterte bei jedem medizinischen Test um zehn Jahre und plante immer wieder aufs Neue ihr Begräbnis. Ihr Leben war viel einfacher gewesen, als ihr Körper noch nicht zu ihr zu gehören schien.
    Lola fand die Tonbänder in einem Geschäft, das Glühbirnen, Schraubendreher, Bandmaße, Töpfe und Siebe verkaufte. Sie kaufte eine Schachtel mit zwanzig Bändern. Sie sah auf die Uhr. Sie hatte gerade noch genug Zeit, um nach Midtown zu fahren, wo sie mit Lillian Roxon verabredet war. Der anderen fetten australischen Journalistin, Linda Eastman zufolge.
    Lillian hatte Lola gebeten, ihr dabei zu helfen, sich in einem großen Kaufhaus neue Sommerkleider auszusuchen. Lillian war beinahe fünfzehn Jahre älter als Lola und sehr schön. Sie hatte dunkelblondes Haar und große grüne Augen mit blassen lilafarbenen Schatten darunter. Die dunklen Ringe unter ihren Augen verliehen ihrem ohnehin schon exotischen Aussehen noch den Anflug eines Geheimnisses. Sie ließen auf lange Nächte und faszinierende Begegnungen schließen. Außerdem hatte sie einen makellosen Porzellanteint und ein Lächeln, das Freunde wie Wildfremde einschloss und gute Laune verbreitete.
    Lillian war recht klein und schwankte zwischen pummelig und einfach nur dick. Seit ungefähr vier Wochen hielt sie strikte Diät, hatte sie Lola am Abend zuvor am Telefon erzählt. »Ich habe einen neuen Freund, der ist noch sehr jung«, hatte sie gesagt. »Ich habe ihn angelogen. Er denkt, ich sei eigentlich immer dünn gewesen, nur im letzten Jahr hätte ich mich ein bisschen gehenlassen.« Sie kreischte vor Vergnügen, dann sagte sie: »Ich war in meinem ganzen Leben noch nie
dünn, nicht einen Tag lang. Aber ich bringe es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass das hier für mich dünn ist.«
    »Wie alt ist er denn?«, fragte Lola.
    »Er ist neunzehn, dein Alter«, sagte Lillian.
    »Ich bin inzwischen zwanzig«, sagte Lola.
    »O nein, dann ist er ja sogar jünger als du«, sagte Lillian.
    Lillian war die erste australische Auslandskorrespondentin. Sie war die New-York-Korrespondentin des Sydney Morning Herald . Ihre Themen waren Kunst, Unterhaltung und Frauen, und denen blieb sie zeit ihres Lebens treu.
    In ihrer ersten Woche als Korrespondentin interviewte sie Rock Hudson und Colonel Tom Parker, den Manager von Elvis Presley. Bald schon interviewte sie Elizabeth Taylor und Richard Burton, hielt nach jungen Talenten in der explodierenden Welt der Rockmusik Ausschau, schrieb eine wöchentliche Kolumne namens »Top of the Pops« für The New York Sunday News und widmete sich in ihrer monatlichen Kolumne für das Magazin Mademoiselle , »Intelligent Woman's Guide to Sex«, psychologischen Theorien und sonstigen Ansichten zum Thema Sex.
    Lillian war die erste australische Journalistin, der es gelungen war, sich in Amerika einen Namen zu machen. Lola mochte sie wahnsinnig gern. Sie war warmherzig und großzügig. Und sie konnte wunderbar biestig sein. Lola bewunderte gut platzierte Biestigkeit. Sie bewunderte sie an ihrer Mutter. Renia sagte, was ihr in den Sinn kam. Und Lillian auch.
    Lillian hatte Lola angerufen, als Lola gerade dabei war, sich langsam an die Gesellschaft von Kakerlaken und die Geräusche aus der Gemeinschaftstoilette gleich neben ihrem Zimmer zu

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