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London NW: Roman (German Edition)

London NW: Roman (German Edition)

Titel: London NW: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zadie Smith
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Er folgte ihr ins Schlafzimmer. Sie hatte die Leiter aus der Deckenluke gezogen und war schon halb oben.
    »Guck mir bloß nichts weg!« Aber so, wie sie kletterte, sah er alles, selbst den kleinen weißen Mauseschwanz des Tamponbändchens. »Vorsicht – Glas!«
    Felix streckte den Kopf ins Licht – er brauchte einen Moment, um richtig sehen zu können. Vorsichtig setzte er das Knie zwischen zwei zerbrochene Bierflaschen und zog sich nach oben. Das sonnenverbrannte, vom Regen ruinierte Holz klebte ihm in weißen Schuppen an den Händen. Er hatte den Boden selbst verlegt und gestrichen, zusammen mit ein paar Technikern und sogar einem der Produzenten, weil Zeit und Budget knapp waren. Hatte alles mit einer dicken, weißen Lackschicht versehen, um für die besten Lichtverhältnisse zu sorgen. Es hatte schnell gehen müssen, im Dienst der Fiktion. Es war nie dafür gedacht gewesen, dem echten Leben standzuhalten. Sie hob eine zerdrückte Zigarettenschachtel und eine leere Wodkaflasche auf und stopfte beides sorgsam in den überquellenden Mülleimer, als fiele das Fehlen dieser beiden Teile in dem Meer aus Müll ringsum irgendwie ins Gewicht. Felix stieg über einen durchnässten Schlafsack, der schwer von Wasser war und irgendwas enthielt, aber keinen Menschen zumindest, Gott sei Dank. In der Nacht zuvor hatte es geregnet, noch lag eine gewisse morgendliche Frische in der Luft; aber der üble Gestank war bereits im Anmarsch, und jede Minute Sonnenschein ließ ihn noch ein wenig übler werden. Felix verzog sich in die östlichste Ecke, unter den Schornstein, wo es schattig war und vergleichsweise abgeschieden. Die Dielen machten jämmerliche Laute unter seinen Schritten.
    »Das muss alles neu gemacht werden.«
    »Stimmt. Aber man findet ja heutzutage kein Personal mehr. Früher, in der guten alten Zeit, da kam noch manchmal ein reizendes junges Filmteam vorbei, das einem zweitausend Pfund die Woche zahlte, Holzdielen verlegte, sie anstrich, einen leidenschaftlich vögelte und mit Liebesschwüren überhäufte – aber solche Dienstleistungen, das muss ich leider sagen, gehören inzwischen der Vergangenheit an.«
    Felix stützte den Kopf in die Hände.
    »Mann, Annie. Du machst mir echt Spaß.«
    Annie lächelte traurig. »Ich bin ja froh, dass ich wenigstens noch irgendetwas in dir auslöse ...« Sie stellte einen umgekippten Liegestuhl auf die Füße. »Ich weiß, es sieht hier etwas chaotisch aus ... Aber ich hatte Gäste – letzten Freitag hatte ich einen meiner großen Abende, das war so nett, du hättest auch kommen müssen. Ich habe dir übrigens gesimst. Aber irgendwie übersiehst du meine SMS ja immer. Reizende Leute, so entzückend. Und hier oben war es heiß wie auf Ibiza.«
    Aus ihrem Mund klang das wie ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem sich die Reichen und Schönen tummelten. Felix hob eine leere Flasche Strongbow Cider auf, die zu einer Bong umfunktioniert worden war.
    »Du darfst dich nicht immer so ausnutzen lassen.«
    Annie schnaubte: »Was für ein Blödsinn!« Sie ließ sich breitbeinig auf der kleinen Backsteinbrücke zwischen den Schornsteinen nieder. »Dafür sind Menschen doch da. Sie nutzen sich gegenseitig aus. Wozu sollten sie sonst da sein?«
    »Die hängen doch nur bei dir ab, weil du was hast, was sie brauchen. Soho-Schnorrer. Die wollen einfach irgendwo pennen. Und wenn’s dann noch Dope umsonst gibt – umso besser.«
    »Gut. Das habe ich nun mal zu bieten. Wieso sollten die Leute es nicht ausnutzen, wenn ich etwas habe, das ihnen zugutekommt?« Sie schlug ein Bein über das andere, wie eine Lehrerin, die zum Kern der Schulstunde kommt. »Wie der Zufall es will, bin ich, was Wohnraum und Drogen betrifft, in der starken Position, und sie sind in der schwachen. Bei anderen Dingen ist es umgekehrt. Die Schwachen sollten von den Starken profitieren, findest du nicht auch? Besser so als andersrum. Ich will, dass meine Freunde mich ausnutzen. Ich will, dass sie mir die Haare vom Kopf fressen. Ich will, dass sie mein Blut trinken. Warum auch nicht? Es sind schließlich meine Freunde. Was soll ich hier denn sonst anstellen? Eine Familie gründen?«
    Dieses Thema, das wusste Felix, führte direkt in die Falle. Er versuchte, es zu umschiffen.
    »Ich mein ja nur, das sind nicht deine Freunde. Das sind Junkies.«
    Annie fixierte ihn über den Rand ihrer Sonnenbrille hinweg. »Du klingst ja sehr überzeugt. Sprichst du aus persönlicher Erfahrung?«
    »Wieso verdrehst du immer alles, was ich

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