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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sausten.
    Gegenstände aus Eisen konnten nicht ins Innere des Kreises gelangen.
    Oma sprintete bereits, als sie begriff, was das bedeutete. Nun, und
    wenn schon – sie hatte eine Entscheidung getroffen.
    Ein Gefühl geistiger Verrenkung stellte sich ein, als die Richtungen mit
    einem chaotischen Tanz begannen. Und dann lag Schnee auf dem Bo-
    den. Er war weiß. Er mußte weiß sein, denn immerhin handelte es sich um Schnee. Aber bunte Muster glitten darüber hinweg – der Wider-schein des kalten Funkelns am Himmel.
    Diamanda kam nur mühsam voran. Ihre Schuhe waren eher zum Pro-
    menieren in der sommerlichen Stadt und ganz bestimmt nicht für dreißig
    Zentimeter hohen Schnee gemacht. Omas Stiefel hingegen würden selbst
    ohne Nägel mit einem Marsch über heiße Lava fertigwerden.
    Allerdings: Sie wurden schon seit vielen Jahren von den gleichen Mus-
    keln angetrieben, die jetzt schnell ermüdeten. Was dazu führte, daß Dia-
    mandas Vorsprung wuchs.
    Aus dem dunklen Nachthimmel fiel noch mehr Schnee. Jenseits des
    Steinkreises warteten, angeführt von der Königin, einige Reiter. Jede
    Hexe kannte sie und ihre Erscheinung.
    Diamanda stolperte und fiel, stemmte sich wieder hoch und verharrte
    auf Knien im kalten Weiß.
    Oma blieb stehen. Das Pferd der Königin wieherte.
    »Knie nieder vor deiner Königin«, sagte die Elfe. Sie trug ein rotes
    Gewand und eine kupferne Krone.
    »Nein«, erwiderte Oma Wetterwachs schlicht.
    »Du bist hier in meinem Reich, Frau«, stel te die Königin fest. »Und
    deshalb hast du mir zu gehorchen. Knie nieder!«

    »Ich gehorche niemandem«, brummte Oma. »Ich habe nie jemandem
    gehorcht, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.«
    Sie legte die Hand auf Diamandas Schulter.
    »Das sind deine Elfen. Hübsch, nicht wahr?«
    Die Krieger waren mehr als zwei Meter groß. Sie trugen keine Klei-
    dung im eigentlichen Sinne, sondern bunt zusammengefügte Dinge: Fel -
    reste, Bronzefacetten, Kordeln mit Federn in al en Farben. Wo sich
    nackte Haut zeigte, waren blaue und grüne Tätowierungen zu sehen.
    Einige jener Elfen hielten Bögen bereit, und ihre Pfeile zielten auf Oma
    Wetterwachs.
    Das Haar umgab die Köpfe wie eine Art Halo und glänzte ölig. Zwar
    hatte Diamanda nie zuvor schönere Gesichter gesehen, aber in ihr reifte
    nun die Erkenntnis, daß etwas daran nicht stimmte. In den Mienen gab
    es einen rätselhaften Faktor, der nicht zur al gemeinen Ästhetik paßte.
    »Wir sind nur deshalb noch am Leben, weil wir lebend interessanter
    sind als tot«, ertönte Omas Stimme hinter dem Mädchen.
    »Hör nicht auf die griesgrämige Alte«, sagte die Königin. »Was kann sie
    dir schon bieten?«
    »Mehr als Schnee im Sommer«, entgegnete Oma. »Die Augen. Sieh dir
    die Augen an.«
    Die Königin stieg ab.
    »Gib mir deine Hand, Kind.«
    Sofort streckte Diamanda den Arm aus.
    Die Augen… Sie waren tatsächlich irgendwie sonderbar. Es lag nicht
    an Form, Farbe oder einem unheilvollen Glanz. Der seltsame Aspekt
    ging zurück auf…
    Auf den Blick. Einen solchen Blick hätten Mikroben gesehen, wenn sie in der Lage wären, durch ihr Ende des Mikroskops zu spähen. Er vermittelte ungefähr folgende Botschaft: Du bist nichts. Und: Du steckst vol er
    Makel und bist ohne jeden Wert. Und: Du bist ein Tier. Und: Du kannst
    Schoßhündchen werden – oder Beute. Und: Die Entscheidung darüber
    steht nicht dir zu.
    Diamanda versuchte, die Hand zurückzuziehen.

    »Verschwinde aus ihrem Bewußtsein, alte Vettel!«
    Schweißtropfen bildeten sich auf Omas Stirn.
    »Ich bin gar nicht in ihrem Selbst. Ich sorge nur dafür, daß du nicht hineinkannst.«
    Die Königin lächelte. Nie hatte Diamanda ein schöneres Lächeln gese-
    hen.
    »Du verfügst sogar über ein wenig Macht. Erstaunlich. Ich bin immer
    davon überzeugt gewesen, daß du es nie zu etwas bringen würdest, Es-
    meralda Wetterwachs. Aber hier nützt dir deine Hexerei nichts.« Und zu
    den Kriegern: »Tötet sie beide. Aber nicht gleichzeitig. Die eine sol beo-
    bachten, wie die andere stirbt.«
    Die Königin schwang sich wieder in den Sattel und ritt davon.
    »Tja, das wär’s dann wohl«, sagte Oma Wetterwachs, als sich die Krie-
    ger näherten. Sie senkte die Stimme.
    »Lauf, wenn es soweit ist«, flüsterte sie.
    »Wenn was soweit ist?«
    »Du wirst es merken.«
    Oma wandte sich den Elfen zu und sank auf die Knie.
    »Oh, bitte, laßt mich am Leben, ich bin eine arme alte Frau, und auch
    ganz dünn«, wimmerte sie. »Bitte, junger

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