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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hatte nie viel von Pferden gehalten. Seiner Ansicht nach konn-
    te der Wahnsinn in ihnen jeden Moment zum Ausbruch kommen.
    Als das Einhorn angriff, sprang er über die Brüstung und fiel ohne be-
    sondere aerodynamische Eleganz in die Tiefe. Unten erwartete ihn das
    kalte Wasser des Lancreflusses.

    Der Bibliothekar mochte Theater. Wenn in Ankh-Morpork irgendwo ein
    neues Stück aufgeführt wurde, saß er immer in der ersten Reihe. Seine
    besondere Natur versetzte ihn in die Lage, nicht nur mit den Händen zu
    klatschen, sondern auch mit den Füßen. Wenn ihm etwas nicht gefiel,
    warf er mit Erdnußschalen.
    Jetzt wuchs seine Enttäuschung. Im Schloß von Lancre gab es kaum
    Bücher, abgesehen von einigen Wälzern über Etikette, Viehwirtschaft
    und Ackerbau. Der Adel schien nicht viel zu lesen.
    Darüber hinaus rechnete der Bibliothekar kaum damit, von der Vor-
    stel ung begeistert zu sein. Er hatte einen Blick hinters Sackleinen gewor-
    fen, das als Trennwand für die Garderobe fungierte, und bei jener Gele-

    genheit sah er einige kräftig gebaute Männer, die miteinander zankten.
    Das verhieß nichts Gutes für einen Abend erbauender Thespiskunst.
    Allerdings: Es gab immer die Möglichkeit, daß sich die Schauspieler mit
    Sahnetorten bewerfen würden.*
    Es gelang dem Bibliothekar, drei Plätze in der vordersten Reihe zu be-
    kommen. Zuerst hatte dort schon jemand gesessen, doch es war immer
    wieder erstaunlich, wie bereitwillig die Leute zusammenrückten, um Platz
    zu schaffen. Darüber hinaus war es ihm auch noch gelungen, Erdnüsse
    aufzutreiben – niemand wußte, wie er das angestellt hatte.
    »Ugh?«
    »Nein, danke«, erwiderte Ponder Stibbons. »Davon bekomme ich Blä-
    hungen.«
    »Ugh?«
    »Wie gern ich jemandem zuhöre, der gern spricht! Hoppla! Sägemehl
    und Sirup! Stopf das in deinen Hering und rauch ihn in der Pfeife!«
    »Ich glaube, der Quästor möchte ebenfal s keine Erdnüsse«, spekulierte
    Stibbons.
    Der Vorhang ging auf. Besser gesagt: Fuhrmann, der Bäcker, zog ihn
    beiseite.
    Die Vorstel ung begann.

    * Der Bibliothekar stellte keine besonders hohen Ansprüche, aber es gab einige Dinge, die er in jedem Fall und unter allen Umständen für lustig hielt. Wenn bei einer Darbietung Sahnetorten, Eimer mit Tünche sowie jene besonders komischen Sequenzen vorkamen, bei denen jemand einer anderen Person den Hut
    abnahm und das entsprechende Haupt mit einer breiigen Substanz zierte, wäh-
    rend die Miene des Betroffenen völlig unbewegt blieb und das Orchester einen Tusch spielte… Dann freute sich der Bibliothekar; in solchen Dingen sah er ein absolutes Muß für jedes Theaterstück. Geröstete Erdnüsse können sehr gefährlich und schmerzhaft sein, wenn man sie mit großer Zielsicherheit wirft, und deshalb hatten die Regisseure von Ankh-Morpork schon vor einer ganzen Weile beschlossen, gewisse dramaturgische Kompromisse einzugehen. Dadurch
    kam es zu ungewöhnlichen Aspekten bei einigen Grand-Guignol -Melodramen, aber die Beteiligten vertraten folgenden Standpunkt: Stücke wie »Die überaus blutige Tragödie des irren Mönchs von Quirm (mit Sahnetortenszene)« waren
    einer fünftägigen Taubheit auf einem Ohr vorzuziehen.

    Der Bibliothekar beobachtete das Geschehen auf der Bühne, und mit
    seiner Stimmung ging’s immer mehr bergab. Normalerweise fand er Ge-
    fal en an schlecht gespielten Stücken, vorausgesetzt, es gab ausreichend
    fliegende Torten und dergleichen. Aber diese Schauspieler konnten nicht
    einmal schlecht schauspielern. Hinzu kam: Niemand schien irgend etwas
    werfen zu wollen.
    Er holte eine Erdnuß aus der Tüte und rol te sie zwischen den Fingern
    hin und her, während er das linke Ohr von Schneider-der-andere-Weber
    anvisierte.
    Dann sträubten sich seine Haare. Bei einem Orang-Utan wirkt so etwas
    recht beeindruckend.
    Er sah zum Hügel hinter den tolpatschigen Gestalten auf der improvi-
    sierten Bühne. Ein leises Knurren entwich seiner Kehle.
    »Ugh?«
    Ponder stieß ihn an.
    »Sei stil «, hauchte er. »Die Burschen bekommen al mählich den Dreh
    raus…«
    Einer der Darsteller – er trug eine Strohperücke, die ihn als Frau er-
    scheinen lassen sol te – sagte etwas, und seine Stimme erzeugte eine Art
    Echo.
    »Wie hat sie das angestellt?« fragte Ponder Stibbons.
    »Ugh!«
    »Wie hat sie das nur fertiggebracht? Ich meine, sie trägt dickes Make-
    up und…«
    Ponder unterbrach sich und schwieg.
    Plötzlich fühlte sich der Bibliothekar sehr allein.
    Alle anderen

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