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Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)

Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)

Titel: Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Menschengestalt rannte auf die Grenzen der Welt zu, um seinem Schicksal zu entkommen – vergebliche Mühe. Die Mehrheit der Verdammten wachte nach dem Tod auf und fand sich in der heulenden Kälte des Abgrundes wieder, aber manchen gelang es, sich in den Ödlanden festzukrallen.
    Sie mussten gefangen und durch die Pforte geschickt werden, denn er konnte nicht riskieren, dass sie sich in die andere Richtung wendeten und versuchten, von einem der Dorfbewohner Besitz zu nehmen. Manchmal allerdings erlaubte er es ihnen zu rennen – denn da draußen warteten Kreaturen, die selbst Schatten fangen konnten und sie mit scharfen Zähnen zermalmten, ehe sie kreischende schwarze Fetzen ausspuckten.
    Eine Lektion, die niemand ein zweites Mal durchmachen wollte.
    Er schwebte auf Schwingen hinab, die für tödliche Stille geschaffen waren, und schloss die Hände um die Arme der Gestalt. Sie wehrte sich, war panisch, dass irgendetwas sie überhaupt halten konnte – sie war kaum mehr als Rauch –, aber der Lord dieses Ortes hatte jene, die für den Abgrund bestimmt waren, schon immer fassen können.
    Schließlich existierte er nur aus diesem einen Grund.
    Weinen, Angst, ein kleines Kind an einem dunklen, dunklen Ort.
    Die seltsamen Bilder in seinen Gedanken waren vermutlich das Ergebnis eines Angriffs durch die Kreatur in seinen Klauen, also fesselte er den Schatten mit schweren schwarzen Seilen, die mit seinem eigenen Blut getränkt waren und dafür sorgten, dass er nie mehr versuchen würde aufzubegehren. Dann flog er durch die kalte mondlose und sternenklare Nacht. Er war ungeduldig, wollte die anderen endlich fangen und in die Schwarze Burg zurückkehren. Um seine Last loszuwerden, mehr nicht.
    Doch nachdem er gelandet war und die Schatten in Käfige gesperrt hatte, aus denen es kein Entkommen gab, ging er nicht in seine eigenen Gemächer, sondern in die Küche. Das Schloss an der Tür hielt ihn nicht auf. Alles in der Schwarzen Burg gehorchte seinem Lord, ob Fleisch, Geist oder Metall. Alles bis auf die Frau, die neben dem heißen Ofen tief schlummerte.
    Er trat näher und blickte auf sie hinab. Sie war nicht schön, diese Liliana mit der starken Magie in ihrem Blut, die er kannte und doch nicht benennen konnte, diese Geschichtenerzählerin mit ihren weit hergeholten Märchen, die sie erzählte, als wären sie die reine Wahrheit. Ihre Nase war zu groß, ihre Augen standen zu eng zusammen, ihr Haar war nicht mehr als schwarzes Stroh.
    Und doch …
    Er sah sie an, bis sie seufzte und sich zu ihm umdrehte, als wolle sie ihn einladen.
    Er hockte sich hin, streckte eine Hand nach ihr aus – und sah den Panzer an seinem Unterarm, das Spinnennetz, das seinen Handrücken hinabkroch bis zu den scharfen Klauen auf seinen Nägeln, die unzerstörbare Rüstung, die ihn vor allem Bösen beschützte und ihn vor der Welt verschloss. Er stand auf, ballte die Hand zur Faust und verließ die Küche. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
    Er starrte den Riegel eine lange, lange Zeit an.
    Wenn er die Tür offen ließ, entschloss sie sich vielleicht zu gehen.
    Er schob den Riegel vor.
    Das hatte nichts mit Liliana zu tun. Er wollte nur den Rest von ihrem lächerlichen Märchen hören.

6. KAPITEL
    L iliana wurde durch das Geräusch kleiner Schritte in der Küche geweckt. „Jissa?“
    „Ja, ich bin es. Ich mache süße, süße Schokolade.“ Liliana setzte sich sofort mit einem Ruck auf. „Wo hast du die her?“
    Jissa lächelte und zeigte dabei eine Reihe spitzer Zähne. „
Er
hat einmal welche mitgebracht. Von nirgendwo, irgendwo, weiß nicht, wo.“
    Erstaunt darüber, dass dieses schöne Monster mit den wintergrünen Augen Schokolade mochte, stand Liliana auf und drehte sich das Haar zu einem Knoten. „Er muss sie sehr mögen, um extra danach gesucht zu haben“, sagte sie und trat an die Waschschüssel in der Ecke.
    „Ich habe ihm welche gemacht, als er sie das erste Mal mitgebracht hat, ja, habe ich. Ein Schluck, und er hat gesagt, sie schmeckt nicht richtig. Nicht richtig.“ Jissa goss die Flüssigkeit in zwei kleine Tassen. „Ist doch richtig!“
    Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen und abgetrocknet hatte, nahm Liliana einen Schluck von der dunklen süßen Flüssigkeit, die ihr dennoch einen Schauer über den Rücken jagte. Sie kannte und liebte den Geschmack nur aus einem Grund: Der Koch hatte eine Schwäche dafür gehabt, und an den Tagen, an denen ihr Vater sie mit Gewalt zum Schweigen gebracht hatte, hatte der

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