Lotterie der Liebe
ließ Mantel und Hut auf den Sessel neben dem Bett fallen.
“Ja”, platzte Amanda heraus. “Es tut mir leid. Ich war ihr eine kleine Summe schuldig, doch sie hat gemeint, sie sei willens, zum Ausgleich für den Bagatellbetrag eine Information über dein Vermögen zu bekommen. Das Einzige, was mir einfiel, war, ihr zu sagen, du hättest dreißigtausend Pfund gewonnen.”
Amy seufzte. “Es ist nicht von Bedeutung. Ich wusste, es musste jemand aus meiner Umgebung gewesen sein. Ich dachte erst an Richard, denn Mama ist zwar indiskret, fürchtet jedoch viel zu sehr die Missbilligung der Gesellschaft, um so etwas auszuplaudern. Die einzige andere Person, die Bescheid weiß, ist der Earl of Tallant, und eine Zeit lang hatte ich ihn in Verdacht, weil ich glaubte, er habe sich mit seiner Schwester in Bezug auf diese alberne Abtragung der Spielschuld verschworen.”
Amanda lächelte matt. “Das bezweifle ich, Amy. Neuerdings wahrt er Distanz zu ihr.”
Scharf schaute Amy die Freundin an. “Was meinst du damit?”
Amanda zögerte mit der Antwort. “Es steht mir nicht zu, das Geheimnis preiszugeben. Du wirst ihn danach fragen müssen. Vielleicht solltest du das tun, denn ich vermute, dass du etwas für ihn empfindest.”
“Amanda!”, erwiderte Amy rasch und errötete. “Um was geht es?”
“Er hat vor vielen Jahren die Spielschulden seiner Schwester übernommen. Frag ihn, wieso er Lady Juliana dem Vater gegenüber gedeckt hat und warum er in dieser Sache nie die Wahrheit gesagt hat.” Amanda gähnte. “Mein Gott, bin ich müde!”
“Ja, aber …” Amy ergriff die Freundin bei den Schultern und schüttelte sie fast. “Woher weißt du das? Jedermann ist der Meinung, Lord Tallant habe die Spielschulden verursacht, die seine Familie beinahe in den Ruin getrieben hätten.”
Immer noch gähnend schüttelte Amanda den Kopf. “Lady Juliana hat sich mir anvertraut. Früher war sie anders, Amy. Sie wusste, sie würde restlos in Ungnade fallen, wenn alles herauskommt. Und sie wollte unbedingt Lord Myfleet heiraten. Es ist schade, dass er nicht mehr lebt. Er war ein anständiger Mensch und hätte gewiss einen guten Einfluss auf sie gehabt. Sie hatte jedoch Angst, dass er sie nicht haben will, wenn er Bescheid weiß. Frag Lord Tallant, was dann passierte. Ich glaube, er wird es dir erzählen. Ich kann nur sagen, dass nie der Schatten eines Skandals auf sie gefallen ist und es ihr Bruder war, der in Schimpf und Schande verstoßen wurde.” Amanda schloss die Augen. “Vielen Dank, Amy. Es tut mir so leid.”
Schon nach wenigen Minuten war die Wirkung des Laudanums eingetreten. Amanda schlief. Amy saß noch lange beim Bett und grübelte über das Unglück ihrer Freundin und die Möglichkeit nach, wie die Erpressung zu verhindern sei. Außerdem dachte sie an Lady Juliana und deren unerfüllte Liebe sowie an den Earl of Tallant, der sich vielleicht als sehr viel besserer Mensch erwies, als man ihn hinstellte.
12. KAPITEL
J onathan wusste seit langem, dass er in Schwierigkeiten war. Aber er hatte sich standhaft geweigert, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Nun jedoch war er erleichtert, sich endlich die Wahrheit eingestanden zu haben. Er liebte Miss Amy Bainbridge und wollte sie heiraten. Wäre es ihm möglich gewesen, gleich zu ihr zu gehen und sie zu fragen, ob sie seine Frau werden wolle, hätte er das auf der Stelle getan.
Er verabschiedete sich von seinen Freunden und trat den Heimweg an. Plötzlich fiel ihm auf dem Trottoir vor ihm eine Gestalt ins Auge, die ihm alarmierend vertraut vorkam. Er verengte die Augen und mochte kaum glauben, was er sah. Was hatte Amy um diese Zeit in diesem Teil der Stadt zu suchen? Jonathan beschleunigte seinen Schritt, schloss zu ihr auf und ergriff sie am Arm.
“Du, Amy? Ich war sicher, dich vor mir zu haben, und konnte es kaum fassen. Zum Teufel, was machst du hier mitten in der Nacht?”
Es regnete. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie war ziemlich nass geworden, während sie im Dunkeln das Haus Nummer zwölf in St. James’s gesucht hatte. Nun stand sie wartend davor, der feuchte Schleier klebte ihr am Gesicht. Der Erpresser ließ sich nicht blicken, und sie war unschlüssig, was sie nun tun solle.
Der Gedanke, er könne sich nicht einfinden, war ihr nicht gekommen. Entweder hatte Amanda sich in der Zeit oder dem Ort der Verabredung geirrt, oder der Erpresser ließ Amy absichtlich warten. Sie vermutete Letzteres. Als plötzlich jemand sie berührte, hätte sie beinahe
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