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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Sind dreist genug, sich Zauberer zu nennen! Du sol test sie
    hören. Die Kerle würden nicht einmal dann ein magisches Schwert er-
    kennen, wenn es sie am Knie träfe! So sind die jungen Zauberer heutzu-
    tage. Sie glauben, die Magie neu erfunden zu haben.«
    »Und die jungen Mädchen, die heutzutage Hexen werden möchten«,
    ließ sich Oma Wetterwachs vernehmen. »Benutzen Samthüte, schwarzen
    Lippenstift und Spitzenhandschuhe ohne Finger. Außerdem sind sie
    frech.«
    Sie standen jetzt nebeneinander und blickten in den Fluß.
    »Die Hose der Zeit«, sagte Ridcully. »Für manche Leute geht’s im einen
    Bein nach unten, für die übrigen im anderen. Und außerdem wimmelt’s
    überal vom Kontinuinuinuum-Kram. In meiner Jugend gab es nur ein
    anständiges Universum, und damit hatte es sich. Man mußte höchstens befürchten, daß sich irgendwelche Wesen aus den Kerkerdimensionen
    einen Weg ins Diesseits bahnten. Wie dem auch sei: Es gab nur ein ver-
    dammtes Universum – unseres –, und man wußte genau, woran man
    war. Jetzt soll’s plötzlich Millionen von den blöden Dingern geben. Ganz
    zu schweigen von der Katze, die in einer Schachtel steckt, darin gleich-
    zeitig lebt und tot ist oder so. Und dauernd laufen die Burschen herum und rufen: Herrlich, wunderbar, hurra, da kommt noch ein Quantum.
    Aber wenn man sie um einen einfachen Levitationszauber bittet… Dann
    sehen sie einen so an, als würde einem der Sabber aus den Mundwinkeln
    laufen. Du hättest den jungen Stibbons hören sol en. Sprach davon, daß
    ich mich nicht zu meiner eigenen Hochzeit eingeladen habe!«
    Ein Eisvogel sauste zum Fluß und tauchte so hinein, daß sich das Was-
    ser kaum kräuselte. Eine halbe Sekunde später kam er wieder zum Vor-
    schein und flog mit einem silbrigen, zuckenden Etwas im Schnabel fort.

    »Der Kerl quasselte dauernd davon, al es geschähe zur gleichen Zeit
    und so«, fuhr Ridcully mürrisch fort. »Als wenn man überhaupt nicht die
    Wahl hätte oder was weiß ich. Man entscheidet einfach nur, durch welches Hosenbein der Zeit man kriecht. Stibbons meinte zum Beispiel, daß wir
    tatsächlich geheiratet hätten. Seiner Ansicht nach sind alle Möglichkeiten, selbst die absurdesten, irgendwo Realität. Mit anderen Worten: Es existieren viele tausend Versionen von mir, die nie Zauberer wurden – und
    Hunderte von Esmes, die… Briefe beantworteten. Ha! Für sie sind wir
    etwas, das gewesen sein könnte. Ich frage dich: Sol te ein junger Zauberer über solchen Unfug nachdenken, hm?
    Als ich mit dem Studium begann, war der alte Tudgy Spold Erzkanzler.
    Wenn ein junger Zauberer so dumm gewesen wäre, ihm gegenüber von
    derartigen Dingen zu sprechen, so hätte er einen Zauberstab an den Hin-
    terkopf bekommen, jawohl!«
    Irgendwo tief unten sprang ein Frosch von einem Stein.
    »Meine Güte, seit damals haben wir al e eine Menge Wasser gelassen.«
    Es dämmerte Ridcul y, daß aus dem Dialog ein Monolog geworden
    war. Er wandte sich an Oma, die aus weit aufgerissenen Augen in den
    Fluß sah, als hätte sie nie zuvor Wasser gesehen.
    »Dumm, dumm, dumm«, sagte sie.
    »Wie bitte? Ich habe doch nur…«
    »Ich meine nicht dich, sondern mich selbst. Ja, ich bin dumm. Aber ich bin nicht blöd. Ha! Und ich dachte, mein Gedächtnis ließe mich im Stich!
    Das Gegenteil ist der Fall! Es erinnert sich an mehr als vorher!«
    »Was?«
    »Ich hatte schon Angst! Ich! Dachte, ich könnte nicht mehr klar den-
    ken! Und dabei habe ich klar gedacht, die ganze Zeit über!«
    »Hä?«
    »Nun… Es liegt mir fern zu behaupten, daß mir dieser… kleine Aus-
    flug nicht gefal en hat«, sagte Oma. »Aber jetzt muß ich zurück. Schnipp
    noch einmal mit den Fingern. Und zwar schnel .«
    Eine gewisse Verlegenheit zeichnete sich in Ridcullys Zügen ab.
    »Das geht leider nicht«, entgegnete er.

    »Eben ging’s.«
    »Und genau deshalb geht’s jetzt nicht mehr. Die Transmigration ist
    ziemlich anstrengend.«
    »Früher hast du’s oft angestel t, wenn ich mich recht entsinne«, sagte
    Oma Wetterwachs. Sie riskierte ein Lächeln. »Deine Füße haben kaum
    den Boden berührt.«
    »Früher war ich jünger. Heute ist einmal genug.«
    Omas Stiefel knarrten, als sie sich umdrehte und in Richtung Stadt
    marschierte. Ridcully folgte ihr hastig.
    »Warum so eilig?«
    »Habe wichtige Dinge zu erledigen«, antwortete Oma, ohne den Kopf
    zu drehen. »Darf die Leute nicht enttäuschen.«
    »Manche Leute wären vielleicht bereit, dies hier für wichtig zu

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