Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
dachte, du wärst gut im Faustkampf?«, meinte Millicent.
»Das auch.« Er wünschte sich dennoch, dass Waldemar bei ihm wäre. Jemanden aus dem Gefängnis zu befreien war eigentlich eine Aufgabe für zwei Männer. Aber Robert würde es diesmal allein tun müssen, oder er würde bei dem Versuch
sterben. Doch das war nicht akzeptabel, denn wenn er sein Leben verlor, würde Clarice hängen. Er sah sich um. »Ist noch etwas von dem Feuerwerk da?«
»Ja.« Millicent ging zur Tür und befahl einem wartenden Lakaien, das Feuerwerk zu den Stallungen zu bringen.
»Warum?«, wollte Prudence wissen.
Robert schaute seine kleine Schwester an. Ihr Gesicht war ganz weiß, sie biss sich auf die Lippen, und ihre Augen waren viel zu groß in ihrem verängstigten Gesicht. »Vielleicht kann ich ein bisschen Feuerwerk gut gebrauchen.« Er fuhr ihr mit den Knöcheln über die Wange. »Mach dir keine Sorgen.«
Prudence drehte sich schluchzend um und lief weg.
Der Ring.
Er nahm ihn und stopfte ihn ganz unten in die Satteltasche. Er würde ihn Clarice noch heute geben, nachdem er sie gerettet hatte. Denn er würde sie retten. Er war zwar nicht sicher, wie sie auf seinen Antrag reagieren würde, aber ein Mädchen, das gerade vor dem Tod errettet worden war, zeigte sich ihrem Retter gegenüber gewiss dankbar. Allerdings wollte er keine Dankbarkeit von Clarice, er wollte Liebe. Trotzdem würde ihre Dankbarkeit die Waagschale vielleicht ein wenig zu seinen Gunsten neigen.
»Du kannst sie befreien.« Millicents Worte waren weniger eine Frage als eine Forderung.
»Ja.« Er warf sich die Satteltaschen über die Schulter und ging zur Treppe, die zu den Stallungen hinunterführte.
Millicent folgte ihm. »Du hast all diese Heldentaten vollbracht, mit denen Ogley sich schmückt. Ist das richtig?«
»Vielleicht.«
»Also kannst du sie retten. Stimmt’s?«
»Möglicherweise.« Was wusste er schon von der Feste Gilmichael? »Das hängt davon ab, wo er sie eingekerkert hat. Ich
spiele mit gezinkten Karten, und sie haben alle Trümpfe in der Hand.«
Beim Klang ihrer Stimme zuckten die Lakaien zusammen. »Kann einer der Männer mitgehen?«, wollte Millicent wissen. »Kann ich mitgehen und dir helfen?«
Ihr Anerbieten rührte ihn. »Nein, Liebes. Nein. Hierbei kann mir keiner helfen. Es wird schmutzig und schmerzlich und...« Zum ersten Mal, seit er abgestiegen war, sah er Millicent richtig an. Sie hatte sich offenbar nicht wieder in das schmucklose Entlein zurückverwandelt, sondern war so schön wie in der Nacht des Balles. »Ist Corey hingerissen?«
»Ja.« Sie klang trotzig. »Das nehme ich an.«
»Wie kommst du darauf? Was hat er getan?«
Sie hielt mit Hepburns langen Schritten mit, ohne sich zu beschweren. »Er will nicht abreisen, sondern meint, er müsse hierbleiben und mich in der Stunde meiner Not unterstützen.« Ihre Augen funkelten gefährlich. »Was mir nachzustellen und mir seine Jagdgeschichten vorzubeten mit Unterstützung zu tun hat, ist mir allerdings unbegreiflich.«
Während sie sich den Stallungen näherten, brach ein winziger Sonnenstrahl von Belustigung durch Roberts finstere Laune.
»Corey ist nichts weiter als ein großer, einfältiger... Fuchsjäger«, fuhr sie fort.
Offenbar war Corey recht unsanft in Ungnade gefallen. »Ja, liebe Schwester, und das ist auch alles, was er jemals gewesen ist.«
Sie wartete, während Robert sich bei einem Stallburschen erkundigte, ob Blaize schon gesattelt war. »Ich dachte...«, begann sie dann.
»Du dachtest, dass sich hinter Coreys hübscher Larve so etwas wie Geist verbirgt? Kein bisschen. Er ist eitel und egozentrisch,
nicht sonderlich helle und außerdem daran gewöhnt, dass die Frauen ihm zu Füßen sinken.« Robert ging in den Stall. »Aber zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass keine Unze Falschheit in ihm ist. Wenn er dir seine Jagdgeschichten erzählt hat, bedeutet das, dass er sich unsterblich in dich verliebt hat.«
»Tja, aber ich bin nicht in ihn verliebt«, verkündete Millicent ungerührt.
Pepperday mühte sich mit Blaize ab, dem es sichtlich missfiel, von einem anderen Mann als Robert gesattelt zu werden.
Robert nahm das Feuerwerk von einem Lakaien entgegen und steckte es in eine Satteltasche. »Wird Corey um deine Hand anhalten?«, fragte er dabei Millicent.
»Vermutlich. Aber ich will ihn nicht heiraten. Jedenfalls jetzt noch nicht.«
Robert konnte nicht mit ansehen, wie sich Pepperday mit Blaize abmühte, und schob ihn kurzerhand zur Seite.
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