Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
Vom Netzwerk:
ich.
    »Scheiße.« Sie sah sich um. »Hat dich jemand beobachtet?«
    »Glaub ich nicht. Nein, bin ich mir ziemlich sicher.«
    »Ich wusste nicht, dass du einen hast.«
    »Hatte ich selbst fast vergessen.«
    Anna reichte mir ein Blatt Papier. Den Makler-Datenbogen zu einer Wohnung.
    »Triff mich dort in zwanzig Minuten«, wies sie mich an. »Hol dir einen Kaffee, geh noch mal um den Block. Die Maklerin bin übrigens ich.«
    Sie klang nervös.
    Anna verließ die Galerie. Das Mädchen hinter dem Schreibtisch blickte nicht mal auf. Ich betrachtete noch ein paar Minuten lang die Bilder und ging dann auch. Anna war nach links gegangen, also schlenderte ich nach rechts bis ans Ende der Hauptstraße und machte dann kehrt, ging unter der Eisenbahnbrücke hindurch, dann über eine kleine Nebenstraße zurück und vorbei an einem Pub, bis ich bei der Adresse angekommen war, die sie mir gegeben hatte.
    Die Wohnung befand sich über ein paar verstaubt aussehenden Geschäften und war über ein finsteres Seitengässchen zu erreichen. Über eine stählerne Feuertreppe gelangte ich zum Hintereingang im ersten Stock: 1a. Ich drückte auf den Summer, fand die Tür offen und trat einfach ein.
    Schäbig war es hier   – ganz anders als mein Apartment am Fluss, nur zehn Minuten entfernt. Welliger Teppich, blanker Laminatboden, weiße Raufasertapeten, ein paar Ikeastühle und ein durchgesessenes Sofa. Anna sah durch eine Gardine runter auf die Straße.
    Ein Typ war gerade dabei, Kabel zu verlegen. Er blickte auf. »Erledigt«, sagte er. Er reichte Anna ein Schaltschema, sie unterschrieb die Arbeitsbestätigung und er verschwand, mir im Gehen zunickend.
    »Telefon installiert?«, erkundigte ich mich.
    »Unter anderem.«
    »Wer wohnt hier?«
    »Du«, sagte sie.
    Mir wurde ganz anders. An meine schicke Junggesellenbude hatte ich mich ziemlich schnell gewöhnt. Sie sah mir die Enttäuschung an.
    »Keine Sorge«, sagte sie. »Du kannst schon im sicheren Haus bleiben. Das hier ist für deine Rendezvous mit Sophie Kelly.«
    »
Was
? Die lässt mich doch sofort sitzen, wenn sie diese Bruchbude hier zu Gesicht kriegt.«
    »Nur keine Hemmungen«, lachte Anna. »Sag ehrlich, was du davon hältst. Ich glaube aber, du unterschätzt entweder deine eigene Attraktivität oder Sophies Charakter.«
    »Glaubst du?«
    »Ich weiß es sogar«, sagte sie. »Das Spiel wäre in dem Moment aus gewesen, wo sie die Wohnung am Fluss gesehen hätte. Das hier macht dich glaubwürdig. Junger Typ, wenig Geld, beißt sich durch. Glaub mir, das weckt ihren Beschützerinstinkt.«
    Sie hob den Vorhang und sah wieder aus dem Fenster.
    »Du wirkst ein bisschen   …« Ich zögerte, bis ich das richtige Wort gefunden hatte. »Angespannt.« Ich wollte nicht großspurig rüberkommen. Schließlich war sie schon eine Weile dabei und ich war noch ein Neuling.
    »Bin ich auch«, gab sie zu. »Dieses Wochenende läuft irgendwas.«
    »Hat es was mit den Kellys zu tun?«
    »Bin ich mir nicht sicher. Wahrscheinlich. Das hier ist immer noch ihr Territorium und ich rieche Ärger. Hängt alles zusammen.« Sie sah mich an. »Ich hab’s einfach nicht gern, wenn was Unerwartetes geschieht. Wie das Treffen mit deinem Dad. Wir hätten Bescheid wissen sollen. Über ihn. Genau durch so was passieren immer die Pannen.«
    Ich musste ihr zustimmen. Rund um meinen Vater war immer Pannengebiet gewesen.
    »Weiß er irgendwas darüber? Wo du wohnst? Über deinen Bruder?«, fragte Anna.
    »Er weiß, dass Steve tot ist«, erklärte ich ihr. »Sonst nichts.«
    »Sicher?«
    »Sicher. Und selbst wenn er’s täte, könnte man sich sein ewiges Schweigen mit ein paar Drinks kaufen.«
    »Du hältst nicht allzu viel von ihm, oder?« Annas weiche Seite blitzte auf.
    »Noch nicht mal das«, sagte ich. »Er ist wie ein Fremder für mich.«
    Sie nickte. »Ich hab versucht, es hier etwas wohnlich zu machen«, sagte sie. Sie wandte sich vom Fenster ab und sah mir ins Gesicht. »Mit ein paar Bieren im Kühlschrank. Mach uns zwei auf, okay?«
    Ich ging zur kleinen Küchenzeile, direkt im Eingangsbereich der Wohnung, öffnete den Kühlschrank und griff mir zwei kalte Budweiser.
    »Schau nach, ob die Tür zu ist«, rief Anna aus dem Wohnzimmer.
    Ich prüfte die Türsperre. Neben der Kette und dem Bolzenriegel waren ein paar neue Banham-Sicherheitsschlösser angebracht worden. Fort Knox ließ grüßen. Alles war in Ordnung. Mit den Bieren bewaffnet kehrte ich zurück.
    Anna hatte den Regenmantel ausgezogen und ihre

Weitere Kostenlose Bücher