Loreley - Basalt
einen Flur, wo sie für einen Moment ungestört reden konnten. »Die junge Frau kann nichts mitbekommen haben. Wir müssen sehen, ob noch jemand in der Belegschaft ist, der vor zwanzig Jahren schon hier gearbeitet hat.«
Jil hatte, während sie dem Kommissar zuhörte, ihren Kollegen interessiert betrachtet. Er wirkte sympathisch und Jil konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Dann aber besann sie sich wieder ihrer Aufgabe und sagte: »Wir haben doch einen Durchsuchungsbefehl mitgebracht. Ich möchte mir das Büro von Herrn Müller genauer ansehen.«
Die Kollegen Hansen und Hoffmann befragten unterdessen die Belegschaft. Schuster verlangte die Schlüssel für die Privatwohnung von Herrn Müller, die sich direkt neben der Fabrik befand. Er ging in die privaten Räume, während Jil sich das Büro des Ermordeten genauer ansah.
Sie blätterte diverse Unterlagen durch und hatte eigentlich wieder das Büro verlassen wollen, als ihr Blick auf ein Foto fiel. Auf Müllers Regalwand stand in einem silbernen Rahmen ein Bild von einer Frau.
»Entschuldigung. Können Sie mir sagen, wer diese Frau auf dem Foto ist?«, erkundigte Jil sich bei Müllers Sekretärin und erfuhr, dass die junge Frau Beil die Sekretärin von Dr. Wagner und mit Herrn Müller verlobt war. Jil zog die Augenbraue hoch, nahm das Foto samt Rahmen, bedankte sich für die Auskunft und ging zu Kommissar Schuster. »Schauen Sie mal«, raunte Jil ihm stolz zu und zeigte Schuster das Foto.
»Die Frau kenne ich, die arbeitet für Doktor Wagner«, erklärte Schuster. Jil berichtete, was sie soeben von der Sekretärin erfahren hatte.
»Wir müssen mit der jungen Frau sprechen«, entschied Schuster.
»Könnten Sie das übernehmen? Ich möchte noch mit Winfried Weinand sprechen«, bat Jil ihren Kollegen.
Dann gingen die beiden wieder zu ihren Fahrzeugen, wo sie auch auf Hansen und Hoffmann trafen.
»Von der alten Belegschaft ist niemand mehr da. Zwei sind verstorben. Nur ein Erwin Kras lebt noch. Er wohnt in Braubach. Man hat mir seine Telefonnummer gegeben«, berichtete Hoffmann.
»Geben Sie her, Braubach liegt auf unserem Weg, dann werden Hansen und ich den Mann anschließend aufsuchen«, freute sich die Kommissarin.
»Brauchen Sie mich noch?«
Jil drehte sich um und bemerkte, dass sie Bürgermeister Karbach vergessen hatte. »Entschuldigen Sie. Wir waren ganz in unsere Ermittlungen vertieft. Nein, danke, im Augenblick habe ich keine Fragen an Sie.«
Auf dem Rückweg wählte Jil die Nummer des ehemaligen Mitarbeiters, Erwin Kras. Von der Ehefrau erfuhr die Kommissarin, dass ihr Mann im Krankenhaus lag. »Was fehlt Ihrem Mann?«, erkundigte Jil sich.
»Er ist ausgerutscht und hat sich sein linkes Bein gebrochen. Jetzt liegt er in Lahnstein im Krankenhaus«, teilte Frau Kras aufgeregt mit. Jil bedankte sich für die Auskunft und beendete das Gespräch.
»Dann fahren wir zuerst ins Krankenhaus?«, fragte Hansen, der das Gespräch über die Freisprechanlage verfolgt hatte. Jil nickte und blickte aus dem Fenster. Der Bürgermeister von Kamp-Bornhofen hatte nur Positives über den Ermordeten berichtet und schien entsetzt bei dem Gedanken, dass Fred Müller etwas mit den angeblich verschwundenen Giftfässern zu tun haben sollte. Vielleicht hatte der Ermordete wirklich nichts mit der ganzen Sache zu tun, überlegte Jil.
»Schuster und Hoffmann wollen nach Rüdesheim zu der Sekretärin fahren und anschließend Frau Wagner aufsuchen«, versuchte Hansen nach einer Weile ein Gespräch anzufangen.
»Ach, den Mädchennamen von Frau Wagner hätte ich gerne gewusst und wo sie lebt und arbeitet. Könnten Sie, während ich im Krankenhaus bin, dies für mich herausbekommen?«, Jils Stimme klang müde. Hansen versprach, sich darum zu kümmern.
In Braubach fiel Jil wieder die Marksburg ins Auge. In einem Buch hatte sie gelesen, dass die Marksburg die einzige nie zerstörte Höhenburg am Mittelrhein ist. Gerade wollte sie Hansen fragen, ob er wusste, wann die Burg erbaut wurde, da klingelte ihr Handy.
»Jil Augustin.«
»Hier Manfred. Ich war in Rüdesheim …«
Weiter kam er nicht. Die Kommissarin fragte nämlich verwundert: »Du warst in Rüdesheim? Etwa in der Kanzlei des Ermordeten?«
Kurzes, irritiertes Schweigen, dann hörte sie wieder die Stimme von Luck. »Als ich das letzte Mal dort war, hatte ich meine Sonnenbrille vergessen. Irgendetwas stimmt mit dieser Sekretärin nicht. Ich weiß nicht, warum Doktor Wagner diese Frau eingestellt hat. Was ihre
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