Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
Tonfall machte die unausgesprochene
Drohung, die in seinen Worten mitschwang, noch viel schlimmer.
Clarice spürte, wie sie kreidebleich wurde, und umkrampfte unwillkürlich die Zügel. Blaize trat unruhig zur Seite und sie widerstand dem Verlangen, den Hengst beruhigend zu tätscheln. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Ihr habt Euer Pferd gestohlen.« Hepburn lächelte mit eisiger Genugtuung. »Ihr habt Blaize gestohlen.«
14
Man kann nicht gleichzeitig wütend sein und klar denken.
DIE ALTEN VON FREYA CRAGS
I hr habt Euer Pferd gestohlen. Hepburn kannte die Einzelheiten. Er kannte die Wahrheit.
Und er schreckte nicht einmal vor offener Erpressung zurück.
Der Drang zu fliehen überwältigte Clarice beinahe. Sie wollte vor all den Städten und den Menschen darin flüchten. Sie wollte Blaize antreiben und mit ihm davongaloppieren, den Wind im Gesicht spüren, ihre Pflichten zurücklassen, ja, selbst Amy, ohne auch nur ein Mal zurückzublicken. »Nein. Nein, mein Vater, der König...!«
»Er ist tot.« Hepburn fuhr ungeduldig mit der Hand durch die Luft. »Und selbst wenn er noch am Leben wäre, hätte er Euch dieses Pferd nicht geschenkt. Blaize ist zwei Jahre alt. Euren eigenen Aussagen zufolge seid Ihr aber schon viel länger in England.«
Sie saß in der Falle. Sie war von ihren eigenen, gedankenlosen Lügen gefangen worden, von diesem Mann mit seinem wunderschönen, weichen und leidenschaftlichen Mund und einem Feuerstein statt einer Seele. Was sollte sie tun? Zuerst einmal konnte sie versuchen, an Hepburns Tierliebe zu appellieren.
»Gut, es stimmt. Richter Fairfoot hielt sich für einen Pferdetrainer. Er hat versucht, Blaize zu brechen, und als ihm das nicht gelang, wollte er diesen wundervollen...« Sie verstummte vor Verlegenheit. »Blaize hat es nicht verdient zu sterben, nur weil ein ungeschickter, grober englischer Richter jedes Geschöpf, das schön ist und Mut besitzt, zerstören muss.«
Kein Muskel zuckte in Hepburns Miene. »Hat er auch versucht, Euch zu brechen?« Seine Stimme klang tonlos.
Du solltest mir lieber zu Willen sein, Mädchen, sonst werfe ich dich und deine Schwester in den Kerker. Dann seht ihr nie wieder das Tageslicht. Die Erinnerung an diese schreckliche Szene schüttelte sie. Sie erinnerte sich an das zerrissene Mieder, die blauen Flecke auf ihren Handgelenken. Und an den glücklichen Umstand, dass Amy ihr zu Hilfe kam.
Die Scham trieb Clarice die Röte in die Wangen. Sie wusste, dass sie vor diesen Erinnerungen niemals weit und schnell genug wegreiten konnte, auch wenn sie das gern getan hätte. Herr im Himmel, wie gern hätte sie das getan!
Sie wich Hepburns Frage aus. »Seine Frau geht herum und redet, aber sie ist zerbrochen. Sie ist innerlich tot. Bitte, Mylord, schickt Blaize nicht zu ihm zurück. Blaize wird sich niemals brechen lassen. Man kann ihn nur anleiten. Richter Fairfoot wird ihn töten, und Blaize wird ein quälendes, schreckliches Ende erwarten.«
»Ich werde ihm Blaize nicht zurückgeben.« Hepburn streckte seine behandschuhte Rechte aus. »Wenn Ihr meinem Wunsch nachkommt.« Offenbar erwartete er, dass Clarice seine Hand ergriff und damit ihre Abmachung besiegelte.
Sie starrte seine Hand an, dann schaute sie ihm ins Gesicht. Diesen Mann kümmerte nur eines, nämlich dass seine alberne List Erfolg hatte.
Es war nicht gerecht. Sie war eine Prinzessin, geboren, um verwöhnt und umsorgt zu werden, und es war einfach nicht fair, dass sie so schnell erwachsen werden und die Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen und das ihrer Schwester übernehmen musste. Und dabei ständig in Ungewissheit über das Schicksal ihrer zweiten Schwester schwebte. Es war ganz gewiss auch nicht gerecht, dass sie sich diesem Mann stellen musste, der die Trumpfkarten in der Hand hielt und sie mit seinem Ansinnen in Gefahr brachte.
Clarice gab schließlich ihrer Enttäuschung, ihrer Wut und ihrer Angst nach und spornte Blaize zur Flucht an. Der lebhafte Hengst schoss vorwärts, begierig darauf zu galoppieren, was schließlich auch in seiner Natur lag. Seine langen Beine streckten sich, als er über die Wiese preschte.
Sie hörte Hepburns erschreckten Ruf und dann das Donnern der Hufe seines Pferdes hinter ihr.
Aber es kümmerte sie nicht, ob er sie verfolgte. Er kümmerte sie nicht. Es zählte nur das wundervolle Gefühl dieser Flucht, die Illusion des Entkommens, die wunderbare Empfindung von Zügellosigkeit.
Sie galoppierte über die Wiese, einen
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