Lords of Salem: Roman (German Edition)
Morgen die Menschenmenge bei Dunkin’ Donuts gesehen habe«, sagte er. » Und da wir gerade davon reden, wer wir in der Gegenwart sind … Ich glaube, wir müssen uns ein Urteil über ein Stück Gegenwart bilden … Es ist Zeit für …« Whitey streckte den Arm aus und drückte einen Knopf auf dem Mischpult. Ein Trommelwirbel erklang, gefolgt von dem Geräusch zersplitternden Glases.
» Top oder Flop!«, sagte eine unnatürlich tiefe Tonbandstimme.
Das war’s also, dachte Francis. Seine fünf Minuten Ruhm im Radio waren vorbei, und sie gingen zu irgendwelchen Neuigkeiten über. Top oder Flop, was immer das bedeuten sollte. Er hatte sich zum Narren gemacht und wahrscheinlich den Eindruck eines pedantischen alten Trottels hinterlassen. Gab’s sonst noch was Neues?
» Heute wird uns, glaube ich, Heidi das Opfer liefern«, sagte Herman.
Das Opfer? , fragte sich Francis. Worüber sprachen sie? Sie wollten doch keine Telefonstreiche spielen, oder?
» Das stimmt, Herman«, sagte Heidi. » Dieses Mal ist es ein bisschen anders als sonst. Ich habe keine Infos darüber, wo die Platte herkommt. Eine seltsame handgemachte Kiste mit einem merkwürdigen Zeichen darauf lag plötzlich in meinem Postfach, kein Absender, nichts. Darin war eine unbeschriftete Platte. Ich weiß nur, dass die Band die Lords heißt.«
» Lords«, sagte Herman. » Ich nehme an, sie kommen hier aus der Gegend, deshalb nennen wir sie einfach Lords of Salem.«
Lords of Salem? Francis erschrak ein wenig und war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Leisteten sie sich einen weiteren Scherz auf seine Kosten? Hatten sie sein Buch doch gelesen?
» Entschuldigung«, sagte er. » Haben Sie gerade Lords of Salem gesagt?«
Herman sah ihn ein bisschen verärgert an. » Ja, allerdings«, sagte er. » Francis Matthias, meine Damen und Herren. Denken Sie dran, Francis, wir sind immer noch auf Sendung.«
Wahrscheinlich nur ein Zufall , sagte Francis sich. Es gibt bestimmt eine Menge Bands dieses Namens. Und eigentlich hieß die Band ja gar nicht so – sie nannte sich Lords, und Herman hatte das » of Salem« angehängt. Nein, es ist nur ein Zufall. Kein Grund, sich den Kopf zu zerbrechen.
» Die Leitungen sind geschaltet, also bereitet euch auf Top oder Flop vor!«, sagte Herman.
Oder vielleicht heißt die Band Lords of Salem, dachte Francis, aber wurde von jemandem gegründet, der mein Buch gelesen hat und weiß, was der Name bedeutet. Ja, das war auch eine Möglichkeit. Das Buch war gerade erst erschienen, aber die Bands änderten ständig ihre Namen. Vielleicht hatten sie ihr Album aufgenommen und sich erst in letzter Minute für den Namen entschieden …
In der anderen Ecke des Studios legte Whitey die Schallplatte auf. Zuerst setzte er die Nadel am Ende der Platte auf die Rille statt am Anfang und schien überrascht, dass nichts geschah. Vielleicht ist er tatsächlich ein Idiot, dachte Francis. Er versuchte es zweimal auf diese Art, dann setzte er die Nadel dort ab, wo sie hingehörte. Sofort begann die Musik, und alle zogen ihre Kopfhörer ab.
» Hey, sie läuft richtig herum«, sagte Whitey zu Heidi und zeigte auf die Platte. » Was sagst du dazu?«
» Ich glaube, dein Plattenspieler ist verhext«, sagte Heidi zu Herman.
» Wohl kaum«, sagte Herman. » Soweit ich mich erinnern kann, laufen Platten immer in diese Richtung.«
» Ja«, sagte Whitey. » Das meinte ich ja. Sie läuft richtig herum. Letzte Nacht war das anders. Da wurde sie rückwärts abgespielt.«
» Rückwärts?«, fragte Herman. » Unmöglich.«
» Ohne Scheiß«, sagte Whitey. » Frag Heidi.«
Herman drehte sich zu ihr. Sie nickte. » Es klingt verrückt«, sagte sie, » aber so war es.«
Herman sah sie einen Augenblick lang an, dann schüttelte er den Kopf. » Nein, ihr beide wollt mich auf den Arm nehmen. Oder ihr habt gestern Nacht einfach zu viel gesoffen.«
Rückwärts? , fragte sich Francis. Was reden sie da? Und warum bekomme ich von der Musik eine Gänsehaut?
24
E s klang wie ein Frauenchor, aber verzerrt. Die Instrumente schienen beschädigt zu sein und absichtlich falsch gespielt zu werden. Maisie Mather lag nackt mit ihrem schlaksigen Freund Jarrett im Bett, als das Stück im Radio lief.
Maisie war ein eingefleischter WXKB -Fan. Es war der einzige Radiosender in Salem, der Classic Rock spielte, und das schon seit Jahren. Maisie hatte lockiges schwarzes Haar und eine zierliche Figur, kein schlechter Anblick, aber auch keine umwerfende Schönheit.
Weitere Kostenlose Bücher