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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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schreien hörte. Die Amme wäre mit der Pistole schon in Schach gehalten worden, bis sie selbst mit Roger hätte fliehen können. Sie hatte wirklich nicht die Absicht gehabt, jemand zu verletzen. Aber als sie dann Caleb sah und erkannte, daß er ihr das Kind aufs neue nehmen wollte, packte sie wilder Haß, und als sie abdrückte, hatte sie nur den einen Wunsch, ihn zu töten.
    Dolores dachte nach, während sie die Trauben aß. Eigentlich hätte sie wohl dankbar sein sollen, daß man sie nicht an den Galgen gebracht hatte, aber sie war es nicht. Man hätte ihr ebensogut das Genick brechen können, als sie herumzustoßen, wie man es tat. Wenn man sie jetzt hier am Kai mit all den Dingen fand, die sie von Ardeith mitgenommen hatte, würde man sie wohl auf jeden Fall aufhängen. Aber die Larnes konnten sich ja dies alles und noch viel mehr wieder beschaffen, und sie hatte sich so arm und elend gefühlt. Besitz gab ein gewisses Sicherheitsgefühl, wenn man allein war. Und sie hatte Ardeith verlassen müssen. Es wäre zu schrecklich für sie gewesen, noch einmal morgens in dem Zimmer aufzuwachen, in dem Roger geboren worden war.
    Caleb hatte zwar gesagt, er wollte sie unterstützen – glaubte er wirklich, daß sie seine Mildtätigkeit annehmen würde? Wahrscheinlich lag ihm nur daran, aus dem Mund der anderen zu hören, wie gut er wäre, daß er seine nichtswürdige Frau obendrein noch unterhielte und vor dem Verhungern schützte. Es gab ja auch Leute, die sich damit rühmten und brüsteten, daß sie ihre Negersklaven durchfütterten, wenn sie zu alt waren, um zu arbeiten. Heilige Mutter Gottes! Sie wollte sich ihren Lebensunterhalt lieber zusammenstehlen und auf den Docks leben! Diese Bande sollte keine Gelegenheit mehr haben, ihr Wohltaten zu erweisen.
    Ihre Beine schmerzten, und ihr Rücken tat weh. Ein Mann kam vorbei und sprach sie an.
    »Ach, halten Sie den Mund!« sagte Dolores müde. Sie sah sich auf dem belebten Kai um und rief einen Negerjungen zu sich, der träge an einem Verschlag mit Früchten lehnte. Er hatte ein Metallschild an seinem Hemd, ein Zeichen dafür, daß sein Herr ihn zum Dock geschickt hatte, um dort irgendwelche Arbeiten auszuführen, da er zu Hause an diesem Tag keine Beschäftigung für ihn hatte. Dolores gab ihm den Auftrag, ihren Kasten zu bewachen, während sie an der Wasserfront entlangginge und nach Booten fragte. Sie wollte von ihm wissen, ob heute eins nach Neuorleans hinunterführe.
    Er rollte die Augen und sagte, es wäre wegen des amerikanischen Krieges heute nicht so leicht, nach Neuorleans zu kommen.
    Dolores rieb die Spitze ihres Schuhes über einen Astknorren in den Bodenbrettern. »Ach Gott, ist der Krieg immer noch nicht zu Ende?«
    Der junge Neger erklärte, daß der Kampf noch andauerte und daß die großen Boote hauptsächlich für Militärtransporte benützt würden. Aber ein Boot, die ›Cienega‹, die etwas weiter den Strom hinunter lag, würde morgen nach Neuorleans abfahren.
    Dolores wanderte am Ufer entlang und hielt Ausschau nach der ›Cienega‹. Es fiel ihr schwer, das Schiff zu finden, denn es waren so viele Kisten und Frachtballen aufgestapelt, und es standen so viele Menschen umher – Soldaten, Packmeister und Indianer, die Pelze verkauften –, daß man kaum einen Schritt vorwärts kam. Es waren nur wenig Frauen zu sehen, und sie wurde in allen drei Sprachen angeredet, die sie verstand, außerdem auch in anderen Mundarten, die sie nicht kannte. Manchmal antwortete sie nicht, manchmal drehte sie sich um und schimpfte und fluchte in der Sprache, die ihr zuerst einfiel.
    Schließlich fand sie die ›Cienega‹. Es war ein großes Flachboot, mit Indigo, Tabak und Pelzen beladen. Eine Dame und ein Herr sprachen gerade mit dem Kapitän und vereinbarten mit ihm, daß er sie und ihre vier Sklaven den Strom hinunter mitnehmen sollte. Dolores wartete, bis sie die Verhandlung zu Ende gebracht hatten, dann fragte sie, ob sie auch mitfahren könnte. Aber der Kapitän erwiderte nur kurz, daß er allein reisenden Frauen keine Passage gäbe.
    Sie widersprach heftig und erklärte, daß sie für einen Schlafplatz bezahlen könnte.
    »Sie haben gehört, was ich eben sagte«, entgegnete er. »Ich habe kein solches Boot, wie Sie denken.«
    »Verdammter Kerl«, sagte Dolores, aber er hörte es nicht, denn er hatte sich umgedreht und gab einem Mann der Besatzung einen Befehl.
    Hilflos ging Dolores weiter und beobachtete die Dame und den Herrn, die eben mit dem Kapitän einig

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