Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
Hang hinauf, die andere Seite hinunter und näherte sich einem Holzzaun. Blaize überwand das Hindernis in einem langen, herrlichen Sprung. Vor ihnen lag ein langes Tal. Blaize streckte den Hals, kaute auf dem Gebiss, spürte ihren festen, erfahrenen Griff am Zügel und lief. Lief und lief.
Der kühle Wind trieb Clarice die Tränen in die Augen. Vielleicht weinte sie ja auch aus Wut und Verzweiflung über die Schlinge, die ihr um den Hals lag. Über Hepburn, der dicht hinter ihr hergaloppierte, rücksichtslos und kaltherzig. Sie konnte ihm nicht entkommen. Er war schneller und viel stärker als sie. Wilder, rücksichtsloser... Verflucht sollte er sein!
Er hielt das andere Ende des Seils, das um ihren Hals lag, und sie konnte ihn einfach nicht abschütteln.
Als sie sich das endlich eingestand, brach ihre kleine Rebellion zusammen. Ihr gesunder Menschenverstand setzte wieder ein, und als das Gelände wieder anstieg, zügelte sie ihren Hengst.
Hepburn ritt vor sie, um ihr den Weg abzuschneiden, und packte Blaize’ Zügel. Hepburn fletschte seine weißen, geraden Zähne, blähte die Nasenflügel, und sein Gesicht war wutverzerrt. Seine blauen Augen glühten vor Zorn. »Was wolltet Ihr damit beweisen?«, schrie er sie an.
Doch es kümmerte Clarice nicht mehr, was er von ihr hielt. Kein Lächeln, keine Komplimente, keine Berührung würden seine gnadenlose Entschlossenheit beugen können. »Ich wollte nichts beweisen!« Sie schrie auch. »Ich habe es einfach nur getan, weil ich es wollte!«
»Ihr könnt mir nicht entkommen. Wohin Ihr auch flüchtet, ich finde Euch, und wenn Ihr Euch das Genick brecht, bringt Euch das auch nicht weiter.«
»Ich breche mir nicht das Genick. Ich reite so gut wie jeder Mann, und Blaize gehört mir!« Sie schleuderte ihm diese Herausforderung ins Gesicht.
»Ich werde dafür sorgen, dass er Euch gehört, wenn Ihr tut, worum ich Euch gebeten habe!« Er streckte ihr erneut die Hand entgegen.
Sie war weggelaufen, über Wiesen geritten und Zäune gesprungen, und stand jetzt wieder da, wo sie vor zehn Minuten gewesen war. Und wieder verlangte Lord Hepburn, dass sie ihm die Hand gab und ihre Abmachung damit besiegelte.
Sie hasste ihn. Sie hasste ihn, fürchtete ihn und... begehrte ihn. Wenn sie nur wüsste, warum. Warum begehrte sie ihn so, wenn er sie doch nur wütend machte und verängstigte?
»Warum tut Ihr das?«, wollte sie wissen. »Warum muss ich bei einer solch absurden Scharade mitmachen?«
»Ich suche Gerechtigkeit und Freiheit. Für einen Freund«, antwortete Hepburn ruhig und ohne jedes Pathos. Als wären Gerechtigkeit, Freiheit und Freundschaft jede Mühe wert.
Doch das kümmerte sie nicht. »Freundschaft?« Am liebsten hätte sie auf diese ausgestreckte Hand gespuckt, aber so weit würde sie sich niemals gehen lassen. »Was versteht ein Mann wie Ihr von Freundschaft? Ihr wisst doch gar nicht, wie man ein Freund ist.« Sie versuchte, sich zusammenzurei ßen, sie versuchte es wirklich. Sie ritt sogar ein Stück von ihm weg. Doch dann dachte sie an Millicent, seine bedauernswerte Schwester, und sie lenkte Blaize zu ihm zurück. »Ihr wisst nicht mal, wie ein Bruder sein sollte!«
Ihre Beschuldigung bestürzte ihn, denn er ließ die Hand sinken. »Was meint Ihr damit?« Er klang aufrichtig verwirrt.
»Seht Euch doch nur an!« Sie deutete auf ihn. »Ihr kehrt aus dem Krieg zurück, unglücklich und grüblerisch und ohne die geringste Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse Eurer Schwester.«
»Ich habe zwei Schwestern«, erwiderte er sarkastisch.
Clarice sah ihn mit gespielter Überraschung an. »Ihr habt es bemerkt? Allerdings. Prudence ist ein entzückendes junges Mädchen, das glaubt, alles ist gut, weil Ihr es sagt. Für sie ist das Leben nur ein fröhliches Abenteuer, aber nur, weil Millicent dafür sorgt, dass sie es so empfinden kann. Millicent dagegen... Habt Ihr jemals bemerkt, wie sehr sie sich um Euch sorgt?«
»Selbstverständlich!«
»Also interessiert es Euch einfach nicht, richtig?« Die Worte klangen wie ein Peitschenhieb.
»Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen.« Er saß so reglos wie eine Statue im Sattel. »Sie sollte mir das glauben.«
»Wenn Ihr Euch jemals dazu herabgelassen hättet, mit ihr zu reden, würde sie das vielleicht auch tun. Aber Ihr weicht ihr und ihrem Kummer aus.« Clarice konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme anschwoll. »Wo habt Ihr nur ein solch niederträchtiges Benehmen gelernt?«
Er zuckte zurück, als hätte sie
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