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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Schließlich kehrte Ruhe ein, die Kabinen waren bezogen,
Cookie brachte das Gepäck aus der Kutsche unter Deck. Dann sagte er mir, daß
wir abfahrbereit seien. Samuel Pinch nahm die Zügel Suleikas. Er versicherte,
gut für sie sorgen zu wollen. Cookie übergab ihm den Schlüssel von
Bloodywood-Castle. Ich drückte dem guten Alten die Hand und ging an Bord. Da
wandte er sich noch einmal an mich: »Denken Sie an meine Enkelin, Mylord !«
    »Ich
versprach es schon! Aber wie sollte ich sie erkennen ?«
    »Ich
habe darüber nachgedacht«, antwortete Samuel Pinch. »Es gibt eine Möglichkeit.
Ihre Mutter und sie trugen beide das gleiche silberne Schmuckstück am Kettchen,
ein Amulett...« Er wühlte in seiner weiten Jackentasche und förderte etwas aus
ihrer Tiefe. Cookie zündete ein Streichholz an. In seinem freundlichen Licht
leuchtete der Schmuck auf. Es war ein ovaler, rötlicher Stein, in den ein
Vogelköpfchen eingraviert war.
    Das
Amulett war eingebettet in ein Silberkettchen, das sich wie eine winzige,
geschmeidige Schlange zusammenringelte. Und so, wie eine Schlange, glitt es von
Samuel Pinchs Hand in die von Cookie Pott.
    »Das
ist nicht viel«, gab ich zu bedenken. Und hatte das Amulett gleich darauf schon
wieder vergessen.
    Nun
ging Cookie Pott an Deck. Wir zogen die kleine Brücke ein. Dann stießen wir in
See, Samuel Pinch hatte die Taue gelöst und winkte uns nach. Doch lange
vermochten wir ihn in der Dunkelheit nicht mehr zu erkennen.
    Rasch
entstand zwischen uns und dem Festland ein immer breiter werdender, von silbrigem
Mondlicht überglänzter Streifen Wasser. Für Samuel Pinch mochte unser Schiff
etwas Gespenstisches haben. Aus dem Schornstein wirbelten kleine Glutfunken.
Und aus den Bullaugen leuchtete das Licht, strahlte golden auf den
Meeresspiegel...
    Die
ersten Tage der Seefahrt vergingen wie im Flug. Die seemännischen Kenntnisse
von Onkel Berni kamen mir sehr zustatten. Unentwegt arbeitete die
Dampfmaschine. Kein Wind trübte das Meer, keine Welle brachte uns zum
Schaukeln. Ich erfreute mich ausgezeichneter Laune, selbst der Gedanke, welches
Aufsehen meine Begleiter im Wilden Westen erregen würden, störte mich kaum
noch.
    Nur
einmal kam eine kleine Unruhe auf, als Onkel Berni plötzlich seine Pfeife aus
dem Maul nahm und mich ansprach: »Ich möchte wohl wissen, was aus dem Großen
Koyoten geworden ist. Es scheint so, als habe ich ihn in der bewußten Nacht für
immer vertrieben .«
    »Du
irrst«, antwortete ich. »Er ist vorausgesegelt !«
    Doch
da kam auch schon ein dunkler, schmaler Streifen am Horizont in Sicht.
    War
es die Küste des neuen Erdteiles?

Lord Schmetterhemd
    Der tödliche Colt

An
der Mündung des Großen Flusses
     
    Onkel
Berni forderte Tante Turkie auf, vorauszufliegen und sich umzusehen. »Wenn du
die Mündung des Großen Flusses findest, könnte ich ohne Umwege hineinsteuern .«
    Meine
Truthennen-Tante strich mit schweren Flügelschlägen über die See. Von Ferne
hätte man sie für einen großen Raubvogel halten können. Während des Fluges
hielt sie sich mit der rechten Kralle die Stielbrille vor die Augen. So
entschwand sie unseren Blicken im Grau der Ferne.

    Eintönig
arbeiteten die Schaufelräder. Möven erfüllten die Luft mit ihrem aufdringlichen
Kreischen. Sie folgten uns in Schwärmen.
    Als
Tante Turkie zurückkehrte, meldete sie: »Diesmal liegen wir richtig! Die
Mündung des Großen Flusses ist dort — geradeaus! Wenn du diesen Kurs hältst,
Berni, kannst du sie nicht verfehlen .«
    »Woher
weißt du, daß es die Mündung des Großen Flusses ist, und nicht eine andere ?« fragte Onkel Rab fröhlich.
    Tante
Turkie hockte auf dem Schiffsgeländer und ließ ein trockenes Glucksen aus ihrer
Kehle emporsteigen: »Sehr einfach zu bemerken, überaus einfach. Wir werden
nämlich bereits erwartet !«
    »Wir
werden erwartet ?« stotterte er und bekam runde Augen.
    »Sagte
ich >wirGroße Koyote lauert hinter dem Gebüsch und hält sehnsüchtig nach dir Ausschau !«
    Da
fiel meinem guten Onkel Rab der tanzende Strohhut von der Pfote, und er
verschwand unter Deck. Er sauste die Treppe hinab. Unten hörten wir ihn die
Kabinentür hinter sich zuschlagen.
    Lange,
sehr lange blieb es still. Erst als wir uns dem Lande bereits auf Sichtweite
genähert hatten, vernahm ich einige schüchterne Zupftöne von der Gitarre. Und
dann sang Onkel Rab mit dünner Stimme ein Lied, von dem ich freilich hier oben
im Wind nicht

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