Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
Ort liegt am Rand der Welten“, sagte er, statt weiter über das Thema zu reden, das so nahe daran kam, seine wahre Herkunft zu offenbaren. „Nicht nur die Bösen fürchten ihn, es gibt auch wenig Leben hier, um Blutmagie zu nähren – warum ist der Magier hergekommen?“
Liliana musste zweimal schlucken, bevor sie antworten konnte, so groß war der Kloß in ihrer Kehle. „Mein Vater“, sagte sie und wagte sich damit weit hinaus auf das dünne Eis der Wahrheit, „ist ein mächtiger Mann, und er wünscht, dass ich nach Hause zurückkehre.“
Seine Miene wurde schwarz wie die Nacht. „Du willst nicht?“
Sie schüttelte den Kopf und hoffte aus ganzem Herzen, dass er die nächste Frage nicht stellen würde. Aber er tat es natürlich.
„Warum nicht?“
Weil er der Blutmagier ist. Weil er dein Königreich geraubt hat, deine Eltern umgebracht und deine Mutter gezwungen, dich und deine Geschwister in Raum und Zeit zu verstreuen. Weil er böse ist.
Nichts davon konnte sie ihm verraten, aber eine Wahrheit konnte sie ihm offenbaren. „Er will mich an einen seiner Anhänger verheiraten.“ Das Blut von Ives war so verdorben wie das ihres Vaters. Er betrachtete sie stets mit den Augen einer Eidechse, leckte sich die Lippen, wenn ihr Vater sie blutig peitschte, und flüsterte ihr die obszönsten Versprechen ins Ohr, wenn es ihm gelang, allein mit ihr zu sein.
Doch wenn der Magier von letzter Nacht die Wahrheit gesagt hatte, dann war sie jetzt nur noch ein Preis, den die Männer ihres Vaters gewinnen konnten. Es war nicht wichtig. „Er ist kein guter Mann.“ Keiner von ihnen war das.
„Du wirst nicht heiraten.“ Es war ein Befehl, kalt und hart. „Du gehörst dem Lord der Schwarzen Burg.“
Sie blinzelte und starrte ihn an. „Man kann keine Menschen besitzen.“ Ihre Angst verging im Angesicht seiner arroganten Forderung.
Er zuckte mit den Schultern, und eine Hand schloss sich fest um ihr Handgelenk. „Wer soll es mir verbieten?“
Liliana war immer noch furchtbar wütend, als sie zwei Tage später ins Dorf ging. Sie hatte ein schokoladenbraunes Kleid an, von dem sie sicher war, dass der Lord es ihr als Strafe für ihr „Weglaufen“ gegeben hatte. Und doch war dieses Kleid weich, kostbar und wirklich schön – selbst wenn der Mann, der es ihr gegeben hatte, ein Biest war und sie in den Wahnsinn trieb.
Etwas Gutes war bei dem Angriff und ihrem anschließenden Geständnis allerdings herausgekommen:
Seine Lordschaft
befürchtete nicht mehr, dass sie zu fliehen versuchte, also hatte er ihr erlaubt, mit Jissa einkaufen zu gehen. „Was denkt er, wer er ist? Mich einfach so herumzuschubsen. Als hätte ich keinen eigenen Willen!“
Jissa hatte sich, seit Liliana mit ihrer Tirade angefangen hatte, über die Schulter zu ihr umgesehen. Jetzt hängte sich den leeren Korb über ihren anderen Arm und drückte mit der freien Hand beruhigend Lilianas. „Du weißt, wer er ist, Lilia…“
„Er weiß auch, wer wir sind!“ Sie drehte sich um und starrte das dräuende Gemäuer der Burg wütend an, ehe sie den Blick wieder auf den Weg richtete, der durch den Flüsternden Wald führte. „Und wir sind nicht seine Sklaven!“
Jissa sagte kein Wort.
Liliana verlangsamte ihre Schritte, und ihre Wut wurde abgelöst von einer furchtbaren Vermutung, die ihr den Magen zusammenzog. „Oder doch?“ War der jüngste Königssohn von Elden durch das Böse, das im Abgrund lebte, doch auf so subtile Art verdorben worden?
Jissa schüttelte den Kopf. „Oh nein. Oh nein.“ Der Kummer war ihr deutlich an der zarten Miene abzulesen. „Er war sehr, sehr traurig, als er mich zurück in die Burg gebracht hat, nachdem … nachdem.“
Nachdem du noch einmal gestorben bist, dachte Liliana. Sie zitterte, aber ihr Magen beruhigte sich wieder. „Ist es im Dorf sicher für dich?“
„Oh ja. Kann nur nicht den ganzen Tag und die Nacht bleiben.“ Sie atmete tief ein und ging mit schnellen Schritten durch den Flüsternden Wald. Dabei legte sie die Hand wie zur Begrüßung an die Bäume.
Die Äste zitterten, und die Blätter murmelten:
Jissa. Jissa. Freundin. Jissa.
„Der Lord“, sagte Jissa und tätschelte den Stamm eines Setzlings, „hat gesagt, er wünschte, er könnte mich zurück zu meinem Volk schicken, aber mein Volk gibt es nicht mehr. Alle weg.“
Liliana spürte, wie ihr Herz sich zusammenzog. Ihr Vater hatte die Brownies vernichtet, indem er ihnen die Macht so schnell geraubt hatte, dass die kleinen standhaften
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