Loretta Chase
bist
besoffen.«
»Längst
nicht so besoffen wie du, und Augen hab ich auch noch im Kopf!«
Lisle gab
es endgültig auf, warf das Kissen beiseite und lauschte – wie wahrscheinlich alle
entlang des Flurs, ob sie nun wollten oder nicht.
»Du widerst
mich an!«, kreischte die Frau. »Was hast du da hinter dem Wagen getrieben?«
»Gepisst,
du blöde Kuh!«
»Ich bin
nicht blöd, und blind bin ich auch nicht. Ich habe euch doch gesehen, draußen im
Hof.«
»Nix hast
du gesehen. Verdammt noch mal, Elspeth, jetzt bleib gefälligst stehen.«
»So ist’s
recht, Elspeth«, murmelte Lisle. »Scheuch ihn nur ordentlich auf.«
»Du hast
mir gar nix zu sagen!«, schrie die Frau. »Fieses verlogenes Schwein, du!«
»Komm
sofort zurück!«
Noch ein
Schrei. »Nimm deine Pfoten von mir!«
»Du bist
mein Weib, verdammt noch mal!«
»Ach ja?
Warum betrügst du mich dann? Ich hasse dich! Hätte ich nur auf Papa gehört!«
Dann
klopfte es an der Tür.
»Sir?«
Lisle
setzte sich auf. Ein schmaler Schatten in der Gestalt von Nichols schob sich
aus dem
angrenzenden Alkoven. »Soll ich mal nachsehen gehen?«, fragte der Kammerdiener
leise.
»Um Gottes
willen«, sagte Lisle. »Aus einem Ehezwist hält man sich besser raus. Man kann nie
wissen ...«
»Lass mich
los oder ich schreie!«
Wieder
klopfte es, doch diesmal nebenan.
»Sir?«,
sagte Nichols.
»Untersteh
dich«, sagte Lisle.
»Ich hasse
dich!«, kreischte die Frau.
»Elspeth,
jetzt reicht es mir aber!«
»Mir reicht
es schon lange!«
»Willst du,
dass ich dich zurück aufs Zimmer schleife?«
»Wie der
Wilde, der du bist?« Spöttisches Gelächter.
Abermals
wurde geklopft, diesmal einige Türen weiter.
»Hör auf
damit, blödes Weibsstück. Um diese Zeit macht sowieso niemand wildfremden
Leuten die Tür ...«
Auf einmal
Stille.
Dann eine
weitere Stimme. Obwohl Lisle kein Wort verstehen konnte, hatte er doch keine Mühe,
die Stimme zu erkennen: Olivia.
»Die Pest
soll sie holen«, fluchte er, warf die Bettdecke beiseite und eilte zur Tür.
Kapitel 7
Laut schluchzend warf die Frau sich Olivia
entgegen, die, ohne nachzudenken, die Arme nach ihr ausstreckte und sie mit
sich ins Zimmer zog.
Dort
reichte sie den nächtlichen Besuch an Bailey weiter.
»Moment
mal!«, rief der Mann. »Das ist meine Frau.«
Mit einem
müden Seufzer trat Olivia wieder an die Tür. Einem handfesten Streit war sie
selten abgeneigt, aber Ehezwistigkeiten waren meist unschön. Aus Erfahrung
wusste sie, dass die Frau meist im Recht und immer im Nachteil war. So
funktionierte die Ehe nämlich: Alle Macht gehörte dem Mann.
Was indes
nicht hieß, dass eine Frau sich nicht ausnehmend dumm anstellen konnte. Und
das, so schien ihr, dürfte hier der Fall sein. Andererseits konnte man eine
Unschuld in Nöten auch nicht einfach im Stich lassen.
Was waren
ihr Ehestreitigkeiten doch zuwider!
Sie bannte
den Mann mit einem betörenden Lächeln. Er wich einen Schritt zurück. »Ihre Frau
scheint völlig außer sich zu sein«, stellte sie fest.
»Bescheuert
trifft’s besser«, erwiderte er. »Sie hat gesagt ...«
»Ich habe
es gehört«, unterbrach sie ihn. »Wahrscheinlich hat die ganze Grafschaft es
gehört. Wissen Sie was? Sie hätten die Sache ruhig etwas schlauer angehen
sollen. Wenn ich Sie wäre, würde ich mich jetzt ganz still zurückziehen und mir
einen besseren Plan ausdenken. Ausnüchtern wäre ein guter Anfang.«
»Ich bin
nicht betrunken«, schnaubte er. »Und von Weibern lass ich mir gleich gar nix
sagen.«
»Sie zeigen
sich wirklich nicht von Ihrer besten Seite«, meinte sie munter.
»Mir doch
egal! Los, rücken Sie meine Frau raus!«
Drohend
baute er sich vor Olivia auf.
Wenngleich
er nicht groß war, so war er doch kräftig und kompakt, mit Armen wie ein
Hufschmied. Es wäre ihm ein Leichtes, sich Olivia zu packen und sie
beiseitezustoßen. Je nachdem, wie betrunken er war, würde er es
vielleicht sogar tun.
Sie richtete
sich zu ihrer vollen Größe auf, verschränkte die Arme vor der Brust und
verdrängte den Gedanken, dass sie nur ihr Nachthemd trug. So auf die Schnelle
hatte Bailey in der Dunkelheit ihren Morgenmantel nicht finden können, und
Olivia war natürlich viel zu ungeduldig gewesen, darauf zu warten, ehe sie die
Tür aufgemacht hatte.
Also
stellte sie sich vor, als wäre sie nicht nur vollständig bekleidet, sondern
auch bis an die Zähne bewaffnet. »Nun seien Sie doch vernünftig«, sagte sie.
»Ich kann sie Ihnen nicht ruhigen Gewissens zurückgeben,
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