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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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vor ein paar Tagen das Land zu überfluten begann, hatte Ann sehnsüchtig an Eis gedacht. Aber es war bei diesem blassen Gedanken geblieben; die Zeiten, in denen sie Eis für selbstverständlich gehalten hatte, waren längst vorbei; der bevorstehende Steuertermin nahm ohnehin alle ihre Gedanken in Anspruch. Eis zu kaufen –! Ebensogut hätte sie sich vornehmen können, Diamanten zu kaufen! Sie hielt Virginia in ihren Armen und legte ihre Wange an die flammende des Kindes.
    Cynthia fuhr fort: »Ann, sie vermag nichts bei sich zu behalten, nicht einmal einen Schluck Wasser. Ich habe alles versucht, was ich wußte –.« Sie senkte ihre Stimme: »Ich habe noch nie ein Kind so entsetzlich leiden sehen.«
    »Schale Milch ist wie Arsenik!« sagte Ann gepreßt. Sie legte das Kind wieder auf sein Bettchen und wandte sich zu Mammy: »Gib ihr ja nichts zu essen! Nur Wasser, teelöffelweise, wenn sie es haben will. Lege ihr eine kalte Kompresse auf die Stirn. Vielleicht wird dadurch das Fieber gesenkt!«
    »Ach, Madame«, sagte Mammy traurig, »das Wasser im Krug ist so warm.«
    »Sag Napoleon, er soll frisches aus dem Brunnen holen; es wird kühler sein!« Sie beugte sich abermals über das Bett. »Virginia, sei ein gutes Mädchen! Ich werde dir etwas besorgen, damit dir wieder besser wird.« Ann winkte Cynthia und ging leise mit ihr in die Halle hinaus: »Glaubst du, daß irgendwo in der Stadt Eis zu haben ist?«
    »Eis?« Cynthia zog ein Gesicht. »Ich habe keine Ahnung. Seit der Krieg zu Ende ist, sind ja wohl die Eisschiffe wieder erschienen. Hast du denn Geld?«
    Ann schüttelte ihr Haupt. Das Pfund Eis: fünfundzwanzig Cent! Und wieviel geeiste Limonade sie früher an einem einzigen heißen Tage zu trinken pflegte!
    »Den letzten Cent habe ich den Geiern auf dem Steueramt dalassen müssen. Aber wir müssen uns Eis beschaffen! Das Kind hat irgend etwas Vergiftetes zu sich genommen. Nichts aus der Speisekammer darf es mehr zu essen bekommen!«
    Cynthia streckte hilflos ihre Hände aus: »Niemals habe ich ein Kind jammern hören, wie sie es tat. Kann ich noch etwas helfen?«
    »Achte bitte auf Denis! Wenn ich nicht zum Abendessen herunterkomme, laß ihn nichts als Gemüse essen! Unter keinen Umständen Milch oder Fleisch! Und sage Napoleon, ich möchte ihn gleich sprechen!«
    Sie holte sich eilig aus ihrem Zimmer ihr Schlüsselbund, stieg die Treppen hinunter, durchquerte die Getränkekammer und tastete sich mit einer Kerze zu dem festen Geheimfach im Keller. Es blinkte an der Seitenwand wie ein gepanzerter Wächter; das Licht entlockte ihm matten Widerschein. Ann öffnete die schwere Tür und betrachtete die wenigen Schmuckstücke, die ihr noch verblieben waren. Sie hatte schon so viele versetzt, daß sie keinen Wert mehr darauf legte, sich an jedes einzelne zu erinnern. Doch letzthin boten die Pfandleihen so wenig für Juwelen, daß es sich kaum noch lohnte, sie anzubieten. Da lag das Medaillon mit dem Bildnis des kleinen Denis in dem einen Schälchen und seiner Locke in dem anderen. Sie hatte an diesem Stück unwandelbar festgehalten; jetzt sollte es geopfert werden; sie fragte sich besorgt, wieviel sie wohl dafür erhalten würde – wenn sich nur genug Eis dafür kaufen ließe, Virginias Nahrung frisch zu halten und ihr kalte Umschläge zu machen, bis diese furchtbare Hitzewelle weiterzog. Ann nestelte das Bildchen und die Haarlocke aus dem Medaillon heraus, verwahrte beides von neuem, schloß die Türen hinter sich und rannte wieder nach oben. Napoleon erwartete sie in der Halle.
    »Sieh zu, was du für das Medaillon bekommst, und kaufe Eis dafür, Napoleon!« Der schüttelte traurig seinen dunklen Äthiopierkopf und machte sich auf den Weg. Bertha erhielt den Befehl, den alten Eisschrank sauber auszuscheuern. Dann kehrte Ann zu Virginia zurück.
    Das Fieber der Kleinen war im Steigen. Ann versuchte, ihr die Stirn mit nassen Lappen zu kühlen. Mehr wußte sie nicht zu tun; es schien wenig zu nutzen. Sie dachte an einen Arzt; aber es war niemand mehr da, den sie hätte schicken können; außerdem zweifelte sie daran, ob ein Arzt ihr Besseres raten würde, als Virginias Essen auf Eis zu halten. Die Nacht hing heiß und stickig über dem Haus und seinen Gärten – eine jener Nächte, in denen selbst gesunde Leute mit unbeschwerten Gemütern sich unruhig hin und her zu wälzen pflegen und zuweilen schreiend erwachen. Für ein krankes Kind: ein mörderisches Wetter! Ann saß an Virginias Bett; manchmal wanderte sie

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