Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
allgemeinen Aufruhr. Wenn sie selbst, wie es vorkam, aufgefordert wurde, Kriegsarbeit zu leisten, antwortete sie: »Mein Mann ist in der Armee. Ich habe seinen Platz eingenommen. Mehr kann ich nicht leisten.« Und selbst die in Schlachtordnung aufgestellten Damen des Roten Kreuzes mußten einsehen, daß sie es nicht konnte. Sie war in einem Mahlstrom der Arbeit untergegangen, der sie Nacht für Nacht trunken vor Müdigkeit ins Bett fallen ließ. Das Wetter war sehr heiß. Die Preise stiegen derartig in die Höhe, daß ihre Buchführung von Woche zu Woche schwieriger wurde. Sie begann an Körpergewicht zu verlieren; ihr Kopf, ihr Rücken und ihre Beine schmerzten vor Überanstrengung so sehr, daß sie fast nicht mehr wußte, wie einem zumute ist, wenn man richtig geruht hat. Noch in ihren Träumen drehten sich die Zahlenkolonnen; manchmal erwachte sie darüber und hatte dann das Gefühl, überhaupt noch nicht geschlafen zu haben. Aber wenn sie auf die strotzenden Felder blickte, fühlte sie sich für alle Mühe belohnt. Zug um Zug und mit eiserner Beharrlichkeit wandelte sie Ardeith um. Aus der romantischen Verschwendungssucht alter Baumwolltradition führte sie Kesters Erbe heraus und formte es um zu einem nüchtern und unpersönlich geführten, aber leistungsfähigen modernen Großbetrieb. Wyatt nahm ihre Anordnungen mit einer Höflichkeit zur Kenntnis, die nicht frei von Bewunderung war, und führte sie durch; die Neger gewöhnten sich daran, pünktlich und regelmäßig zur Arbeit zu erscheinen, und selbst Mammy und Dilcy begannen sich an die neuen modernen Hauseinrichtungen zu gewöhnen, ersparten sie ihnen doch viele Rückenschmerzen. Wenn Eleanor die Traktoren bei der Arbeit beobachtete, fühlte sie eine Welle der Kraft in sich aufsteigen, und es war ihr, als dröhnten die Motoren einer heimlichen Frage ihres Herzens die berauschende Antwort zu.
Die Baumwolle wuchs und blühte, sie ließ die Blütenblätter fallen und öffnete ihre Kapseln den wärmenden Strahlen der Sonne. In Wyatts Begleitung fuhr Eleanor durch das Land, um Ausschau nach Pflückern zu halten. Denn das Pflücken der Baumwolle war der einzige Arbeitsprozeß, bei dem die Traktoren nicht helfen konnten, der an menschliche Arbeitskraft gebunden war. Mechanische Baumwollpflücker gab es noch nicht. Eleanor bot zunächst einen Dollar Pflücklohn für hundert Pfund, dann eineinhalb Dollar und schließlich zwei Dollar. Sie hielt jeden körperlich rüstigen Mann und jede Frau an, die sie traf, und forderte sie auf, bei ihr zu arbeiten. Dann schickte sie die Trecker meilenweit aus, um die einzelnen Arbeiter zusammenzuholen. Es ging trotzdem etwas Baumwolle verloren, weil nicht Hände genug zum Pflücken da waren, aber als die Arbeit schließlich getan war, hatte sie eine Ernte von elfhundertsechzehn Ballen eingebracht und war zufrieden. Sie verkaufte die Baumwolle für siebenundzwanzig Cents pro Pfund. Trotz der beispiellos hohen Erzeugungskosten verzeichnete sie in diesem Jahr einen Gewinn von über siebzigtausend Dollar.
II
I m Winter versuchte sie ein wenig auszuspannen. Sie ging dann und wann aus und veranstaltete sogar selbst eine kleine Party; aber das war auch alles, es war immer noch zuviel zu tun.
Der Krieg komplizierte die einfachsten Dinge des täglichen Lebens. Eleanor erfreute sich daran, Sachen für sich und die Kinder einzukaufen, denn sie fühlte sich nun wohlhabend genug, um auch die enorm hohen Kriegspreise bezahlen zu können, aber vieles, was sie benötigte, konnte sie gar nicht kaufen. Zucker war nahezu unerschwinglich; Fleisch ging fast restlos zur Armee; Kohle wurde für die Truppentransporte benötigt; die Zivilisten waren genötigt, sie eimerweise zu kaufen. Da Fett in den Sprengstoff-Fabriken gebraucht wurde, kostete die Butter achtzig Cents pro Pfund. Weißes Mehl war selten und kostspielig, so daß Brot aus Ersatzmehl gebacken wurde und aussah, als hätte man den Fußboden damit aufgewischt. Eleanor hatte die Neger damit beauftragt, Holz zu schlagen, aber die Arbeit war so kostspielig, daß sie nicht genug schlagen lassen konnte, um den Bedarf zu decken. Zwar das Kinderzimmer wurde immer geheizt, aber sie selbst begnügte sich oft ohne Feuer. Sie zog Hühner auf, pflanzte Wintergemüse, ließ ihre eigene Butter auf der Plantage herstellen und dankte dem Himmel für Mammys Geschicklichkeit in der Herstellung von Maispfannkuchen und Löffelbrot. Mit Einsatz all ihrer Findigkeit brachte sie es fertig, die
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