Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
Vom Netzwerk:
doch schließlich war es ja nur ein Taxi. Er war trotzdem mißtrauisch, bis er die blonde Frau auf dem Rücksitz sah, die die Scheibe runterdrehte.
    »Entschuldigung«, rief sie.
    Er blieb stehen, wo er war, und ging keinen Schritt näher an das Taxi heran, weil er jetzt sah, daß die Blondine sich in Gesellschaft von zwei Männern befand, die beide Hüte trugen. Er traute Männern, die Hüte trugen, nicht.
    »Ja?« sagte er.
    »Kennen Sie einen Club namens The Juice Bar?«
    »Ja, und?«
    »Wissen Sie, wo das ist?«
    »Ja, und?«
    »Könnten Sie es uns bitte sagen?«
    »Er hat kein Schild«, sagte er. »Wir finden nicht mal das Haus«, sagte sie. »Die Hälfte der Häuser hier haben keine Nummern mehr.«
    »Es soll 1712 Harris sein.«
    »Ja, das ist ein Stück den Block rauf«, sagte er, nahm die rechte Hand aus der Tasche und zeigte in die Richtung. »Zwischen der Reinigung und der carniceria. Die haben wahrscheinlich auch keine Hausnummern mehr.«
    »Haben Sie vielen Dank.«
    »Es ist eine blaue Tür«, sagte Luis. »Sie müssen klingeln.«
    »Danke.«
    »De nada«, sagte er, schob die Hand wieder in die Tasche und machte sich auf den Heimweg.
    An der nächsten Ecke wurde er überfallen.
    Sein Angreifer, der keinen Hut trug, stahl ihm die Uhr, die Brieftasche und den Umschlag mit den dreihundert Dollar, die ihm die Detectives für seine Zeit und seine Informationen gezahlt hatten.
     
    In dieser Stadt konnte man alkoholische Getränke legal bis um vier Uhr morgens verkaufen, aber die Underground Clubs hatten bis kurz nach Sonnenaufgang geöffnet, wenn die Vampire wieder in ihren Särgen sein mußten. Die Juice Bar hatte bis zur gesetzlichen Sperrstunde Schnaps, Bier, Wein und sogar Fruchtsaft im Angebot. Danach wurde zur Musik einer dreiköpfigen Jazzband alles serviert, was einen antörnte. Um sechs bot der Club Frühstück an, während ein einsamer Klavierspieler die Luft mit Dämmerungs-Medleys erfüllte.
    Es war fast drei Uhr, als Priscilla auf den Klingelknopf rechts neben der blauen Tür drückte.
    »Was soll der Scheiß?« wollte Georgie wissen. »Sollen wir sagen, Joe hat uns geschickt?«
    Sie warteten.
    Eine Klappe in der Tür ging auf.
    Dämliche Flüsterkneipe, dachte Georgie.
    Priscilla hielt ihre Karte hoch.
    »Ich will die Band hören«, sagte sie.
    »Okay«, sagte der Mann hinter der Klappe sofort und öffnete die Tür. Tatsächlich hatte er die Karte nicht mal eines Blickes gewürdigt. Bis vier Uhr morgens hatte der Club legal geöffnet, und er hätte sogar ein Piratentrio von der Barbarenküste mit Degen und schwarzen Augenklappen reingelassen.
    Der Club war wie ein Halbmond angelegt, die Bühne befand sich am höchsten Punkt seines Bogens und damit am weitesten vom Eingang entfernt. Der Eingang und die Garderobe befanden sich einander gegenüber an der linken Spitze der Sichel. Die Bar lag an der rechten Mondspitze und verfügte über ein Dutzend Hocker. Priscilla und die Jungs gaben ihre Mäntel einem Mädchen, das freundlich lächelte, als es Georgie die drei Garderobenkarten überreichte. Die Kleine trug einen schwarzen Minirock und eine weiße, tief ausgeschnittene Bluse, und Georgie musterte sie von Kopf bis Fuß, als wolle er sie für eine Filmrolle besetzen. Das Äquivalent des maitre d’ mit anderen Worten, er trug ein Jackett - bot ihnen einen Tisch an, aber Priscilla sagte, sie zöge es vor, an der Bar zu sitzen, in der Nähe der Band. In Clubs war es immer der Barkeeper, der mitkriegte, wer wann kam und was wo tat. Es war immer der Barkeeper, der etwas wußte.
    Die Band spielte »Midnight Sun«.
    Fast hätte die Melodie Priscilla Tränen in die Augen getrieben, vielleicht, weil sie begriff, daß sie nicht die geringste Aussicht hatte, jemals so gut zu spielen wie dieser Klavierspieler hier in diesem Schuppen in Riverhead, oder aber, weil sie die Nachricht ihrer Großmutter an eine bereits vor langer Zeit zu Grabe getragene Hoffnung erinnert hatte. Priscilla wußte, daß sie niemals Konzertpianistin werden würde. Der Gedanke, daß Svetlana dies noch immer für eine ernsthafte Möglichkeit gehalten hatte, war herzzerreißend, vor allem, wenn man die lächerliche Summe in Betracht zog, die sie ihr hinterlassen hatte, um dieses unmögliche Ziel zu erreichen. Oder war in dem Umschlag mehr Geld gewesen? Was schließlich der Grund dafür war, warum sie hier nach dem großen blonden Mann suchte, der ihn abgegeben hatte. Trotzdem, selbst wenn in dem schäbigen gelben Päckchen eine Million

Weitere Kostenlose Bücher