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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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Hammer, als ich in meiner Hosentasche nach der Wanze fischte und versuchte, sie unter dem Sitz anzubringen. Tommy schielte in meine Richtung, als ich mich herumwand, und ich zog die Hose gerade und hustete, als wäre es mir auf dem Sitz etwas unbequem.
    »Okay, für längere Fahrten ist vielleicht ein Wagen mit besserer Federung vorzuziehen«, räumte er ein. Ich nickte und schaffte es, mit der linken Hand einen Platz für die Wanze zu finden. Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie auchrichtig saß, aber das hier war meine einzige Chance. Wir bogen von der Bundesstraße ab, dann zurück über ein paar Feldwege, vorbei an einem Trockenschuppen und über einen Fluss. Zehn Minuten später waren wir wieder auf dem Weg, der zum Haus der Kellys führte. Als sich das elektrische Tor langsam hinter uns schloss und der Bristol die Auffahrt hinaufschnurrte, ergriff Tommy wieder das Wort. Diesmal war seine Stimme ruhig, fast leise, und ich begriff, was der Anlass dieser Fahrt gewesen war.
    »Wo wir gerade von Sophie reden«, sagte er, »sie ist mein Leben.«
    Ich schluckte, wollte schon zustimmen, aber er fuhr fort.
    »Und alles   …
alles
… was du ihr antust, werde ich dir zehnfach heimzahlen. Verstanden?«
    Ich nickte.
    Kurz musste ich an Benjy Frenchs Legende vom T-Shirt und dem Parkhausdach denken. Ich fragte mich, wo Tommy Kellys Definition von »antun« begann. Wenn Küsse darunterfielen, saß ich längst in der Scheiße. Dann bekäme ich den Todeskuss.
    Von ihm.
    Wir stiegen aus dem Auto und der schwere Klang der zufallenden Türen setzte unserem Gespräch ein Ende.

Achtundzwanzig
    »Wir holen dich da raus«, sagte Baylis. Ich war verwirrt. Dem Gefühl der Erleichterung, das mich bei seinen Worten durchströmte, folgte eine Art dumpfe Panik. Was? Wieso? Wie denn?
    »Du meinst, ich bin raus aus der Sache?« Sophie war ein Teil meines Lebens geworden und die Initiationsprüfung, das Treffen mit ihrer Familie, hatte ich auch bestanden. Den Boss getroffen und überlebt.
    »Nein, du Pfeife«, antwortete Baylis gewohnt charmant. »Du steckst bis zu den Eiern drin im Fall. Ich meine, wir holen dich raus aus der Schule.«
    »Ach so. Warum?«
    »Erstens, weil du den Kontakt mit Sophie Kelly hergestellt hast   – was der Sinn der Übung war. Man könnte sogar sagen, du hast
zu viel
Kontakt mit ihr hergestellt.« Er grinste notgeil und ich musste mich schwer zurückhalten, ihm kein »Verpiss dich« an den Kopf zu knallen. »Du hast eh nur noch ein paar Monate, und ehrlich gesagt, draußen könntest du mehr mit dir anfangen. Alles, was du wissen musst, können wir dir beibringen.«
    Als der Gedanke sich einmal gesetzt hatte, musste ich ihm recht geben. Der Stoff in der Schule ließ mich kalt, und deshalb lernte ich auch nichts. Freundschaften hatte ich praktisch keine geschlossen: Benjy French hatte sich mehr oder weniger verabschiedet, als meine Treffen mit Sophie losgingen, und keine ihrer Freundinnen konnte auch nur meinen Anblick ertragen. Ich malte mir aus, wie ich in der sicheren Wohnung im Bett herumlungerte und mich nur erhob, um in der Glotze Wiederholungen amerikanischer Sitcoms zu schauen, kurz zum Mittagessen rauszugehen und abends mal Sophie zu treffen. Könnte schlimmer sein.
    »Natürlich finden wir eine andere Arbeit für dich«, fügte Ian hinzu und zerschlug damit meine Vision einer entspannten Existenz als Lebemann.
    »Was denn?«
    »Na ja, du hast Tommy Kelly erzählt, dass du schon ein bisschen auf dem Markt geholfen hast, also ist das wahrscheinlich die beste Art, deine Geschichte zu untermauern.«
    »Das hast du gehört?«, fragte ich ungläubig.
    »Ich höre alles«, sagte Ian. »Es sei denn, der Geschirrspüler läuft, dann hören wir einen Scheißdreck, du Toastbrot. Hat dir keiner gesagt, dass man die Geräte nicht an lauten Maschinen anbringt?«
    »Ich hatte keine große Wahl«, protestierte ich.
    »Verbuch das unter Erfahrungen«, sagte Ian. »Immerhin ist das Ding in der Küche und wir kriegen wenigstens ab und zu was mit.«
    »Was ist jetzt mit diesem Marktstand?«, fragte ich trübsinnig, während vor meinem inneren Auge grässlich früheAufstehzeiten, stapelweise billige Tennissocken, Batterien und Dreierpacks Feuerzeuge für ein Pfund erschienen.
    »Tony regelt das für dich«, sagte Ian. »Er trifft dich morgen früh. Ein paar Tage Schuleschwänzen, dann sollten sie dich von alleine rauswerfen.«
    Er nannte mir den Namen eines Cafés bei der Tower Bridge, wo ich am nächsten Mittag erscheinen

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