Long Dark Night
Sie ihn gesehen?«
»Nicht, als er reinging.«
Er klang noch immer angefressen, dachte Georgie. Fragte sich wahrscheinlich, warum seine blöde Geschichte über einen großen Kerl, der auf einem kleinen Saxophon spielte, und einen kleinen Kerl, der auf einem großen spielte, hier in der großen bösen Stadt die Menschenmengen nicht so ganz mitreißen konnte. Zum Teufel mit dir, dachte Georgie. Erzähl ihr bloß nichts, das sie zu dem Blonden führen wird.
»Aber Sie haben ihn gesehen«, sagte Priscilla.
»Ja, als er rauskam. Er bat mich nämlich, ihm ein Taxi zu besorgen.«
»Wie hörte er sich an?«
»Wie er sich anhörte?«
»Sein Akzent.«
»Ach so. Ja. Genau.«
»War es ein spanischer Akzent?«
»Nein. Ganz bestimmt nicht.«
»Er hat nicht spanisch mit Ihnen gesprochen, oder?«
»Nein. Englisch. Aber mit einem Akzent. Wie Sie gesagt haben.«
»Russisch?«
»Vielleicht italienisch. Aber ich bin mir nicht sicher.«
»Haben Sie ihm ein Taxi besorgt?«
»Ja.«
»Wissen Sie, wohin er fuhr?«
»Zufälligerweise… ja«, sagte Ramon.
Sie warteten atemlos.
Meister der Spannung, dachte Georgie.
»Die Türsteher des Powell sind angehalten, unsere Gäste nach ihrem Ziel zu fragen und diese Information an den Taxifahrer weiterzugeben«, sagte Ramon, als zitierte er aus der Hotelbroschüre. »Viele unserer Gäste sind Ausländer«, sagte er. »Sie haben eine Adresse auf ein Stück Papier gekritzelt und keine Ahnung, wohin sie fahren müssen. Japaner zum Beispiel. Araber. Deutsche. Wir versuchen, ihnen zu helfen«, sagte er. »Den Leuten, die kaum Englisch können.«
Aber der Blonde hat englisch gesprochen, dachte Georgie.
»Und wohin fuhr er nun?« fragte Priscilla ungeduldig. Georgie hoffte, Ramon würde sich nicht daran erinnern.
»Ich weiß es noch, weil ich mal dort gespielt habe«, sagte Ramon.
»Wo?« fragte Priscilla.
»In einem Schuppen namens The Juice Bar«, sagte Ramon. »Ein Nachtclub an der Harris Avenue. In Riverhead. In der Nähe des Kinos Alhambra.«
Um halb drei an diesem Morgen wartete Luis Villada vor dem Kino Alhambra, als Danny Gimp mit den beiden Detectives eintraf. Danny machte sie miteinander bekannt, stellte fest, daß kein weiterer Bedarf an seinen Diensten bestand, hielt ein Taxi an und fuhr in die Innenstadt, ohne auch nur einen einzigen Blick zurückzuwerfen. Hawes war überzeugter denn ja, daß der Mann ihn einfach nicht mochte.
Luis musterte die beiden Detectives.
Er hatte keine Scheu, ihnen alles über den Freitag abend zu erzählen, was sie wissen wollten, denn jeder Cop in der Stadt wußte bereits, was da abgegangen war. Oder zumindest jeder Cop im Emergency Service und im 48. Revier und in der Riverhead Task Force, ganz zu schweigen von den zwanzig Agenten der ASPCA. Nicht viele japanische, deutsche oder arabische Touristen wußten, daß dieser Begriff für »American Society for the Prevention of Cruelty to Animals« stand, die Amerikanische Gesellschaft zur Verhinderung von Grausamkeiten an Tieren. Als ob ein Hahnenkampf eine Grausamkeit an Tieren wäre. Außerdem konnten sie ihm nicht mehr vorwerfen als das, was sie ihm bereits vorgeworfen hatten. Als Zuschauer war er wegen Teilnahme an Tierkämpfen verhaftet und angezeigt worden.
»Sie haben uns über Nacht in dem Kino festgehalten«, sagte er, »und Anzeigen geschrieben.«
Keine Spur eines Akzents. Carella hielt auch ihn für einen Puertoricaner in dritter Generation.
»Nachdem sie uns die Termine für die Gerichtsverhandlungen genannt hatten, ließen sie uns gehen«, sagte er. »Ich habe am achtundzwanzigsten Februar Verhandlung.«
Er sah den Cops in die Augen. »Danny meint, Sie haben was für mich«, sagte er.
Hawes gab ihm einen Umschlag.
Luis machte sich nicht die Mühe, ihn zu öffnen oder seinen Inhalt zu zählen. He, wenn man Cops nicht vertrauen konnte, wem dann? Ha ha ha. Er steckte den Umschlag ein und führte sie eine lange, dunkle Gasse entlang, in der es nach Pisse stank, bis sie die Rückseite des Kinos erreichten. Hier war eine Tür, die, wie er erklärte, die Polizei am Freitag abend aufgebrochen und so stark beschädigt hatte, daß man sie nicht mal mehr mit einem Vorhängeschloß sichern konnte. Kein Wunder, die Tür bestand nur noch aus Splittern. An den Sturz war ein Schild mit der Aufschrift CRIME SCENE genagelt, das jeden davon hätte abhalten sollen, das Haus zu betreten, ob nun eine Tür vorhanden war oder nicht. Aber Luis war der Ansicht, daß man Anweisungen der Polizei
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