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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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»Von mir – mir, Aillier! – zu erwarten, dass ich an einem solchen
Ort koche! Es grenzt an Folter!«, brüllte er, wenngleich nicht mehr mit gar so
viel Überzeugung wie zuvor. »Es ist grausam, einem Künstler so etwas – diese Höhle – zuzumuten. Das werde ich mir nicht bieten lassen.«
    Sehr
bedächtig ließ Olivia ihren Blick durch die Küche schweifen.
    Die Küche
erstreckte sich über das gesamte Sockelgeschoss des Nordflügels. Selbst wenn
man die Dicke der Wände und die Größe der Herdstelle abzog, blieb immer noch
beachtlich viel Platz. Zugegeben: Vor einem der drei großen Fenster hatte man
den Ofen eingebaut. Dennoch war es hier selbst an regnerischen Tagen – also
eigentlich immer – heller als in den meisten anderen Küchen, die Lisle so zu
Gesicht bekommen hatte. In vielen englischen Herrenhäusern hatte man die
Küchenräume gar unter die Erde verbannt. Das war auf Gorewood Castle dem
Burgverlies vorbehalten.
    »Ich finde
es ehrlich gesagt ziemlich beeindruckend«, bemerkte er.
    Niemand
schenkte ihm Beachtung.
    »Wir
foltern hier niemanden«, ließ Olivia Aillier wissen. »Folter muss warten, bis
das Burgverlies wieder instand gesetzt ist. Zugegeben, wir arbeiten unter ein
wenig erschwerten Bedingungen. Aber das ist keine Folter, sondern eine
Herausforderung. Ein guter Koch sollte überall kochen können. Gewiss erinnern
Sie sich an die Aufgabe, die Talleyrand dem Meisterkoch Carême gestellt hat?
Ein Jahr lang sollte er ihn bekochen und keine einzige Mahlzeit dürfe sich
wiederholen, zudem sollten nur Zutaten verwendet werden, die Saison hatten und
von den eigenen Ländereien stammten. Das nenne ich eine Herausforderung.
Aber wenn Sie sich Ihrer Arbeit nicht gewachsen fühlen ... Nun, da kann man
wohl nichts machen. Wenn Sie hier überfordert sind ...«
    »Ich? Überfordert? «
    »Bitte
bedenke, dass der Bursche noch immer das Hackebeil in der Hand hat«, raunte
Lisle ihr zu.
    »Wenn Sie
das Handtuch werfen wollen, Monsieur Aillier«, fuhr sie unbeeindruckt fort,
»dann tun Sie es einfach und machen hier nicht so ein Theater. Eine der Frauen
aus dem Dorf kann uns verköstigen, bis ich einen richtigen Koch aus London habe
schicken lassen. Diesmal vielleicht einen Italiener. Es heißt, sie seien absolut
furchtlos und nicht so leicht unterzukriegen.«
    Nachdem sie
diese Breitseite abgefeuert hatte, drehte sie sich um und rauschte wieder
hinaus, die Contenance in Person.
    Lisle
rührte sich nicht. Einen Moment lang stand er einfach nur da und starrte ihr
hinterher. Dann sah er Aillier an, der gleichfalls starrte, mit offenem Mund,
das Gesicht von unschön rotvioletter Farbe.
    Lisle
machte sich auf alles gefasst. Doch statt eines neuen Tobsuchtsanfalls, ließ
der Koch das Hackebeil langsam sinken.
    Vorsichtig
wich Lisle in den Korridor zurück. Zwar flogen keine Messer, aber die
plötzliche Stille in der Küche war fast noch unheimlicher.
    Doch dann
war auf einmal wieder Ailliers Stimme zu vernehmen: leise brummelnde
Verwünschungen italienischer Köche und ungenießbarer Soßen. Es folgte lautes
Geschepper von Töpfen und Pfannen.
    Lisle war
schon fast wieder bei der Tür zum großen Saal angelangt, wo Olivia auf ihn
wartete, als es ihn auf einmal überkam. Er sah es noch einmal vor sich, sehr
lebhaft und anschaulich: der bullige Aillier, wie er das Hackebeil schwang,
Olivia, die neben seiner Leibesfülle fast verschwand, mit ihren bauschigen
Ärmeln und den ausladenden Röcken, die Haare zu albernen Korkenzieherlocken
gedreht. Olivia, wie sie das Kinn reckte und den Koloss von Koch auf
Normalgröße zurechtstutzte. Der Ausdruck auf Ailliers Gesicht. Und der auf
Olivias erst.
    Mein Gott. Mein
Gott . Olivia.
    Olivia erstarrte, als sie den Laut hörte.
Als würde jemand erdrosselt, dachte sie zuerst. Aillier. War er hinaus auf den
Korridor gesprungen? Hatte er Lisle an der Gurgel? Mit wild galoppierendem
Herzen fuhr sie herum.
    Doch was
sie im Dämmerlicht des Korridors sah, war Lisle, wie er an der Wand lehnte,
sich krümmte und sich den Bauch hielt ...
    Lachend.
    Sie marschierte
zu ihm. »Doch nicht hier, du Idiot«, zischte sie. »Er kann dich hören.«
    Aillier
führte zwar noch immer Selbstgespräche, schlug Pfannen und Töpfe zusammen,
aber sie standen nur ein paar Schritte von der Küche entfernt.
    Lisle sah
sie an, presste die Lippen zusammen – und platzte abermals heraus.
    Sie packte
ihn beim Arm und zerrte ihn zur Tür. Zunächst folgte er ihr, doch dann ließ er sich
wieder an die

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