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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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zwischen Zuschauern und Leinwand. Wir von der Khaki-Brigade sitzen Seite an Seite mit den Jungen und Mädchen, die sich von der Algebra befreit fühlen, und betrachten uns Türken, die armenische Mädchen kreuzigen, Babys, die erstochen werden, und deutsche Soldaten, die in Frauenklöstern wüten. Die Kinder glauben alles, was man ihnen zeigt und begeistern sich daran; ich, offen gestanden, weiß nicht, was ich von all dem Zeug glauben soll; vielleicht die Hälfte, wenn es hoch kommt. Wie dem aber auch sei – Europa sitzt in der Patsche, und ich bin froh, daß wir demnächst hinübergehen werden, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen, bevor Cornelia und Philip erwachsen sind. –
    Eleanor, warum kommst du nicht einmal her, mich zu besuchen? Du kannst wirklich gar nichts vom Krieg wissen, wenn du nicht wenigstens einmal einen Blick in eine Garnisonstadt geworfen hast. Ich werde für dich irgendwo ein Zimmer beschaffen, und ich glaube sicher, daß ich ein paar Tage Urlaub bekommen kann. Ich vermisse dich schrecklich!«
    Eleanor ließ den Brief sinken und lächelte, während sie auf den ungeheizten Kamin blickte. Es war in der Mitte des Winters, und das Zimmer glich einer Eishöhle. Aber jetzt, nachdem sie Kesters Brief gelesen hatte, war ihr, als sei es von Wärme erfüllt. Jäh und scharf fühlte sie den Schmerz ihrer Verlassenheit, wie damals, in den ersten Tagen, nachdem Kester gegangen war. Sie drahtete ihm, er möge sie wissen lassen, wann er Urlaub bekommen könne.
    Es gelang Kester, zwei Tage Urlaub zu bekommen. Eleanor kletterte in einen gedrängt vollen Zug, dessen Abteile schmutzig, verraucht und verwahrlost waren. Sie verbrachte die Nacht eingekeilt zwischen Menschen, mit dem Kopf auf einem Kissen, das gegen die rote Plüschlehne der Bank gelehnt war; ihre Füße berührten die Knie eines bärtigen Mannes, der aussah wie ein Bolschewik. In Columbia führte Kester sie in das Hinterzimmer eines baufälligen Hotels in einer Nebenstraße, für das er fünfzehn Dollar pro Tag bezahlen mußte. Das Zimmer hatte keine Heizung. Es enthielt ein Bett mit einem zu kurzen Laken und völlig ungenügenden Zudecken, so daß sie ihre Mäntel zu Hilfe nehmen mußten. Es stand weiter eine Kommode darin mit einem graufleckigen Spiegel darüber, in dem sie wie die Opfer einer fremden gefährlichen Krankheit erschienen. Der Teppich wies Löcher auf, in denen sie mit den Absätzen hängenblieben, sobald sie das Zimmer durchquerten. Zwei wackelige Stühle und ein Wasserständer mit einem Krug und einer Waschschüssel, wofür sie das Wasser selber vom Ende des Ganges herbeischleppen mußten, vervollständigten die Einrichtung.
    Aber sie beklagten sich nicht, es machte ihnen alles nichts aus. Sie waren für achtundvierzig Stunden beieinander. Eleanor dachte zuweilen, sie wollte gerne den Rest ihres Lebens in einem solchen Zimmer zubringen, wenn nur Kester ihr schwören würde, sie nie wieder allein zu lassen.
    Obgleich ihr Louisiana leuchtend und heiter vorkam, gegenüber dem Schnee Karolinas, fand sie, wieder zu Hause angekommen, Ardeith doch grimmig und kalt ohne Kester, und das trotz der blühenden Kamelien auf den Wiesen. Sie war froh, daß es Zeit war, sich für die Frühjahrsarbeit bereit zu machen. Kester war gar nicht aufgefallen, wie dünn sie geworden war, und sie hatte keine Zeit gefunden, ihm zu erzählen, wie sie gearbeitet hatte. Aber was sollte das auch? Sie war sicher, daß sie durchhalten würde, denn jeder Blick auf den Börsenteil der Zeitung gab ihrem Mut neuen Auftrieb. Die Baumwolle war mittlerweile bis auf dreißig Cents für das Pfund geklettert.
III
    I m April hörten Kesters Briefe plötzlich auf; eine unerklärliche Stille trat ein. Eleanor wußte, daß sie sich im Augenblick noch keine Sorge zu machen brauchte, dennoch wurde sie von fiebernder Unruhe erfaßt. Den Soldaten wurde nie mitgeteilt, wann sie nach Übersee verschifft wurden. Sie erfuhren das immer erst ganz kurz vor der Abfahrt, und auch dann war ihnen nicht erlaubt, ihre Familien zu benachrichtigen, denn die Auslaufzeiten der Transportschiffe wurden streng geheim gehalten. Eleanor wartete und wartete und suchte ihre Nerven zu beruhigen, indem sie sich in die Arbeit stürzte, um über der Anspannung das Denken zu vergessen. Sie fragte sich oft, ob die Spionagegefahr wirklich so bedeutend sei, um die Grausamkeit zu rechtfertigen, die Frauen über das Schicksal ihrer Männer im ungewissen zu lassen.
    In der Zeit, da die Ungewißheit noch

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