Lord Stonevilles Geheimnis
deinen Büchern mit ekelerregender Regelmäßigkeit grob angefasst werden, muss es der Durchschnittsfrau noch lange nicht so ergehen.«
Maria starrte Lady Minerva mit klopfendem Herzen an. Saß sie tatsächlich mit der Frau an einem Tisch, die … »Sind Sie etwa die Schriftstellerin Minerva Sharpe?«
Lady Minerva lächelte. »In der Tat, die bin ich.«
»Großer Gott, Miss Butterfield«, sagte Lord Jarret. »Jetzt sagen Sie bloß nicht, dass Sie Minervas Horrorgeschichten lesen.«
»Das sind keine Horrorgeschichten!«, protestierte Maria. »Es sind ganz wundervolle Bücher! Und ja, ich habe jedes einzelne gelesen, mehrmals.«
»Nun, das erklärt einiges«, bemerkte Oliver. »Dann muss ich mich wohl bei meiner Schwester dafür bedanken, dass du mich im Bordell mit dem Schwert bedroht hast.«
Lord Gabriel lachte. »Sie haben den alten Oliver mit einem Schwert bedroht? Gott, das ist zu herrlich!«
Lord Jarret nahm einen Schluck Wein. »Wenigstens ist jetzt das Geheimnis um ihre Waffen gelüftet.«
»Er hat sich schlecht benommen«, erklärte Maria mit einem warnenden Blick in Olivers Richtung. Wollte er etwa, dass sie alles erfuhren? »Er hat mir keine andere Wahl gelassen.«
»Ach, Maria macht ständig solche Sachen«, sagte Freddy mit vollem Mund. »Deshalb wollen wir auch nicht, dass sie Schießen lernt. Sie ist meistens sehr unbeherrscht.«
Maria schob ihr Kinn vor. »Eine Frau muss sich selbst verteidigen können.«
»So ist es!« Lady Celia prostete Maria mit ihrem Weinkelch zu. »Kümmern Sie sich nicht um diese Dummköpfe. Was kann man von Männern schon erwarten? Ihnen wäre es selbstverständlich lieber, wenn sie rücksichtslos über uns hinweggehen könnten.«
»Nein, ganz und gar nicht«, widersprach ihr Lord Gabriel. »Ich mag Frauen, die ein bisschen Feuer haben. Für Oliver kann ich natürlich nicht sprechen …«
»Ich versichere euch, ich verspüre höchst selten das Bedürfnis, Frauen zu unterdrücken«, erklärte Oliver. Ein verschmitztes Lächeln spielte um seine Mundwinkel, als er Maria ansah. »Die eine oder andere habe ich vielleicht schon einmal geküsst, als sie nicht darauf gefasst war, aber das tut doch jeder Mann hin und wieder.«
Lady Minerva schnaubte. »Ja, und die meisten bekommen eine Ohrfeige dafür, aber du vermutlich nicht. Trotz deines schlechten Benehmens hast du die Gabe, Frauen zu betören. Wie sonst konntest du Miss Butterfields Einverständnis zur Heirat bekommen, nachdem sie dich zuvor mit einem Schwert bedroht hatte – nicht wahr, Miss Butterfield?«
Maria war in Gedanken versunken und gab keine Antwort. Was Lady Minerva gesagt hatte, erinnerte sie an einen Satz aus einem ihrer Bücher: »Er hatte die Gabe, Frauen zu betören, was sie faszinierte und zugleich zutiefst beunruhigte.«
»Du lieber Himmel!« Sie starrte Oliver an. »Du bist der Marquess von Rockton!«
Erst als seine Geschwister lachten, merkte sie, dass sie laut ausgesprochen hatte, was ihr durch den Kopf ging.
Olivers Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. »Erinnere mich nicht daran!« Mit einem Seitenblick auf seine Schwester brummte er: »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr es meine Freunde begeistert, dass meine Schwester in ihren Romanen einen Schurken nach meinem Vorbild erschaffen hat.«
»Sie sind doch nur so begeistert, weil sie auch aus ihnen Helden gemacht hat«, erklärte Lord Jarret mit einem Augenzwinkern. »Seit dem Erscheinen des letzten Bands ist Foxmoor ziemlich überheblich geworden, und Kirkwood marschiert mit stolzgeschwellter Brust umher. Sein Sieg über dich hat ihm sehr gut gefallen.«
»Weil er weiß, dass er mich im richtigen Leben niemals besiegen kann«, entgegnete Oliver. »Obwohl er mir immer wieder ein Rapierduell vorschlägt, weil er mir das Gegenteil beweisen will.«
Maria starrte sie mit offenem Mund an. »Soll das heißen, dass es Graf Churchgrove wirklich gibt? Und Foxmoor … Großer Gott, er ist der Herzog von Wolfplain!«
»Ja.« Oliver verdrehte die Augen. »Churchgrove ist mein Freund Graf Kirkwood, und Wolfplain ist ein anderer Freund, der Herzog von Foxmoor. Offenbar fällt es Minerva schwer, neue Romanfiguren zu erfinden.«
»Du weißt ganz genau, dass ich mich lediglich von ihren Namen und Titeln inspirieren ließ«, widersprach ihm Lady Minerva. »Die Figuren habe ich mir ausgedacht.«
»Nur Rockton nicht«, warf Lord Jarret ein. »Das bist eindeutig du,
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