Lotterie der Liebe
Gewissensbisse, etwas für sich auszugeben, hatte er einen wunden Punkt berührt. “Ich weiß nicht, was Sie das angeht”, erwiderte sie ziemlich scharf.
Jonathan ergriff erneut ihre Hand und hielt sie fest, als sie sie ihm entziehen wollte. “Ich bitte um Entschuldigung. Natürlich geht die Sache mich nichts an. Aber befriedigen Sie meine Neugier, Miss Bainbridge. Wieso haben Sie sich ein hübsches Kleid erstanden und tragen dazu gestopfte Handschuhe?”
Beim Sprechen hatte er wiederholt mit dem Daumen über den Handschuh gestrichen. Die weichen Berührungen waren wie eine Zärtlichkeit und verursachten Amy ein inneres Prickeln. Sie sah ihn an und senkte sofort wieder den Blick. Trotz der kühlen Abendluft fühlte sie sich erhitzt.
“Die Stopfstellen sind sehr klein. Aus einem so trivialen Grund konnte ich ein Paar Handschuhe nicht wegwerfen.”
“Aber Sie hätten sich neue kaufen können.”
“Verschwendung!”, entgegnete sie. “Wie ich bereits sagte, gehört das Geld nicht mir.”
Die Berührung durch den Earl of Tallant untergrub ihre Selbstsicherheit, sodass ihre Stimme etwas spröde geklungen hatte. Sie wusste, dass ihm das aufgefallen war. Sein scharfer Blick drückte deutlich die lüsternen Absichten eines Mannes aus, der genau wusste, welche Wirkung er auf Frauen ausübte.
“Amy!” Der Ruf der Mutter nach ihr riss sie aus dem Traum. “Mr. Quarles hat darum gebeten, dich zum Essen begleiten zu dürfen. Entschuldigen Sie mich, Mylord.” Bedeutungsvoll schaute Lady Bainbridge den Earl of Tallant an und hoffte offenbar, er werde sich entfernen und das Feld einem ernst zu nehmenden Verehrer überlassen.
Sacht ließ Seine Lordschaft Amys Hand los. “Dann muss ich mich von Ihnen trennen, Miss Bainbridge. Ich hoffe jedoch, Sie bald wiederzusehen.”
Er verneigte sich, nahm den in der Nähe stehenden Mr. Quarles mit einer angedeuteten Verneigung zur Kenntnis und schloss sich dem Duke of Fleet an, der zur Loge zurückkehrte. Amy gab einen langen Seufzer von sich und spürte die Anspannung von sich abfallen.
“Wie schade, dass die Herren schon zum Abendessen verabredet sind”, sagte Lady Bainbridge. Sie war sichtlich zwischen der Möglichkeit, derart vornehme Gesellschaft genießen zu können, und ihrer Besorgnis über den Ruf der Männer hin- und hergerissen. Mr. Quarles reichte Amy den Arm und brachte sie zu der Loge, die man gemietet hatte.
“Ich glaube nicht, dass Sie mit solchen Herren Umgang pflegen sollten, Madam”, sagte er. “Lord Tallant hat einen schlechten Ruf, und der des Duke of Fleet ist nicht viel besser.”
Lady Bainbridge sah niedergeschmettert aus. Amy glaubte, Richard ein Lachen unterdrücken zu hören. Zweifellos hatte Mr. Quarles recht. Er war ruhig und zuverlässig, und sie sollte seine Gesellschaft der des lebhaften, aber gefährlichen Earl of Tallant vorziehen. Unglücklicherweise fand sie, noch immer unter dem Eindruck von dessen Berührungen stehend, dass er der viel aufregendere Begleiter war. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie mit ihm Umgang haben wollte. Lord Tallant war welterfahren, sie hingegen nicht, und der gesunde Menschenverstand sagte ihr, dass seine Aufmerksamkeiten nur oberflächlich waren. Er flirtete mit ihr, und an diesem Spiel wollte sie sich nicht beteiligen.
Am nächsten Nachmittag lieferte ein Lakai ein Paar hübsch bestickte Handschuhe ab, die Amy genau passten. Ein Billett war nicht beigefügt. Sie wusste jedoch, woher sie kamen. Sie verbrachte viel Zeit damit, über das Geschenk nachzudenken, derweil sie Prudence beim Fensterputzen half. Es war gut und schön, sich vom gesunden Menschenverstand leiten zu lassen, aber die Aufmerksamkeiten eines Frauenhelden waren aufregend.
“Bitte, Sir Humphrey, versuchen Sie sich zu erinnern!”, sagte Amy. “Es war doch erst vor einer Woche.”
Man befand sich bei dem von Lady Moon veranstalteten Ball, und Amy hatte ernsthaft mit der Kampagne begonnen, den Eigentümer des Lotterieloses zu finden. Sie hatte Mr. Hallam ausgefragt, als er nachmittags zu Besuch gekommen war, und niedergeschlagen festgestellt, dass das Los nicht ihm gehörte. Sie hatte gehofft, es möge seines sein, weil es dann sehr viel angenehmer gewesen wäre, nicht mit den anderen Herren reden zu müssen, insbesondere mit dem Duke of Fleet und dem Earl of Tallant. Leider war es jedoch genau das, was sie tun musste.
Nach dem Abendessen hatte sie Sir Humphrey Dainty auf die Terrasse gelockt und ihm dieselbe Frage gestellt, nur um zu
Weitere Kostenlose Bücher