Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
selbstverständlich vorausgesetzt, er werde alles im einzelnen prüfen und jeden Zipfel seiner Felder besuchen wollen. Sonderbarerweise schien ihm indessen gar nichts daran zu liegen. Er folgte ihr höflich, lobte sie nicht selten, wenn sie ihm etwas erklärte, aber nur sehr selten erlebte sie, daß er einen spontanen Freudenausruf von sich gab.
Eleanor hatte hier und da gehört, daß der Krieg bei manchen Männern, die aus Frankreich zurückkamen, nervöse Störungen hinterlassen hatte; es kam hier und da vor, daß einer, noch ganz im Banne des Vergangenen, nicht in das normale Leben zurückfinden konnte. Aber sie war sicher, daß das auf Kester nicht zutraf. Kester hatte von den schrecklichen Seiten des Krieges nur wenig zu sehen bekommen. Er machte daraus keinerlei Hehl, obwohl er überhaupt nicht gerne vom Krieg sprach. Die Freunde des Hauses waren des Lobes voll über ihn. »Ist Kester nicht großartig!« sagten sie immer wieder, »wie haben wir es nur die ganze Zeit ohne ihn aushalten können?« Wenn sie dergleichen hörte, lächelte Eleanor, um ihre steigende Unruhe zu verbergen. Ach ja, Kester war großartig, er war entzückend und liebenswürdig, und zwar unverändert gleichmäßig, ob er sich nun im intimsten Zusammensein mit ihr oder unter Freunden und Bekannten befand. Nur der alte Kester war es nicht.
Kein Zweifel: Ihn quälte irgend etwas, er war unzufrieden mit ihr. Er sagte es nie, aber sie fühlte es. Er redete oft lange und weitschweifig, geradeso, als habe er seine eifrigste Zuhörerin zu lange entbehren müssen, aber immer war es, als befände sie sich mit ihm auf einem Bankett, wo es auserlesene Speisen und exquisite Weine gab und wo ihr Tischherr bereit war, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Nur die heimliche, leise Vertraulichkeit zwischen Mensch und Mensch kam nicht auf, in dieser Sphäre von Luxus und Amüsement. Bei ihrem ersten Zusammensein nach langer Trennung hatte es einen kurzen physischen Rausch gegeben; der war nicht von langer Dauer, und darüber hinaus schien es plötzlich, als hätten sie nur sehr wenig Gemeinsames.
Er behandelt mich wie eine Frau, der er den Hof machen muß! dachte sie verzweifelt; er versucht mich mit Galanterien und allerlei Redensarten einzulullen, ganz so, als wolle er unter allen Umständen verhindern, mich hinter die Barriere seines eigentlichen Lebens blicken zu lassen. Was habe ich ihm nur getan?
Wieder und wieder versuchte sie, die unsichtbare Kluft zu überbrücken, indem sie so tat, als ob diese Kluft gar nicht existiere. Sie redete von ihren gemeinsamen Freunden und erzählte, was die einzelnen während seiner Abwesenheit getan hätten, und er hörte liebenswürdig aufmerksam zu. Sie sprach über die Plantage, und er zeigte sich interessiert, aber wenn sie ihn in irgendeiner Angelegenheit um Rat fragte, bekam sie kaum mehr als ein höfliches: »Oh, mach nur!« zu hören. »Ich weiß kaum etwas davon«, sagte er dann wohl, »es ist alles so anders jetzt hier; ich fürchte, meine Vorstellungen sind zu altmodisch.«
»Du verstehst mehr von Baumwolle, als ich jemals verstehen werde«, protestierte Eleanor dann.
»Aber – tu nicht so, als ob du mir schmeicheln wolltest, Liebling!« versetzte er. »Du hast alles so großartig gemacht – du brauchst wirklich nichts, was ich dir sagen könnte.«
Eleanor kämpfte mit leidenschaftlicher Hingabe gegen die aufkommende Leere, aber sie drang nicht durch.
»Liebst du mich, Kester?« fragte sie.
»Honigkind, wie kannst du das fragen? Wenn dein Bild fünf Minuten aus meiner Brieftasche herauskam, dann nur, weil ich es meinen Kameraden zeigen wollte.«
»Liebst du mich heute noch ebenso wie damals?«
»Ich habe dich immer geliebt, ich liebe dich jetzt, und ich werde dich immer lieben. Weißt du das wirklich nicht?«
»Doch, aber ich höre es gern, wenn du es sagst.« Ach, aber die Leere blieb.
Gewiß, er liebte sie, sie konnte nicht daran zweifeln. Als er eines Tages einen Kriegskameraden einlud, eine Woche auf Ardeith zu verleben, kam der Gast mit einem liebenswürdigen Lächeln auf Eleanor zu und sagte: »Und Sie sind Eleanor! Verzeihen Sie, aber ich kann nicht an Sie denken, ohne Sie beim Vornamen zu nennen, weil Ihr Name und Kesters Erzählungen in Camp Jackson sich zu einer festen Vorstellung verbunden haben.« Eleanor lachte; sie war glücklicher, als sie dem Fremden zeigen wollte.
Er möge sie ruhig weiter Eleanor nennen, sagte sie. Er plauderte von Kesters Beliebtheit im Lager. »Jeder liebte
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