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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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klappen. Fünf Kilometer mittwärts… Eine
    leichte Drift nach links, kein Problem…«
    Ridcully streckte ruckartig den Arm und griff nach Omas Hand. Er
    fühlte sich jung und übermütig. Die Zauberer in der Unsichtbaren Uni-
    versität wären sicher sehr verblüfft gewesen.
    »Laß uns woanders hingehen.«
    Er schnippte mit den Fingern.

    Die Masse muß wenigstens ungefähr erhalten bleiben – das ist eine
    fundamentale magische Regel. Wenn etwas von A nach B bewegt wird,
    so muß etwas anderes von B nach A wechseln.
    Und dann das Bewegungsmoment. Zwar dreht sich die Scheibenwelt
    nur langsam, aber verschiedene Punkte bewegen sich in bezug auf die
    Mitte mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Woraus folgt: Ein Zaube-
    rer, der sich in Richtung Rand bewegt, sol te darauf vorbereitet sein, sein
    Ziel laufend zu erreichen.
    Die fünf Kilometer bis zur Lancrebrücke bewirkten nur ein leichtes
    Zerren, und damit hatte Ridcul y gerechnet. Er materialisierte an die Brü-
    stung gelehnt, mit Esme Wetterwachs in den Armen.
    Eine Sekunde vorher hatte der Zol troll jenen Platz eingenommen.
    Plötzlich fand er sich lang ausgestreckt im Großen Saal wieder, zufälli-
    gerweise direkt auf dem Quästor.
    Oma Wetterwachs sah in den Fluß hinab, und anschließend richtete sie
    einen mißbilligenden Blick auf Ridcully.
    »Dazu hattest du kein Recht«, sagte sie. »Bring mich sofort zurück.«
    »Meine Güte.« Der Erzkanzler hob die Hand. »Scheine überhaupt kei-
    ne magische Kraft mehr zu haben. Peinliche Sache. Die Finger sind ganz
    schlaff. Nun, wir könnten natürlich zu Fuß gehen. Es ist ein herrlicher
    Abend. Hier sind die Abende immer herrlich.«
    »Fünfzig oder sechzig Jahre sind vergangen!« entfuhr es Oma. »Du
    kannst hier nicht einfach wieder auftauchen und so tun, als sei nichts
    geschehen.«
    »Oh, ich weiß, daß viel Zeit verstrichen ist«, erwiderte Ridcully. »Ich
    bin jetzt das Oberhaupt der Unsichtbaren Universität. Ich brauche nur
    einen Befehl zu geben, und tausend Zauberer, äh… gehorchen mir nicht
    oder brummen ›Was?‹ oder erheben irgendwelche Einwände. Wie dem
    auch sei: Sie sind zumindest gezwungen, mich zur Kenntnis zu nehmen.«
    »Ich habe die Universität einige Male besucht«, sagte Oma. »Da gibt’s
    einen Haufen dicker Männer mit Bärten.«
    »Genau. Das sind sie !«
    »Viele von ihnen kommen aus den Spitzhornbergen. Ich kenne einige
    Jungs aus Lancre, die Zauberer geworden sind.«

    »Eine sehr magische Region«, meinte Ridcully. »Vielleicht liegt’s an der
    Luft.«
    Unten rauschte das dunkle Wasser des Flusses. Es tanzte stets den Rei-
    gen der Schwerkraft, strömte nie bergauf.
    »Es gab sogar mal einen Erzkanzler namens Wetterwachs«, sagte Rid-
    cully.
    »Davon habe ich gehört«, brummte Oma. »Ein Vetter oder so. Bin ihm
    nie begegnet.«
    Sie starrten beide in den Fluß hinab. Gelegentlich sahen sie ein Stück
    Holz auf den Wel en wippen.
    »Erinnerst du dich an…«, begann Ridcul y.
    »Ich habe ein… sehr gutes Gedächtnis.«
    »Fragst du dich manchmal, wie das Leben für uns gewesen wäre, wenn
    du ja gesagt hättest?«
    »Nein.«
    »Ich nehme an, dann wären wir jetzt eine große Familie, mit vielen
    Kindern und Enkeln und so…«
    Oma zuckte mit den Schultern. Solche Bemerkungen stammten für
    gewöhnlich von romantischen Narren. Andererseits: Heute abend
    herrschte eine besondere Atmosphäre…
    »Was ist mit dem Feuer?« fragte sie.
    »Mit welchem Feuer?«
    »Unser Haus brannte kurz nach der Heirat nieder. Wir kamen in den
    Flammen ums Leben.«
    »Was? Davon weiß ich überhaupt nichts…«
    Oma drehte sich um.
    »Natürlich weißt du nichts davon! Weil es uns erspart geblieben ist.
    Aber so etwas hätte geschehen können. Überlegungen wie ›Wenn dies nicht geschehen wäre, dann hätte sich das ereignet‹ haben keinen Sinn –
    weil man die jeweilige Alternative überhaupt nicht kennt. Was in diesem
    Zusammenhang als erstrebenswert erscheint, könnte sich als etwas
    Schreckliches herausstel en. Wer ›Wenn ich doch nur…‹ sagt, ahnt gar
    nicht, was er sich damit wünscht. Es gibt keine Gewißheit. Die Vergangenheit ist vergangen. Man kann nichts an ihr ändern und muß sie akzep-
    tieren.«
    »Die Hose der Zeit«, murmelte Ridcully verdrossen.
    Er griff nach einem von der Brüstung abgebröckelten Stein und warf
    ihn in den Fluß. Es platschte, wie oft in solchen Fäl en.
    »Was?«
    »Davon plappern die Burschen im Forschungstrakt für hochenergeti-
    sche Magie.

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