London
Briefe an den exilierten König, der in Frankreich wartete. Und er war außer sich vor Freude, als Oliver Cromwell 1658 unerwartet starb.
Der Zusammenbruch des Commonwealth dauerte kaum mehr als ein Jahr. Cromwells Sohn, der liebenswürdig, aber ohne Ehrgeiz war, gab die Nachfolge fast sofort auf; Parlament und Armee zankten weiterhin. Nachdem Julius alles neun Monate lang beobachtet hatte, wagte er es, höchstpersönlich zu schreiben: »Wenn Eure Majestät einen Kompromiß mit dem Parlament schließen will, was Euer Vater nie getan hätte, und wenn Eure Majestät die Armee besoldet, was das gegenwärtige Parlament nicht will, dann könnte dieses Königreich das Eure sein.«
Eines Tages kam ein Bote mit Nachrichten, die Julius erfreuten. »Der König dankt Euch für Eure standhafte Treue, die weder Er noch sein Vater je vergessen haben.« Der Bote lächelte. »Er ist ein weit fröhlicherer Mensch als sein Vater, wißt Ihr. Er sagt, er würde eher Kompromisse mit einer Ladung Affen schließen, als sein ganzes Leben lang im Exil zu bleiben. Übrigens, er weiß, daß Ihr durch Eure Treue Bocton verloren habt. Es wird Euch zurückgegeben, sobald er König ist.«
Und schließlich, im Frühjahr 1660, hörte Julius mit unaussprechlicher Freude den Ruf: »Der König kommt. König Karl II. regiert. Lang lebe der König!«
LONDON IN FLAMMEN
1665
NED WAR EIN GUTER HUND, mittelgroß, mit einem weichen braunweißen Fell und klugen Augen und war seinem Herrn ganz ergeben. Er konnte jeden Ball fangen, den sein Herr in die Luft warf; er konnte sich herumwälzen und sich totstellen. Aber vor allem war er ein guter Rattenfänger; im Haus seines Herrn gab es nicht eine einzige Ratte.
Es war ein heißer Sommertag. Sein Herr war zeitig ausgegangen, und so bewachte er das Haus in der Watling Street. Wie üblich waren einige Leute unterwegs, aber vor einem Haus weiter unter in der Straße stand ein Fremder. Als Ned ihn prüfend beschnüffeln wollte, hatte der Fremde versucht, ihn mit dem langen Spieß, den er in der Hand hielt, zu stoßen. Danach hatte Ned sich von ihm ferngehalten. Vor etwa einer Stunde war eine Frau zu dem Haus gekommen, und Ned hatte einen schlechten Geruch gewittert, der von ihr ausging. Und vor kurzem hatte er gehört, wie in demselben Haus jemand weinte. Kein Zweifel, die Menschen benahmen sich seltsam. Und dann sah er das Ungeheuer.
Familie Ducket war bereit zum Aufbruch. Zwei Kutschen und ein Karren warteten am Tor, und Sir Julius blickte zufrieden auf seine Frau, seinen Sohn, seine Schwiegertochter und die beiden Kinder. Ein Diener und zwei Hausmädchen begleiteten sie.
Sir Julius Ducket, nun dreiundsechzig, war ein sehr zufriedener Mann, wohlhabend und geehrt, ein Freund des Königs. Und es war eine Freude, ein Freund von König Karl II. zu sein. Sein Vater war klein, reserviert, ernst und keusch gewesen, er dagegen war hochgewachsen, zwanglos, humorvoll und ein großer Frauenheld.
Der Hof König Karls II. in Whitehall war ein fröhlicher Ort. Der Bankettsaal, Schauplatz der Hinrichtung seines Vaters, wurde nun seiner eigentlichen Bestimmung gemäß genutzt, und seine Untertanen konnten ihren König beim Dinner zusehen. Westlich von Whitehall ließ er den St. James' Park anlegen, wo man ihn oft mit seinen reizenden kleinen Spaniels Spazierengehen oder in der langen Allee an der Nordseite des Parks mit seinen Hofkavalieren beim Schlagballspiel Pallmall sehen konnte – einer eigenartigen Mischung aus Krocket und einer primitiven Form von Golf. Ganz London genoß diese heitere Stimmung. Es gab allerlei Spiel und Zeitvertreib; auch Maibäume wurden aufgestellt. Die Theater wurden wieder geöffnet, darunter ein neues in der Drury Lane, wo eine vom König protegierte Truppe auftrat und eine attraktiv gerundete junge Schauspielerin namens Nell Gwynne gerade ihr Debüt gegeben hatte. Wenn die eher puritanischen Untertanen Seiner Majestät über die Unmoral und Extravaganz seines Hofes auch etwas entrüstet sein mochten, wünschte sich doch niemand die Trübsal des Commonwealth zurück.
Karl II. machte sich keine Illusionen. Er wußte, daß er nicht König von Gottes Gnaden war, sondern weil das englische Parlament es so beschlossen hatte. Es gab wieder das House of Commons und das House of Lords, und Karl II. versuchte bei beiden soviel zu erreichen, wie ihm möglich war, ohne sie jedoch zu weit zu drängen. Ebenso hielt er es mit der Religion. Seine junge Frau aus Portugal war katholisch, ebenso seine
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