Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
alles.« Dann drückte sie Prudence’ Hand. »Benimm dich und amüsiere dich.«
Im Gehen warf Prudence mit einem Kichern über die Schulter zurück: »Was denn? Beides geht nicht!«
Millicent betete jeden Abend aus ganzem Herzen für Robert, denn Prinzessin Clarice hatte ihn mehr verändert, als Millicent zu hoffen gewagt hatte. Robert war wieder er selbst, der gewandte, gesellige freundliche Mensch, und nicht mehr der Mann, bei dem ihr die Tränen kamen, wenn sie in seine leblosen Augen sah.
Diese Verwandlung konnte sich Millicent auf ihre Fahnen schreiben. Sie hatte Prinzessin Clarice gedrängt, bei ihnen zu wohnen. Sie hatte die beiden so oft wie möglich zusammengebracht. Sie hatte alles getan, was in ihrer Macht stand, um eine romantische Atmosphäre zu schaffen, und sie war stolz auf sich. Das Wissen, dass sie zumindest dies erfolgreich bewerkstelligt hatte, verlieh ihr Mut. Sie mischte sich unter die Gäste, um mit ihnen zu plaudern. »Lady Mercer, wie elegant Ihr ausseht. Sind das die berühmten Perlen, von denen ich soviel gehört habe?«
Lady Mercer lachte bellend, wie nur eine alte Matrone es vermochte. »Verdammt, junge Lady, ich habe nicht mehr geglaubt, dass ich diesen Tag noch mal erleben würde, aber Ihr habt es geschafft. Ihr habt es tatsächlich fertig gebracht und pfeift auf Euren Vater, was?«
Bevor Millicent auch nur an eine Antwort denken konnte, kniff Lady Mercer ihr freundlich in die Wangen, und marschierte dann, schwer auf ihre Krücke gestützt, in die Ecke zu den anderen Matronen.
Lächeln, dachte Millicent. Lächle und geh zum nächsten Gast.
Doch sie kam nicht weit. Mr. Gaskell fing sie ab. Er war kaum älter als Prudence, stammte aus einer sehr guten Familie und hatte ein gewaltiges Vermögen zu erwarten. Seine Brautwahl war bereits ein lebhaft diskutiertes Thema unter den Debütantinnen. Im Moment jedoch waren seine großen braunen Augen auf Millicent gerichtet, und er sah sie auf eine Art und Weise an, die sie noch nie zuvor erlebt hatte. Sein Blick wirkte fast... anbetend. Er verbeugte sich förmlich und etwas steif. »Darf ich Euch um die nächste Quadrille bitten?«, fragte er nervös.
»Ihr wollt mit mir...? Ich meine... Ja natürlich, ich wäre
entzückt.« Sie spürte einen kleinen Anflug von schlechtem Gewissen, denn sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie wütend die Debütantinnen auf sie sein würden. Aber damit konnte sie leben.
Mr. Gaskell verbeugte sich erneut mit steifem Oberkörper und trat zurück. Sein Blick war dabei jedoch nicht auf ihr Gesicht, sondern auf ihre Brüste geheftet. Meine Güte, sie waren doch nicht über Nacht angeschwollen, oder? Und das Kleid war doch auch nicht so weit ausgeschnitten, nein? Sie war versucht hinzusehen, widerstand dem Impuls aber gerade noch.
Verlegen beschloss sie, in die Küche zu gehen und sich davon zu überzeugen, dass die Köchin das Dinner pünktlich um Mitternacht fertig haben würde. Unterwegs konnte sie ein Gazetuch in den Ausschnitt stecken. Aber als sie sich umdrehte, hätte sie ihre Nase fast in einen gestärkten weißen Kragen und eine perfekt gebundene Krawatte gegraben.
Der Earl von Tardew stand vor ihr, Corey MacGown. Hochgewachsen, strohblond, blauäugig, mit einer perfekten Figur, die von seiner perfekt geschnittenen, grünen Hose und seinem perfekt geschneiderten, grünblau gestreiften Jackett betont wurde. Als Millicent ihren Blick hob, bemerkte sie, dass er sie anstarrte, als hätte er sie in seinem ganzen Leben noch nie gesehen.
Ihr Lächeln erlosch, ihre Lippen zitterten, und sie hörte ein Kichern neben sich. Sie wurden beobachtet, und offenbar nicht nur von wohlgesonnenen Gästen. Rasch hob sie ihr Kinn, und ihr Lächeln erstrahlte. »Corey«, sagte sie gefasst, »wie schön, Euch zu sehen. Ach du liebe Zeit, ich bitte um Verzeihung, ich sollte Euch natürlich Lord Tardew nennen, aber wir sind schon so lange befreundet, dass ich es vollkommen vergessen habe.«
»Befreundet?«, fragte er verständnislos. »Ich kenne Euch?«
Seine Unwissenheit schockierte sie. Hatte er sie denn nie wirklich angesehen? »Lady Millicent MacKenzie, zu Euren Diensten.« Sie deutete einen eleganten Hofknicks an. »Erinnert Ihr Euch jetzt an mich?«
»Lady Millicent!« Er legte in echter Überraschung seine Hand auf die Brust. »Nein, Ihr wart... Ich meine, ich erkenne Euch kaum..., soll heißen, Ihr seht heute wahrlich hinrei ßend aus!«
»Danke.« Robert hatte sie gebeten, Corey zu beschäftigen, dabei hätte
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