Lords of Salem: Roman (German Edition)
Diese Gauner! Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand, der seinen Wagen bei Anderton Auto reparieren ließ, sich für sein Buch interessieren würde. Selbst an der Werbung merkte er, dass er nicht hier sein sollte.
Jemand tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um und sah Hermans Gesicht. Mann, hatte der Typ einen großen Kopf. » Bereit?«, fragte Herman.
Er wusste nicht, was er sagen sollte, und zuckte die Achseln.
» Ganz ruhig, Mann«, sagte Herman. » Wir beißen nicht. Seien Sie einfach Sie selbst. Es wird gut laufen.«
Der Werbespot wurde langsam ausgeblendet. Die Frau, Heidi, setzte Kopfhörer auf, beugte sich an das Mikrofon und begann zu reden.
» Genauso ist es«, sagte sie mit einer Stimme, in der eine Begeisterung mitschwang, die sich in ihrem Gesicht nicht widerspiegelte. » Anderton Auto hat jetzt auch am Sonntag geöffnet. Also, wenn ihr gerade erst eingeschaltet habt, wir haben einen Studiogast. Wir werden mit Francis Matthias reden, dem Autor des Buchs« – sie unterbrach sich und blickte auf das Buch vor ihr – » Satans Letztes Gefecht: Die Wahrheit über die Hexenprozesse von Salem .«
Zumindest hatte sie den Titel richtig hinbekommen. Vielleicht würde es trotz allem gar nicht so schlimm werden.
» Hallo«, sagte Francis. » Heidi, es freut mich, dass Sie mich eingeladen haben.« Er zuckte zusammen. Er war erst seit zwei Minuten hier und klang schon so gestelzt und verkniffen, als hätte er einen Stock im Arsch.
» Heidi, darf ich anfangen?«, fragte Herman.
Heidi verdrehte die Augen, doch ihrer Stimme merkte man nichts an. » Ja, du darfst«, sagte sie.
Herman grinste und wandte sich zu Francis. » Also, Francis, erzählen Sie mir doch mal, wie viele Leute genau bei den Salemer Hexenprozessen hingerichtet wurden.«
Er öffnete den Mund, um zu antworten, doch der andere Herman, White Herman, ging dazwischen. » Und noch wichtiger«, sagte er, » waren einige davon mit Frankenstein verwandt?«
Er spürte, wie sein Blut aufwallte – sie nahmen das Ganze überhaupt nicht ernst! Aber er wusste, Alice hätte gewollt, dass er ruhig blieb. Er atmete tief durch und antwortete.
» Eine gute Frage, Herman. Ungefähr fünfundzwanzig, wenn man die der Hexerei Angeklagten einschließt, die im Kerker starben …« Er dachte, er könnte es dabei belassen, doch beide Hermans sahen ihn an und warteten, dass er fortfuhr. Ach, was soll’s , dachte er. » Und soweit ich weiß, war keiner davon mit Frankenstein verwandt.«
Whitey lachte. » Fünfundzwanzig? Wirklich? Ich dachte, es wären Hunderte gewesen. Ich muss gestehen, ich bin enttäuscht von der Anzahl und der nicht vorhanden Verwandtschaft zu Frankenstein.«
Was sollte er dazu sagen? Er starrte nur das Mikrofon an.
» Professor Matthias«, sagte Heidi, » korrigieren Sie mich, wenn ich falschliege, aber war Dr. Frankenstein nicht eine fiktionale Figur?«
» Ja«, sagte er, dankbar für die Richtigstellung. » Ja, ich glaube, das stimmt. Und das Buch Frankenstein erschien fast hundertdreißig Jahre nach den Hexenprozessen von Salem.«
» Sie wollen also sagen, das Buch Frankenstein basiere auf den Salemer Hexenprozessen?«, meinte Whitey.
» Äh, nein«, sagte Francis verwirrt. » Das wollte ich in keiner Weise andeuten. Es gibt keinerlei Verbindung.«
Whitey lachte. Macht er sich über mich lustig? , fragte sich Francis. Oder ist der Mann einfach nur ein Idiot? Er überlegte, ob er anders hätte antworten sollen oder noch etwas hinzufügen sollte, aber Heidi stellte bereits eine neue Frage.
» Entschuldigen Sie, wenn Ihnen die Frage vielleicht albern erscheint«, sagte sie. O nein, dachte er, nicht gerade ein vielversprechender Anfang. » Gab es im siebzehnten Jahrhundert – in Anführungszeichen – ›richtige Hexen‹ in Salem?«
Er räusperte sich. » Also, heutzutage gibt es eine große Gruppe moderner Hexen in Salem, Wiccas genannt, die eine positive und erdverbundene Religion praktiziert. Manche von ihnen bezeichnen sich als weiße Hexen. Es mag einem seltsam erscheinen, dass sie sich hier versammeln, an einem Ort, an dem Hexen in der Vergangenheit verfolgt wurden, aber sie nehmen für sich in Anspruch, den Ort von dem Bösen zu heilen, das hier geschehen ist. Aber ich nehme an, Sie meinen …«
Er ließ den Satz ausklingen. Er war sich nicht sicher, ob er in ein solches Gespräch verwickelt werden wollte. Darum ging es in seinem Werk eigentlich nicht. Es war eine historische Abhandlung und keine alberne mystische
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