Long Reach
…«, sagte sie. Sie streckte die Arme aus, wie um gefilzt zu werden, und brach in Gelächter aus.
Für Boote hatte Donnie überhaupt nichts übrig. Ihm wurde schon im Tretboot auf dem Ententeich schlecht. Auf der Fähre nach Frankreich hatte er sein Frühstück über die Reling gekotzt und jetzt auf der Jacht den größten Teil der Nacht an Deck verbracht und in den Ärmelkanal gereihert, während Dave, Jason und der Skipper unten hockten, rauchten, lachten und Cola-Rum soffen.
Am frühen Sonntagabend waren sie still und leise aus Dieppe ausgelaufen, eben als die meisten anderen Jachten einliefen. Gerade, als die
Lady Sofia
vor der englischen Küste an den Schlepper gehängt wurde – eine willkommene Ablenkung. Die Finanz- und Zollbehörde Ihrer Majestät würde den Kanal kaum nach zwei Kelly-Booten auf einmal absuchen.
Donnie hatte mit der Fähre nach Dieppe übergesetzt und dort Dave Slaughter getroffen, den Chauffeur vom Boss. Dave war schon am Vortag gekommen, um den Kleinlaster anzumieten. Über die Umgehungsstraße waren sie zu einem englischen Zollfreilager gefahren, das in einem Industriegebiet
außerhalb der Stadt lag. Das Zolllager verkaufte Alkohol zu absoluten Tiefstpreisen und ein Besuch galt unter englischen Kneipiers und Clubbetreibern als Pflichttermin.
Donnie klopfte an die Rollladentür und ein unrasierter Mann von osteuropäischem Aussehen steckte den Kopf raus. »Wir wollen zum Bish.«
Der Mann reckte fragend das Kinn.
»Sag ihm, Johnnie Zahncreme und Duncan Donuts sind da«, sagte Donnie. Dave kicherte höhnisch.
Sekunden später schnellte die Stahljalousie empor und Kenny Bishop – genannt »der Bish« – kullerte hinaus. Er war sonnengebräunt und rundlich. Oberhalb der weißen Hose spannte sich sein Wanst gegen das rosafarbene, halb aufgeknöpfte Hemd, aus dem weißes Brusthaar und jede Menge Kettchen hervorblitzten. Weiße italienische Schuhe machten den Look perfekt.
»Donald … David«, strahlte der Bish, hob die Hand über den Kopf und ließ sie mit ausladender Geste zum Händedruck herabsegeln. Er lachte auffällig und trippelte tänzelnd wie ein Schattenboxer um die beiden herum, als wären sie alte Sparringpartner.
»Donovan«, knurrte Donnie, »nicht Donald.« Donnie konnte Kenny Bishop nicht ausstehen. Natürlich konnte er niemanden wirklich leiden. Er wusste, ein einziger Furz aus seinem Arsch würde den Bish umhauen – und ihm die sorgfältig frisierte graue Tolle ruinieren.
»Mach schon, Bish, du vertrottelter Lude«, sagte Dave. »Mach die Scheißtüren auf, wir haben keine Zeit, über die alten Tage zu plaudern.«
Der Bish stellte sein Grinsen ein und setzte eine ernste
Miene auf. Er drückte auf einen Knopf und der stählerne Rollladen zur Lagerhalle fuhr hoch. Hinter ihm wurde der Motor des Mietlasters angelassen. Der Bish wurde blass. Sein Blick irrlichterte zwischen Dave und Donnie hin und her.
»Ich dachte, nur ihr zwei«, sagte er.
»Und der Fahrer«, gab Dave zurück. »Das ist teure Ware. Da können wir uns nicht beim Fahren ablenken lassen. Müssen die Augen offen halten.«
Der Transporter rollte rückwärts durchs Lagertor. Der Fahrer war durch die verdunkelten Scheiben nicht zu erkennen. Direkt neben der Tür stapelten sich die Kästen. Champagnerkisten, darauf das Etikett einer bekannten Champagnerkellerei. Der Bish ließ seinen Osteuropäer den Wagen beladen, während Donnie und Dave eine Kiste ins Büro trugen, um die Ware zu prüfen. Donnie hebelte sie mit einem Brecheisen aus dem Lkw auf. Die Flaschen steckten in Pappmachéformen, wie es sich gehörte. Dave entnahm eine Flasche und untersuchte sie.
»Sehr gut«, sagte er. »Erstklassige Arbeit. Schaut genau aus wie echt.« Er reichte Donnie die Flasche, der sie im Licht drehte und mit einem stumpfen Fingernagel dagegenklopfte.
»Erste Sahne«, sagte er. »Besser geht’s nicht, was meinst du, Bish?«
Der Bish hob abwehrend die Hände, sein Gesichtsausdruck schon jetzt schuldbewusst. »Keine Ahnung, Donnie. Du kennst mich doch, ich rühr das Zeug nicht an. Nur zum Ein- und Verkauf bestimmt, was mich angeht. Könnten auch Sardinenbüchsen sein.«
Dave nickte begütigend.
»Der Typ aus Marseille hat’s so abgeliefert, wie’s jetzt dasteht, und da steht’s jetzt.« Der Bish war ins Quasseln geraten und wedelte übertrieben bemüht mit den Händen herum.
»Was los, Bish?«, fragte Donnie. »Du schwitzt ja wie ein Kinderficker im Planschbecken.«
»Nichts, Don, ehrlich.
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