Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
aufs höchste erfreut und geschmeichelt. Sie tappte zu ihrem Mann hinüber, der in der Ecke des Zimmers saß, und schlug ihm auf die Schulter. »Hast du gehört, du dummer, nichtsnutziger Nigger? Die weiße Frau hat ihr Kind nach dir genannt!«
Da lachte auch Fred, beglückt und verwirrt von der Ehre, die ihm da widerfuhr. Er trat ans Lager der Wöchnerin und brachte ihr eine große Tasse Kaffee dar, damit sie schnell wieder zu Kräften käme.
III
C orrie May hatte nicht die Absicht, ihren beiden Wohltätern länger zur Last zu fallen, als ihr körperliches Befinden es unbedingt erforderlich machte. Als sie sich von neuem kräftig und gesund fühlte, zog sie wieder in die Stadt zurück. Sie mietete ein Zimmer in einer der Seitenstraßen am Hafen, wo die Leute so um Geld verlegen waren, daß sie selbst einen quäkenden Säugling mit in Kauf nahmen. Zu dem Hause gehörte ein sonniger Hinterhof, wo man Wäsche trocknen konnte. Corrie May nahm ihren kleinen Fred auf den Arm und wanderte durch den Park zu den Straßen hinüber, in denen die wohlhabenderen Leute wohnten. Sie klopfte an die Hintertüren und fragte, ob man ihr nicht Wäsche zum Waschen anvertrauen wolle.
Handel und Wandel hatten sich inzwischen ein wenig gebessert; die Zeiten lenkten langsam wieder in die alten Bahnen ein. Schon gab es wieder so manche Familie, die es sich leisten konnte, ihre Wäsche zum Waschen zu geben. Es dauerte nicht lange, und Corrie May kam jede Woche mit so viel Wäschebündeln heim, daß es ihr nicht mehr schwerfiel, die Miete zu bezahlen und für Essen und Trinken zu sorgen. Sie hatte hart zu arbeiten; der kleine Fred bereitete viel Mühe und Umstände. Das Kind auf dem einen Arm zu tragen und die schweren Wäschebündel im anderen machte die langen Märsche durch die Stadt nicht gerade zum Vergnügen. Aber irgendwie waren die Widerwärtigkeiten leichter zu ertragen, seit sie zugleich für ihr Kind zu sorgen hatte. Sie hatte früher jeden Säugling für eine Last und eine Quelle ewigen Ärgers gehalten, und das stimmte auch; aber sie machte sich nichts daraus, solange der kleine Fred vergnügt und munter war; und das war er, Gott sei Dank! Das Kind erfreute sich einer geradezu strahlenden Gesundheit, wurde ein hübscher kleiner Kerl. Dies Bröselchen von einem Kinde kroch und stapfte munter und selbstgewiß einher; wer ein Auge dafür hatte, der sah dem kleinen Burschen an, daß er nicht dazu geboren war, hinter dem Ofen zu hocken. Er würde sein Glück beim Schopf fassen.
Corrie May hatte solche Freude an ihrem kleinen Söhnchen, daß sie sich nur wenig ärgerte, als die alten Pflanzerfamilien allmählich wieder zu Wohlstand gelangten. Sie erzeugten stets bedeutendere Ernten. Der Schiffsverkehr auf dem Strom nahm ständig zu. Manchmal bekam Corrie May die Herrin von Ardeith zu Gesicht, wie sie in einer neuen Kutsche mit ihrem kleinen Sohn durch die Straßen fuhr; stets war er nach der Mode in hübsche dunkle Anzüge gekleidet und trug gestreifte Strümpfe an den Beinen. Ab und zu fragte sie sich, ob Ann sie erkannte. Wahrscheinlich nicht; aber das war ihr gleichgültig. Sie verlangte nicht danach, Ann zu begegnen. Ann hatte ihr einmal den Hungertod an den Hals gewünscht; das hatte ihr vollauf genügt. Sie war nicht verhungert, was allein schon einen Sieg über Ann bedeutete. Außerdem hatte sie nun für Fred zu sorgen; der sollte guten Schulunterricht erhalten und zu einem geachteten Bürger heranwachsen. Manchmal, wenn sie die Wäsche austrug und er an ihrer Hand die Straße entlangtappelte, prägte sie ihm ein, daß das Land jetzt in Ordnung wäre: ein richtiger Mann könnte alles erringen, was er sich wünschte.
Fred fragte dann: »Kutschen und Pferde wie die reichen Leute?«
»Sicher!« sagte Corrie May zuversichtlich.
Wenn Fred ausmessen wollte, wieviel er gewachsen war, so stellte er sich neben den Kamin. Als er das Sims mit der Hand erreichen konnte, verkündete er, daß er nunmehr beschlossen hätte, an die Arbeit zu gehen und ein reicher Mann zu werden; dann würde er sich eine Kutsche kaufen und damit im Park spazierenfahren wie die schönen, vornehmen Damen, die ihm stets gewaltigen Eindruck machten. Schon verstand er es, für seine Mutter Bestellungen auszurichten und auch die Wäsche abzuliefern, wenn die Bündel nicht gar zu schwer wogen. Als er acht Jahre alt geworden war, machte ihm seine Mutter klar, daß er anfangen müßte, lesen zu lernen. Ein früheres Wohnhaus nicht weit vom Hafen war in eine Schule
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