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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Magrat ein Loch gegraben und jemanden darum
    bitten müssen, das Häuschen einige Meter zu versetzen.
    Beim »Kleiderschrank« handelte es sich um eine überdachte Nische in
    der Wand. Ein Holzsitz befand sich dort über einer quadratischen Öff-
    nung im Boden: Der Schacht führte bis ganz nach unten, bis hin zur
    Schloßmauer. Dort gab es ein zweites Loch, und genau an jener Stel e
    fand die biologische Abbaubarkeit mit Hilfe eines organodynamischen
    Prozesses statt, bei dem Shawn Ogg und seine Schubkarre eine zentrale
    Rolle spielten. Soviel wußte und verstand Magrat. Es paßte zu ihren Vor-
    stellungen von königlichem Adel und gemeinem Volk. Doch die Haken
    verblüfften und schockierten sie.
    Sie dienten dazu, Kleidung aufzuhängen. Millie hatte darauf hingewie-
    sen, daß die wertvolleren Pelzmäntel und so weiter in jener Nische ver-
    staut wurden. Warum? Der Luftzug aus dem Loch – vom Geruch ganz
    zu schweigen* – hielt die Motten fern.
    Nun, zumindest in dieser Hinsicht hatte Magrat ihren Willen durchge-
    setzt.
    Sie lag jetzt im Bett und starrte an die Decke.
    Natürlich wollte sie Verence heiraten, obgleich er ein fliehendes Kinn hatte und seine Augen immerzu tränten. Tief in ihrem Innern wußte
    Magrat, daß sie kaum wählerisch sein durfte, um einen König zu be-
    kommen… Nun, in diesem Zusammenhang durfte man wohl kaum von
    Pech sprechen.
    Aber als Narr war er ihr lieber gewesen. Ein Mann, der bei jeder Bewe-
    gung klimperte, übte einen gewissen Reiz aus.
    Wenn sie an die Zukunft dachte, stellte sie sich langweilige Tapisserien
    und wehmütige Blicke aus dem Fenster vor.
    Sie hatte genug von Büchern über Etikette und Abstammung und von
    Twurps Adelsstände der Fünfzehn Berge und Ebene von Sto.
    Als Königin mußte man über solche Dinge Bescheid wissen. In der
    langen Galerie gab es viele Bücher darüber, und Magrat hatte nur erst
    einige wenige Regale erforscht. Wie sprach man den dritten Vetter eines

    * Im Ernst: Deshalb treten die Leute zur Seite, wenn Könige vorbeigehen.

    Grafen an? Was bedeuteten die Bilder auf Schilden? Was hatte es mit
    den vielen Löwendarstellungen und so auf sich? Und dann die Klei-
    dung… Einen Schleier lehnte sie kategorisch ab, und sie war nicht be-
    sonders glücklich mit dem spitzen Hut, von dem eine Art Schal herab-
    baumelte. Bei Lady Sowieso mochte so etwas sehr elegant wirken, doch
    bei Magrat sah’s aus, als hätte jemand ein großes Eis auf ihren Kopf fal-
    len lassen.

    Nanny Ogg saß im Bademantel vorm Kamin, rauchte ihre Pfeife und
    schnitt sich die Fußnägel. Gelegentlich machte es irgendwo Ping, wenn ein Splitter von irgendwelchen Gegenständen im Zimmer abpral te. Eine
    kleine Öl ampe ging zu Bruch.

    Oma Wetterwachs lag bleich und völlig reglos auf dem Bett, in den falti-
    gen Händen ein Schild mit der Aufschrift: ICH BINNE NICH TOT…
    Ihr Geist schwebte durch den Wald und suchte…
    Es gab jedoch ein Problem: Omas Selbst brauchte fremde Augen und
    Ohren, um zu sehen und zu hören. Wo so etwas nicht existierte…
    Sie hatte keine Möglichkeit, jene acht Männer zu bemerken, die in einer
    Mulde unweit des Steinkreises schliefen.
    Und träumten…

    Lancre ist nur deshalb mit dem Rest der Welt verbunden, weil es eine
    Brücke über die Lancre-Schlucht gibt. Durch die Schlucht rauscht ein
    nicht besonders tiefer Fluß, der aber gefährliche Stromschnel en hat. Er
    heißt Lancrefluß.*
    Die Kutsche näherte sich dem einen Ende – oder Anfang – der Brük-
    ke.
    Ein ungeschickt mit Weiß, Rot und Schwarz bemalter Schlagbaum ver-
    sperrte den Weg.
    Der Kutscher ließ sein Horn erklingen.

    * Die Bewohner von Lancre halten Geographie nicht für eine sehr originelle
    Wissenschaft.

    Ridcully beugte sich aus dem Fenster. »Was ist los?«
    »Trollbrücke voraus.«
    »Oh.«
    Nach einer Weile knirschte es dumpf unter der Brücke, und ein Trol
    kletterte über die Brüstung. Er war regelrecht aufgedonnert, wenn man
    die Maßstäbe seines Volkes anlegte: Abgesehen vom üblichen Lenden-
    schurz trug er auch noch einen Helm. Al erdings… Das Ding schien
    eigentlich für einen menschlichen Kopf bestimmt zu sein und verharrte
    nur deshalb auf dem Schädel des Trolls, weil er es mit Bindfäden festge-
    bunden hatte.
    Der Quästor erwachte. »Was is’n?« fragte er benommen.
    »Da steht ein Trol auf der Brücke«, erwiderte Ridcul y. »Aber er befin-
    det sich unter einem Helm, und deshalb dürfte es eine offizielle Angele-
    genheit sein.

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