Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
waren ihnen gewisse Fehler unterlaufen. Schließlich
    hatten sie die Elfen jedoch durchschaut – im letzten Augenblick. Damals
    hatte es viel mehr Hexen gegeben. Sie hatten die Elfen überal gestel t,
    bis diese nirgends mehr Ruhe und Zuflucht fanden. Man bekämpfte sie
    mit Eisen. Elfen konnten Eisen nicht ausstehen. Es blendete sie oder so.
    Jetzt gab es nur noch wenige Hexen. Zumindest nur noch wenige richti-
    ge. Und ein anderes Problem kam hinzu: Die Leute schienen sich nicht mehr daran zu erinnern, was es mit den Elfen auf sich hatte. Damals war
    das Leben sicher interessanter gewesen, vor al em deswegen, weil es
    nicht so lange dauerte. Und es hatte mehr Farbe gehabt, vor al em die
    von Blut.
    Nach einer Weile wagten es die Leute nicht mehr, ihre Peiniger beim
    richtigen Namen zu nennen.
    Statt dessen sprachen sie von Schimmernden und Sternenleuten und so
    weiter. Außerdem spuckten sie und berührten Eisen. Doch Generatio-
    nen später vergaß man das mit dem Spucken und dem Eisen; man erin-

    nerte sich nicht mehr daran, warum man jene anderen Namen verwendet
    hatte. Man wußte nur noch von der Schönheit der Elfen.
    Ja, damals hatte es viele Hexen gegeben. Es war häufig geschehen, daß
    Frauen leere Wiegen fanden und ein Ehemann nicht von der Jagd heim-
    kehrte – weil er selbst gejagt worden war.
    Elfen! Gefährlich und gemein. Und doch… Ja, sie stellten irgend etwas
    mit der Erinnerung an.
    Nanny Ogg drehte sich auf die andere Seite, und Greebo protestierte
    mit leisem Knurren.
    Man nehme nur Zwerge und Trolle. Die Leute sagten: Oh, man kann
    ihnen nicht trauen. Mit Trollen ist soweit alles in Ordnung, solange man
    sie im Auge behält, und manche von ihnen scheinen ganz anständig zu
    sein, aber im Grunde ihres Herzens sind sie verschlagen und dumm.
    Und Zwerge… sind habgierig und hinterhältig, die Burschen. Na schön,
    gelegentlich begegnet man welchen, die nicht ganz so schlimm sind, aber
    im großen und ganzen unterscheiden sich Zwerge kaum von Trollen. Mit
    anderen Worten: Sie…
    … ähneln uns.
    Wie dem auch sei: Man kann sie sicher nicht als schön bezeichnen, und
    außerdem fehlt ihnen Stil. Was uns betrifft: Wir sind dumm, und das Gedächtnis spielt uns Streiche. Wir erinnern uns an die Schönheit der
    Elfen, an die Art und Weise, in der sie sich bewegten. Wir vergessen
    dabei, was sie waren. Wir sind wie Mäuse, die sagen: »Eins muß man den Katzen lassen – sie haben Stil.«
    Es war nie vorgekommen, daß Menschen aus Furcht vor Zwergen in
    ihren Betten zitterten. Niemand versteckte sich vor einem Troll unter der
    Treppe. Ab und zu verscheuchte man sie aus dem Hühnerstal – Zwerge
    und Trolle waren eigentlich nie mehr als harmlose Quälgeister. Sie säten
    kein Entsetzen.
    Wir erinnern uns daran, daß die Elfen sangen. Aber wir wissen nicht
    mehr, worum es in den Liedern ging.
    Nanny Ogg drehte sich erneut auf die andere Seite. Etwas rutschte,
    und mit einem leisen, kläglichen Miauen plumpste Greebo auf den Bo-
    den.

    Nanny setzte sich abrupt auf.
    »Zieh die Wanderpfoten an, Freundchen. Wir machen einen kleinen
    Ausflug.«
    In der mitternächtlichen Küche verharrte sie, griff nach einem Plättei-
    sen und verband es mit einer Wäscheleine.
    Ihr ganzes Leben lang war sie durchs nächtliche Lancre gewandert,
    ohne eine Waffe für notwendig zu halten. Natürlich war sie auf den er-
    sten Blick als Hexe zu erkennen gewesen, und ein Angreifer hätte es sehr
    bereut, Nanny in irgendeiner Weise zu belästigen. Aber auch für andere
    Frauen gab es praktisch nichts zu befürchten. Übrigens galt das gleiche
    für Männer.
    Jetzt spürte Nanny, wie Unbehagen in ihr keimte.
    Die Elfen kehrten zurück und warfen ihre Schatten voraus.

    Diamanda erreichte die Kuppe des Hügels.
    Sie zögerte und dachte daran, daß ihr die alte Wetterwachs vielleicht
    gefolgt war. Das hielt sie durchaus für möglich. Außerdem hatte sie un-
    terwegs im Wald eine andere Präsenz gespürt.
    Weit und breit war niemand zu sehen. Sie drehte sich um.
    »Guten Abend.«
    »Du? Also bist du mir doch gefolgt.«
    Oma stand im Schatten des Flötenspielers auf. Dort hatte sie gesessen,
    in ihrer schwarzen Kleidung praktisch unsichtbar.
    »Ich hab’s von meinem Vater gelernt«, sagte sie. »Damals, wenn er auf
    die Jagd ging, meinte er immer: Ein schlechter Jäger jagt, und ein guter
    wartet.«
    »Ach? Jagst du mich jetzt?«
    »Nein. Ich habe gewartet. Ich wußte, daß du hierherkommen würdest.
    Wohin sol test du sonst

Weitere Kostenlose Bücher