Loreley - Basalt
Luck nie getraut«, raunte Hansen.
Jil sah ihn eindringlich an und bat ihn, Manfred Luck zuerst sprechen zu wollen. Hansen war einverstanden, wenngleich er nicht von der Idee begeistert war, diesen Mann mit Samthandschuhen anzufassen.
Während Jil noch mit Hansen über den Fall diskutierte, wurde im Flur eine Stimme laut. »Ich muss aber die Kommissarin sprechen!«
Jil hatte die Stimme sofort erkannt und blickte Hansen an.
»Soll ich das für Sie übernehmen?«, erkundigte er sich.
Jil schüttelte ihren Kopf und öffnete die Bürotür.
»Was ist denn hier los?«, rief sie bewusst mit fester Stimme.
»Hallo Jil, schön dich zu sehen«, säuselte Manfred Luck.
Jil wollte kein weiteres Aufsehen vor den Kollegen und nahm den Journalisten mit in ihr Büro. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, kam sie direkt zum Thema.
»Du bist auf der Suche nach Neuigkeiten? Fehlt dir noch etwas Passendes zu dem Mordfall für die morgige Ausgabe? Oder gibt es etwas, was du mir zu erzählen hast? Etwas, das mit dem Mord zu tun hat?«
»Ich würde gerne wieder einmal mit dir essen gehen. Vielleicht heute Abend?« Manfred sah sie erwartungsvoll an.
Jil, die gerade erst auf ihrem Stuhl Platz genommen hatte, schoss in die Höhe. »Du hast Probleme, mein Lieber!«
Bereits an Jils Tonfall bemerkte der Journalist, dass es um etwas Wichtiges ging. Er sah Jil schweigend und erwartungsvoll an.
Die Kommissarin atmete tief durch, dann fragte sie Manfred Luck, ob er einen Dr. Anton Wagner aus Rüdesheim kenne.
»Ich habe mich mit diesem Mann letzte Woche getroffen«, gab Luck, erstaunt über die Frage, zu. Dann wollte er wissen, warum sich Jil nach diesem Dr. Wagner erkundigte.
Jil setzte sich wieder auf ihren Stuhl. »Doktor Wagner ist ermordet worden. Touristen haben ihn erschossen am Loreleyfelsen oberhalb von Sankt Goarshausen gefunden.«
»Doktor Wagner ist erschossen worden?«, stotterte Luck fassungslos.
»Und in seinem Terminkalender stand am Abend seiner Ermordung dein Kürzel«, fuhr Jil fort.
Jil sah Manfred Luck, während sie ihm alles erzählte, ständig fest in die Augen. Er machte aber nicht den Eindruck etwas vom Tod Dr. Wagners gewusst zu haben. Für einen Moment überlegte Jil, ob sie sich nicht sogar wünschte, dass Manfred Luck unschuldig war.
Ihre Gedanken wurden von Hansen unterbrochen, der in ihr Büro kam und ihr eine Mail reichte. »So wird die Zeitung morgen den Text unter dem Foto des Ermordeten abdrucken.« Den Journalisten beachtete er nicht.
Jil warf einen schnellen Blick auf die Mail und nickte. Dann verließ Hansen wieder ihr Büro.
»Wer ist der Tote aus dem Basaltpark?«, wollte Luck wissen.
Jil hielt ihm ein Foto des Ermordeten hin und gab zu, noch nichts über die Identität des Mannes zu wissen. »Wir haben aber Grund zu der Annahme, dass die beiden Morde im Zusammenhang stehen.«
»Ich kenne diesen Mann«, stieß Luck entsetzt aus, als er das Bild sah und sprang von seinem Stuhl auf. Völlig irritiert lief er im Büro der Kommissarin auf und ab. Jil beobachtete ihn eine Weile, dann forderte sie den Journalisten auf, alles zu erzählen, was er wusste.
Stockend kamen die Worte aus Lucks Mund: »Es ist ein Fabrikant. Sein Name ist Fred Müller und er lebt in Kamp-Bornhofen am Rhein. Der Ort liegt …«
Die Kommissarin fiel ihm ins Wort. »Ich weiß, wo dieser Ort liegt. Wieso kanntest du diesen Fred Müller überhaupt?«
Manfred Luck bat um ein Glas Wasser. Jil sah, dass er sich nicht wohlfühlte. Sie ging aus ihrem Büro und kam nach kurzer Zeit mit einer Flasche Mineralwasser und einem Glas zurück.
Nachdem Luck einen Schluck getrunken hatte, erzählte er weiter. »Fred Müller wurde von einem Anwalt aus Rüdesheim vertreten. Genauer gesagt von diesem ermordeten Doktor Anton Wagner.« Erneut machte Luck eine Pause und nahm einen Schluck Wasser.
Jil nutzte diese Pause, um einen Blick in ihre Unterlagen zu werfen. Tatsächlich fand sie, wonach sie gesucht hatte. Kommissar Schuster aus St. Goarshausen hatte ihr berichtet, dass im Terminkalender von Dr. Wagner auch der Name Fred Müller aufgetaucht war und zwar genau vor den Einträgen, die für Manfred Luck im Kalender gefunden wurden. Jil stieß einen leisen Pfiff aus und sah Manfred Luck prüfend in die Augen.
»Ich sage die Wahrheit«, versicherte Luck.
»Ja, das glaube ich dir. Dieser Fabrikant Fred Müller, wie hast du ihn kennengelernt?«
»Am letzten Dienstag war ich das erste Mal in der Kanzlei seines Anwalts.
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