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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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den
    Korken tiefer in die Flasche und schüttelte sie energisch, damit sich das
    »Gute« darin ordentlich und gründlich verteilte.
    »Aber ich halte nichts davon, Wein aus Frauenstiefeln zu trinken«, fuhr
    Nanny fort. »Ich weiß natürlich, daß so etwas sehr beliebt ist. Aber ich
    frage mich immer wieder, warum es so toll sein soll, mit nassen Stiefeln
    nach Hause zu kommen. Hast du gar keinen Hunger? Wenn du den
    Knorpel da nicht möchtest… Ich esse ihn gern. Gibt’s noch mehr von
    den Hummer-Dingern? Habe noch nie in meinem Leben Hummer pro-
    biert. Und dann die Mayonnaise. Und die kleinen Eier mit Sachen drin.
    Übrigens: Die Brombeermarmelade schmeckte nach Fisch.«
    »Du meinst den Kaviar«, murmelte Casanunda.
    Er stützte das Kinn auf die Hand und beobachtete Nanny hingerissen.
    Überrascht stellte er fest, wieviel Spaß er hatte, obgleich er noch immer
    nicht in der Horizontalen weilte.
    Mit kulinarischen Ereignissen dieser Art kannte er sich natürlich aus.
    Es handelte sich um eine der wichtigsten Waffen im Arsenal des Verfüh-
    rers. Die Dame bekam jede Menge erlesenen Wein und viele leicht zu
    verdauende Köstlichkeiten. Über dem Tisch wurde häufiger Blickkontakt
    hergestellt, und darunter berührten sich immer wieder die Füße. Hinzu
    kam das demonstrative Verspeisen von Birnen, Bananen und so weiter.
    Auf diese Weise steuerte das Schiff der Versuchung langsam in den Ha-
    fen.
    Und dann gab es da Nanny Ogg.
    Nanny wußte erlesenen Wein auf ihre eigene Weise zu schätzen. Es
    wäre Casanunda nie in den Sinn gekommen, daß jemand Portwein nach
    Weißwein trinken konnte, nur weil die erste Flasche leer war.
    Was das Essen betraf… Nun, auch daran fand Nanny Gefal en. Casa-
    nunda hatte nie zuvor eine solche… Nahrungsaufnahme gesehen. Wenn
    man Nanny Ogg ein gutes Essen vorsetzte, so nahm sie es ohne Rück-
    sicht auf Verluste in Angriff. Zeuge zu werden, wie sie Hummer aß… Es
    war ein einzigartiges Erlebnis, an das der Zwerg noch in vielen Jahren

    zurückdenken würde. Die Kellner der Taverne mochten noch in einigen
    Wochen damit beschäftigt sein, Scherensplitter aus den Holzwänden zu
    ziehen.
    Und der Spargel… Nun, Casanunda konnte natürlich versuchen, die Er-
    innerungen an eine Spargel essende Nanny Ogg aus seinem Gedächtnis
    zu verbannen, aber er befürchtete, daß die sich immer wieder in sein
    Denken und Empfinden einschleichen würden.
    Er vermutete, daß es mit der Hexerei zusammenhing. Hexen drückten
    sich immer sehr klar aus, wenn es um ihre Wünsche ging. Wenn man
    steile Klippen erkletterte, reißende Ströme überquerte und auf Schiern
    über lange Gletscherflanken rutschte, um Gytha Ogg eine Schachtel Pra-
    linen zu bringen, so hatte sie bereits die mit Nougat gefüllten Exemplare
    aus der unteren Lage geholt, noch bevor man die Steigeisen ablegen
    konnte. Typisch.
    Womit auch immer sich eine Hexe beschäftigt, sie ist hundertprozentig
    bei der Sache.
    Hubba, hubba!
    »Willst du keine Garnelen mehr? Schieb den Teller einfach rüber.«
    Casanunda hatte versucht, ein wenig zu füßeln, um am Bal zu bleiben,
    gab diese Bemühungen jedoch auf, als Nannys schwerer, mit eisernen
    Beschlägen ausgestatteter Stiefel auf seine Fußknöchel herabschmetterte.
    Und dann der Geige spielende Zigeuner. Zuerst klagte Nanny darüber,
    daß eine Fiedel jammerte, während sie sich auf das Essen konzentrieren
    wol te. Aber zwischen zwei Gängen riß sie dem armen Mann das Ding
    aus der Hand, warf den Bogen in eine Schüssel mit Kamelien und
    stimmte die Geige so, daß sie wie ein Banjo klang. Im Anschluß daran
    sang sie aus vollem Hals drei Verse eines Lieds, dem sie aus Rücksicht
    auf Casanunda den ausländisch klingenden Titel gab: Il porcupino nil sodmy est..
    Dann trank sie noch mehr Wein.
    Es beeindruckte den Zwerg, daß sich Nanny Oggs Gesicht in eine
    Masse aus horizontalen Falten verwandelte, wenn sie lachte. Und Nanny
    Ogg lachte oft.

    Casanunda hockte in einer angenehmen, vom Wein geschaffenen
    Dunstglocke und bemerkte, daß er sich vergnügte.
    »Ich nehme an, es gibt keinen Herrn Ogg, oder?« fragte er nach einer
    Weile.
    »O doch, es gibt einen«, sagte Nanny. »Wir haben ihn vor Jahren be-
    graben. Es blieb uns nichts anderes übrig – immerhin war er tot.«
    »Es ist bestimmt schwer für eine Frau, ganz allein zu leben, nicht
    wahr?«
    »Eine schreckliche Sache, ja«, bestätigte Nanny Ogg, die nicht mehr
    gekocht oder Staub geputzt hatte, seit ihre älteste Tochter

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