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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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Pritchard, »lautet: ›Autorin sensibler Porträts erfindet lustige, sensible Privatdetektive‹.«
    »Kann man gleichzeitig lustig und sensibel sein?«, fragte Lola.
    »Natürlich kann man das«, sagte Patrice.
    »Findest du sie sensibel?«, fragte Lola.
    »Natürlich sind sie sensibel«, sagte Patrice. »Harry bringt kaum ein Wort heraus und kann seinen Computer kaum ver
lassen. Und der arme Schlomo hat mit jedem Mitleid, selbst mit den Tätern.«
    Es gefiel Lola, wenn man über Harry sprach, als wäre er eine reale Person. In ihren Gedanken waren Harry und Schlomo reale Menschen. Sie hatte das Gefühl, sie und ihre Familien gut zu kennen. Sie empfand Mitleid mit Schlomos Frau, denn abgesehen davon, dass er es zwar schaffte, sich sehr genau zu konzentrieren, wenn es darum ging, im richtigen Moment die Fahrspur zu wechseln, war Schlomo irritierend geistesabwesend. Und seine Zwanghaftigkeit in Bezug auf das Wetter und den Regenschirm, der untrennbar mit ihm verbunden schien, trieb Lola, die sich selbst mehr als nur flüchtig für das Wetter interessierte, in den Wahnsinn.
    »Es ist fantastisch, dich als Autorin zu haben«, sagte Patrice Pritchard. »Es hat mir meinen Glauben an die Liebe, die Ehe und den Erfolg wiedergegeben.« Obwohl Lola nicht ganz verstand, was Patrice Pritchard damit sagen wollte, spürte sie, dass es als Kompliment gemeint war. Gleichzeitig führten die weitreichenden Folgerungen, die sich aus Lolas vermeintlichen Errungenschaften in Sachen Liebe, Ehe und Buchverkäufe ergaben, dazu, dass Lolas Brust sich wieder verengte. Wenn ihr Brustkorb sich auf diese Weise zusammenzog, hatte Lola Schwierigkeiten, tief durchzuatmen. Ihr Brustkorb wollte sich nicht weiten. Als krümme er sich vor Entsetzen zusammen unter der Last dieses allumfassenden, deplatzierten Lobs.
    Patrice küsste Lola zweimal zum Abschied. Einmal auf jede Wange. Lola war überrascht. Bei ihren früheren Treffen hatte Patrice ihr kurz und trocken die Hand geschüttelt. Vielleicht hatte diese neue Zuneigung ihren Grund in der vermeintlichen Perfektion, die Patrice ihr zuschrieb. Lola war froh, dass sie gehen konnte. Sie hoffte, dass ihr Brustkorb
sich draußen, in der vertrauten kohlenmonoxidverpesteten Luft, wieder entkrampfen und weiten würde.
    Auf dem Heimweg betrachtete Lola ihr Spiegelbild im Schaufenster von Sur La Table, einem Geschäft für Küchenutensilien in der Spring Street. Sie war eindeutig nicht dünn, dachte sie bei sich. Sie war nicht dick, zumindest nicht an Stellen, die leicht zu erkennen waren. Ihre Oberschenkel waren immer noch ein bisschen stämmig, aber nur wenige Menschen bekamen jemals Lolas Oberschenkel zu Gesicht.
    Sie hatte langsam abgenommen. Die vielen Stunden auf der Analytikercouch hatten irgendwann endlich etwas von ihrem Hunger getilgt. Geholfen hatte auch, dass sie sofort ängstlich wurde, sobald sie zu viel aß. Wenn sie zu Hause war, versuchte sie, sich auf täglich siebzehn- bis achtzehnhundert Kalorien zu beschränken, und wenn sie auswärts aß, achtete sie darauf, dass es ihr schmeckte und dass sie es mit dem Schokoladendessert nicht übertrieb. Lola fragte sich, ob Renia sich über ihre Gewichtsabnahme gefreut hätte. Oder ob dadurch ein Band zwischen ihnen zerrissen wäre. Oder, noch schlimmer, ob es Renia mutlos gemacht hätte. Lola dachte manchmal, dass dieses Gefühl, noch immer dick zu sein, ihre eigenen Nerven stabilisierte.
    Lola holte tief Luft. Ihr Brustkorb hatte sich entspannt. Draußen zu sein half. Lola liebte den Geruch der New Yorker Straßen. Diese spezielle Kombination aus Essen, Autos und Menschen. Lola liebte New York. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich akklimatisiert und an die Schnelligkeit und die Direktheit der meisten New Yorker gewöhnt hatte. Inzwischen gefielen ihr diese fehlenden Umschweife. Das Fehlen komplizierter Fragen, die den eigentlichen Charakter der Sache umkreisten und umzingelten, die sich wanden und ver
schachtelten und keinen Schlenker ausließen, bis sie einen schließlich mit ihrer vorgetäuschten Höflichkeit zur Weißglut brachten. Sie wissen nicht zufällig, wo ich eventuell die U-Bahn finden könnte?  – Lola vermisste solche Sätze nicht. Viel lieber hörte sie: Wo ist die U-Bahn?
    Der unverblümte Sprachgebrauch in dieser Stadt betraf auch die Wortwahl. Als Lola zum ersten Mal informiert wurde, dass es in sämtlichen Lofts in ihrem Haus zu einer Vernichtung kommen sollte, war sie entsetzt. Aber die Ankündigung, versehen mit Datum

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