Loretta Chase
wonach. Es
war kein rein animalischer Trieb, was einfach und offensichtlich gewesen wäre.
Aber einen solchen hätte er erkannt. Das hier war ihm gänzlich unvertraut.
Nur eines
wusste er: Er wollte mehr davon.
Nur wovon?
Er ließ
seine Hände an ihren Schultern und Armen hinabgleiten. Dann zog er sie an sich, noch
immer auf der Suche nach dem mysteriösen Mehr , und vertiefte den Kuss.
Sie gab ihm nach, wie der Wüstensand unter seinen Schritten nachgab, sank
dahin, derweil sie einander immer tiefer zogen. Furchtlos war sie, forderte ihn
heraus, wie sie es schon immer getan hatte, erwiderte sein suchendes Drängen.
Auch sie
wusste nicht, wonach sie suchte. Er spürte, dass dies für sie ebenfalls
unbekanntes Territorium war. Obwohl beide keineswegs unschuldig, betraten sie
hier doch beide Neuland.
Und die
Mauern, die sie hochgezogen hatten, um ihre Freundschaft zu bewahren, begannen
zu bröckeln, wurden zu Sand, der leicht fortwehte.
Er packte
ihren Hintern und zog sie an sich. Sie rieb sich an ihm, unerträglich
aufreizend. Rastlos ließ er seine Hände über ihre Brüste wandern, doch überall
waren ihm Kleider im Weg, und das nicht zu knapp. Es war zum Verrücktwerden. Er
raffte ihre Röcke, zog sie hoch und höher, doch es wollte gar kein Ende nehmen
– ellenlang nur Röcke und Unterröcke und was nicht noch alles. Er zog und zog,
und der Stoff raschelte so laut, dass man es gewiss bis in die Halle hören
musste. Als würden ihre Röcken sich ihm widersetzen wollen.
Sie selbst
hingegen widersetzte sich nicht. Stumm drängte sie ihn weiter, lockte und verlangte,
bewegte sich an ihm und nahm nicht einen Moment den Mund von seinem. Ihre
Zungen, die eben noch miteinander gespielt und sich geneckt hatten, begannen
ein Stoßen und Stechen, wie ein Vorspiel der Vereinigung.
Dann
endlich hatte er sich durch die Fülle ihrer Röcke gewühlt, und seine Finger
streiften den Saum ihrer Strümpfe, seine Fingerspitzen ertasteten Haut,
samtweiche Frauenhaut. Er ließ seine Finger weiter aufwärts wandern, zwischen
ihre Beine, wo es noch wärmer und weicher wurde. Sie keuchte auf, und er schrak
zusammen wie ein dummer Junge, den man bei einer Missetat erwischt hatte.
Dann fuhr
sie mit der Hand über seine Hosenfront.
Nun war er
es, dem der Atem stockte. Im selben Augenblick wurde er indes eines Höllenlärms
gewahr. Metall schepperte auf Metall, laut und gar nicht fern. Ziemlich nah
sogar.
Die Küche.
Aillier, der sein Temperament an den Töpfen ausließ.
Hätte einer
der Töpfe Lisle am Kopf getroffen, wäre die Wirkung durchschlagender gewesen,
doch auch so war sie hinreichend. Es genügte, ihn zurück in die Welt zu holen,
in den Küchenkorridor, und sich bewusst zu machen, was er hier eigentlich tat.
Sein Verstand – zumindest ein Teil davon – nahm seine Arbeit wieder auf. Lisle
riss sich von ihr los, straffte die Schultern und wich ein wenig zurück.
Sie sah ihn
an, den Kopf an die Wand gelehnt, die Augen groß und dunkel, die Finger noch
immer an seiner sich spannenden Hosenfront.
Jäh zog sie
ihre Hand zurück.
Mit leisem
Bedauern sah er an sich hinab, blickte töricht dorthin, wo eben noch ihre Hand
gewesen war. Dann ließ er von ihren Röcken ab, die sich mit lautem Geraschel
wieder um ihre Hüften und Beine legten.
»Lisle«,
sagte sie.
»Das war
nicht meine Absicht«, sagte er mit schwerer Stimme. Idiot. »Ich wollte
eigentlich nur ...« Ja, was? Da musste er erstmal nachdenken.
Vielleicht
wäre es hilfreich, den Kopf kräftig gegen die Wand zu schlagen.
»Was du da
drinnen gemacht hast«, begann er. »Das war brillant. Aber ... mein Gott.« Sie
trat beiseite und strich über ihre Röcke. Ihre Kleider waren herrlich
derangiert. Köstlich. Schrecklich. Was hatte er nur getan?
»Es war der
Übermut des Augenblicks«, sagte sie. »Wir haben uns hinreißen lassen. Wir waren
aufgewühlt, weil wir eben so knapp dem Tode entronnen sind. Das ist ganz
natürlich.«
»Natürlich«,
murmelte er. »Natürlich. Die 'Ich-weiß-nicht-was-in-mich-gefahren-ist'-
Entschuldigung. Die ist gut. Doch, das sollte genügen.«
Er
schien am Boden
zerstört.
Olivia
wusste auch warum. Schließlich war er nicht wie sie. Er hatte Prinzipien. Er
platzte schier vor Pflichtbewusstsein, Ehrgefühl und Loyalität – all die
erstrebenswerten Eigenschaften, die ihr Stiefvater ihn gelehrt hatte.
Oh ja, das
wusste sie wohl.
Sie
hingegen ... sie brauchte keine Prinzipien, gegen die zu verstoßen ihre Welt
auf den Kopf gestellt
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