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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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stille
Örtchen«, sagte er. »Und?«
    »Und die Garderobe «,
sagte sie und zeigte triumphierend auf die Kleiderhaken an der Wand. »Ein
Wortspiel! Ein Spiel mit Bedeutungen! Wenn sie in Edinburgh ihre Nachttöpfe aus
den Fenstern leeren, rufen sie vorher immer 'gardyloo': eine Verballhornung von garde l’eau – Achtung, Wasser. Eine Warnung, verstehst du? Immer schön
nach unten schauen.«
    Es war eng im Klosett und dunkel. Das
Abortloch ließ sich leicht mit einem Brett abdecken, und die Kerze, die Lisle
mitgenommen hatte, schien hell in dem kleinen, schmalen Raum. Die Wände
schmückten Initialen, Kritzeleien und schlüpfrige Reime, die im Laufe der
Jahrhunderte in die Mauersteine geritzt worden waren.
    Lisle
zwängte sich neben Olivias ausladende Röcke. Ihre Ellenbogen stießen
aneinander, als er die Kerze langsam hob und senkte, um jeden einzelnen Stein
zu begutachten.
    Obwohl sie
die Tür weit offen gelassen hatten, damit so viel Licht wie möglich
hereinfiele, war das Klosett doch nicht für zwei gemacht. Es begann stickig und
warm zu werden,
geradezu beklemmend. Ihr Haar kitzelte ihm unter der Nase, und der Hauch eines
Duftes, der ihren Kleidern entstieg, hüllte ihn ein.
    »Wir
sollten zusehen, dass wir rasch etwas finden«, sagte er. »Das wird hier langsam ...
langsam ...«
    »Ich weiß«,
sagte sie. »Ist es in den Grabkammern auch so?«
    »Ich war
noch nie mit dir in einer Grabkammer«, erwiderte er und neigte sich ihr zu, bis
ihre störrischen Locken seine Schläfen berührten.
    »Pass mit
der Kerze auf«, wies sie ihn zurecht, und schon spürte er heißes Wachs auf
seine Hand tropfen. Hastig hielt er die Kerze wieder gerade, und just in diesem
Augenblick fiel ihr Schein auf einen sauber eingefugten Stein. Zu beiden Seiten
hatte jemand ein kleines Kreuz in den Mörtel geritzt.
    »Schau
mal«, sagte sie. »Ist das nicht ...?«
    »Ja.« Er
hielt die Kerze näher an die Wand. »Das ist es.«
    »Oh mein
Gott.« Sie packte seinen Arm. »Ich kann es kaum fassen. Und es sieht richtig
alt aus, oder?«
    »Es ist
alt«, bestätigte er. »Und die Kreuze sind in den Mörtel geritzt, nicht ins
Mauerwerk. Sie müssen ebenso alt sein wie die Ausfugung.«
    Das Herz
klopfte ihm bis zum Hals. Es musste nichts weiter bedeuten. Vielleicht war auch
das nur einer der Scherze seines Cousins. Die Kreuze schienen alt zu sein, doch
ließ sich schwer sagen, wie alt. Zehn Jahre, zwanzig Jahre, hundert Jahre?
    »O Lisle«,
sagte sie. »Wir haben es gefunden.« Sie drehte sich zu ihm um. »Es ist mir ganz
gleich, was es ist. Wir haben danach gesucht und es gefunden.«
    Ihm war es
auch ziemlich gleich, was es war.
    Er stellte
die Kerze am äußersten Rand des Aborts ab, dann schlang er seine Arme um Olivia
und hob sie hoch, bis sie sich von Angesicht zu Angesicht in die Augen blicken
konnten. »Du verrücktes Mädchen«, sagte er. »Du verrücktes, schlaues Mädchen.«
    Sie schlang
ihre Arme um seinen Hals. »Danke«, sagte sie. »Danke. Wenn wir sonst nichts
finden, danke ich dir allein dafür.«
    Er küsste
sie. Dafür hatte er sie schließlich hochgehoben. Sie erwiderte seinen Kuss. Ein
einziger Kuss, lang und leidenschaftlich, als würde sich eine solche Gelegenheit
nie wieder finden.
    Dann ließ
er sie langsam wieder herab. Er griff nach der Kerze und tat, was er immer tat.
Begutachten. Abwägen. Entscheiden. Prüfend betrachtete er den Mörtel. Erwog die
Alternativen. Fand zu einem Entschluss.
    »Wir
brauchen Meißel«, sagte er.
    Es
dauerte ewig.
Olivia hätte am liebsten gleich die Spitzhacke genommen, aber wie Lisle ganz
richtig erkannt hatte, war das Klosett viel zu eng, um damit richtig ausholen
zu können.
    Weshalb sie
das Mauerwerk mit Hammer und Meißel bearbeiteten. Das Beste daran war noch,
dass sie so dicht beieinanderstanden, dass sie sich bei der Arbeit immer wieder wie
zufällig berührten.
    Stück für
Stück schlugen sie den Mörtel heraus, bis sie den fraglichen Stein gelockert
hatten.
    »Der Mörtel
war längst nicht so hart, wie ich vermutet hatte«, meinte er. »Ich hätte
gedacht, wir würden Stunden damit zubringen.« Er ruckelte an dem Stein. »Der
scheint auch längst nicht so schwer, wie er aussieht. Sollen wir versuchen, ihn
zusammen herauszubekommen, oder willst du nach ein paar Dienern schicken?«
    »Das
fragst du?«, lachte sie. »Nachdem wir so viel Zeit auf diesen tückischen Zettel
und diese verschwiegenen Wände verwandt haben, soll ich den Augenblick des
Triumphs den Dienstboten

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