Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Schmerz. Sie verstand ihn natürlich; sie brauchten gar nicht darüber zu sprechen. Er hatte ihr die Anteile überschrieben, weil er Kester nicht traute. Aus dem gleichen Grunde hatte er sie gesperrt und überließ ihr nur die Zinsen zum Verbrauch. Die beliefen sich auf zwölf- bis fünfzehnhundert Dollar im Jahr, immerhin genug, um sie und ihr Kind vor Armut zu schützen.
»Gut«, sagte Eleanor, »wenn du nicht willst, willst du nicht, und wir brauchen nicht weiter darüber zu reden. Aber dann entschuldige bitte, ich muß dann sogleich wieder gehen.«
»Bitte, noch nicht«, sagte Fred. Er streckte die Hand über den Tisch und griff nach der ihren, wobei er ihr einen ruhig prüfenden Blick zuwarf. »Honigkind«, sagte er, »wenn du Geldsorgen hast, warum hast du mir nie davon erzählt?«
»Oh, das ist nicht üblich«, versetzte Eleanor. »Danke, bemühe dich nicht. Ich richte es anders ein.«
»Wie? Wie willst du es einrichten?«
»Es ist ja nicht deine Sache, Papa«, sagte sie kurz.
Er hatte ein dünnes Lächeln im Gesicht: »Südost-Wechselbank?«
Sie sah ihn an und schwieg.
»Charles Robichaux?«
»Wie kannst du das wissen?« fragte sie, nun doch einigermaßen verblüfft.
Er ließ ein kurzes, trockenes Lachen hören: »Ich bin nicht ganz dumm, mein Kind. Es ist das besondere Geschäft dieser Bank, die heruntergewirtschafteten Plantagen längs des Stromes an sich zu bringen. Rund die Hälfte dürfte ihr schon gehören.« Er stand auf und kam um den Schreibtisch herum. »Warum hast du mir nie etwas davon erzählt, Eleanor?« fragte er.
Sie schüttelte den Kopf.
Er zuckte die Achseln. »Wie du willst, mein Kind. Ich denke, du bist eine erwachsene Person.« Er ging einige Male hin und her und blieb dann wieder vor ihr stehen. »Möchtest du, daß ich meinen Namen unter ein Dokument setze? Als Bürge gewissermaßen? Würde dir das eine Hilfe bedeuten?«
Eleanor fühlte, wie ein Zittern sie überkam. Sie wußte: Ihr Vater war kein reicher Mann, aber er hatte nie über einen Penny verfügt, der ihm nicht gehört hätte. Seine Integrität war außerhalb jeder Frage. Wenn er seinen untadeligen Namen unter einen Schuldschein setzte, war das eine Sicherheit, die jeder Bank reichte. Sie hatte bisher niemals darüber nachgedacht, wie sauer es einem Manne sein mußte, einen solchen Ruf zu erlangen, und wie kostbar es war, ihn zu bewahren. Aber in diesem Augenblick wußte sie es.
Sie antwortete mit einer rauhen und harten Stimme, die ihre innere Bewegung verbergen sollte: »Das würde ich niemals zulassen, Papa, hörst du? Nie! Nicht für eine Million Dollar! Ich hoffe, du verstehst mich. Andernfalls bleibt mir nichts mehr zu sagen.«
»Ich glaube, ich verstehe dich sehr gut«, sagte Fred.
»Ja, Vater!« Sie atmete schwer. »Ich bin deine Tochter, Vater!« Und einer plötzlichen Schwäche nachgebend, ließ sie sich in den Stuhl fallen, den er ihr hingestellt hatte, und barg den Kopf auf den über der Schreibtischplatte verschränkten Armen. Sie weinte nicht, aber es schüttelte sie. Sie hatte diese Unterredung an den Anfang ihrer Mission gestellt, weil sie wußte, daß sie das Schwierigste war. Wahrhaftig, das war sie. Sie fühlte sich nackt und beschämt vor den Augen ihres Vaters. Fred legte ihr sacht einen Arm um die Schultern, als wolle er ihr auf solche Weise ein Gefühl der Sicherheit geben. Eleanor dachte, wieviel leichter ihr diese Stunde geworden wäre, wenn er sie hart angefahren und ihr gesagt hätte, sie solle gehen und ihre Strafe auf sich nehmen, nachdem sie schon nicht auf seine warnenden Worte gehört habe. Sie bedauerte es jetzt schon, überhaupt hierhergekommen zu sein. Sie hätte es ja wissen können, daß er ihre Bitte ablehnen würde. Aber es war ihre einzige Chance gewesen, sofort veräußerliche Werte und damit flüssiges Kapital in die Hände zu bekommen; in ihrer Verzweiflung hatte sie geglaubt, diese Chance nicht auslassen zu dürfen.
Als sie nach einem Weilchen den Kopf hob, sagte Fred nur: »Deine Mutter und deine Geschwister würden sehr traurig sein, wenn sie keine Gelegenheit hätten, dich zu sehen, nachdem du einmal hier bist. Ich will Mutter eben anrufen und ihr sagen, daß du heut abend bei uns essen wirst.«
Eleanor hatte nicht die geringste Neigung, jemand von ihren Angehörigen zu sehen, aber sie sah keine Möglichkeit, die Einladung abzulehnen. Sie nickte deshalb schweigend. Als er den Telefonhörer abnahm, fuhr sie auf: »Bitte kein Wort zu Hause, warum ich in der Stadt
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