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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Harris
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des neunzehn ten Jahrhunderts. Handgeschriebene Plakate, auf denen »Sams tags Live-Musik« stand, verdunkelten die Fenster auf der Vorderseite.
    Belsey stellte den Porsche ab und ging hinein.
    Niall Cassidy und seine Gang saßen an einem Tisch, auf dem neben einer Wettzeitung eine Blechdose mit Zigarettenfiltern und ein Kofferradio standen. Sie waren Metalldiebe – das war zumindest ihr aktuelles Gewerbe. Sie stahlen Gullydeckel und Elektrokabel, die eingeschmolzen und ins Ausland verkauft wurden. Sie hatten schon früher kleine Mengen Amphetamine ins Land geschmuggelt und taten das, soweit Belsey wusste, auch heute noch. In Sachen Kriminalität verfügten sie über ein vielseitiges Portfolio. Durch die Lücken zwischen den Plakaten, die an der Außenseite der schlierigen Scheiben klebten, drang das Licht der Stra ßenlampen herein. Auf einem Spruchband stand »Willkommen zu Hause, Johnny«, aber Johnny war nicht zu Hause. Was hatte Trapping gesagt? Kommt nach zwei Jahren Mallorca wieder zurück und sticht den Typen ab, der ihn verpfiffen hat. Anscheinend versteckte er sich irgendwo. Das Well war um seine Willkommensfeier betrogen worden.
    »Tag, Jungs«, sagte Belsey.
    »Sohnemann.«
    »Nicky, lange nicht gesehen.«
    »Nicht lange genug.«
    »Wie läuft’s draußen im Schlaraffenland?«
    »Jedenfalls besser als hier«, sagte Belsey.
    Die Bar war gemütlich und schmuddelig. Im hinteren, düsteren Teil gab es noch ein Nebenzimmer, in dem ein Pooltisch stand. Cassidy begrüßte ihn mit einem Nicken, sagte aber keinen Ton. Er sah aus wie ein Mann, der vergeblich versucht hatte, sich zu betrinken. Wie ein Mann, der vom Gewicht seiner dicken Klunker erdrückt wird.
    »Was hab ich verpasst?«, fragte Belsey.
    »Nichts. Ziemlich scheiße gelaufen alles.«
    Sie zwinkerten sich zu, grinsten aus zahnlosen Mündern und strichen sich über ausgebleichte Tätowierungen. Der Besitzer, Rod Thompson, war ein körperliches Wrack mit einem Lungenemphysem. Er war blass wie eine Leiche, verfügte aber immer noch über den Instinkt des erfahrenen Knei penwirts. Mit einem Nicken stellte er Belseys Drinks auf die Theke.
    »Geht aufs Haus.«
    Ein Stella und ein Jameson. Den Whiskey trank Belsey an der Theke und beobachtete dabei die Runde. Er hatte eine Unterhaltung gestört: sicher über Johnny und die Serie von unglücklichen Ereignissen. Komplotte schmieden hieß buchstäblich gemeinsam atmen. Er dachte darüber nach. In den alten Tagen, als noch geraucht werden durfte, zeigte sich das an den grauen Wolken aus Old-Holborn-Tabak. Heute saßen sie in der klaren Luft wie Fische auf dem Trockenen. Dell Petterson war einer von sechs Postboten aus dem Depot in Nine Elms, die sie wegen Kreditkartendiebstahls für ein paar Jahre eingebuchtet hatten. Trevor Hart handelte mit unversteuertem Tabak und Diesel. Brendan McCarthy hatte gerade erst zwei Jahre in Wandsworth wegen schwerer Körperverletzung an seinem Schwager abgesessen. Diese Männer hatten sich so weit in sich selbst zurückgezogen, dass man hinter ihren Augen nur Niemandsland sah, einen leeren Raum und dann eine mit Möbeln verrammelte Tür. Knastbrüder. Nach allem, was man hörte, war Wandsworth kein Zuckerschlecken. In den alten Zeiten hätte Belsey Wert darauf gelegt, Brendan zu einem Bewährungsplausch aufzusuchen. Sicher, man bekam Gefängnistratsch aufgetischt, aber es lohnte sich, diese Burschen im Auge zu behalten, die gerade in die Freiheit entlassen worden und noch sehr gesprächig waren.
    »Belsey, mein Junge. Na los, nimm dir einen Stuhl.«
    »Neuer Anzug, Nicky?«, fragte Trevor.
    »Gerade erst gekauft.«
    »Sieht aus, als hätte einer von uns beiden was falsch gemacht.«
    »Jeder von uns, würde ich sagen«, sagte Belsey und zog sich einen Hocker an den Tisch.
    »Was ist passiert?«
    »Bin befördert worden.«
    »Und, was bist du jetzt?«
    »El Presidente. Ich bin jetzt der Boss.«
    »Sieht mehr nach Zuhälter aus. Denke ich mir jedes Mal, wenn ich dich sehe.«
    Belsey setzte sich kurz und genoss es, mal wieder im Wishing Well zu sein. Darüber, welche Art von Wünschen hier geäußert wurde, wollte er lieber nichts wissen. Die Ironie, mit der die Leute hier Kleingeld in die Pissbecken warfen, konnte er nur schwer ermessen. Er bewunderte die von Zigarettenglut geschwärzten Oberflächen und die vergilbten Plakate von Touristenattraktionen aus County Kerry. Früher einmal, da war das Well ein IRA-Pub gewesen, ein Außenposten des Netzwerks, das im Untergrund operierte

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