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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Tonelli-Frucht-Linie ein Riesenunternehmen. Aber immerhin: Großvater Tonelli hatte keine Schulden gehabt, als er anfing.
    Eleanor drehte den Fruchtschiffen den Rücken und schlenderte die Kanalstraße hinunter. Sie konnte das Gebäude der West-Bank sehen; die Fassade schimmerte undeutlich zwischen einigen Baumreihen. Fährboote gingen herüber und hinüber. Ein frischer Wind wehte hier am Wasser. Eleanor dachte daran, daß es hübsch wäre, den Strom mit dem Fährboot zu überqueren, aber sie verbot sich den Gedanken sogleich; sie konnte es sich nicht mehr leisten, einen Nickel unnötig auszugeben.
    Sie fing sich schließlich wieder. Sie gab sich nicht oft wehmütig rückschauenden Gedanken hin, die für alles gut sein mochten, aber nicht für die Gegenwart. Sie drehte sich um und ging schnellen Schrittes in ihr Hotel zurück, wo sie ihr Kleid wechselte und Dilcy mitteilte, sie müsse bei Cornelia bleiben, während sie zur Stadt hinaufginge, um ihre Mutter zu besuchen.
    Das Abendessen zu Hause verlief heiter und geräuschvoll. Nach dem Essen kamen die jungen Tonellis mit Guy Rickert, Lenas Verlobten, und nun sprachen alle auf einmal. Lena fragte Eleanor, ob sie inzwischen gelernt habe, ein Auto zu führen. Nein, versetzte Eleanor, aber Kester habe schon damit begonnen, es ihr beizubringen. Sie könne es bereits, sagte Lena; es sei eine ganze einfache Sache. Sie hätten ein Überlandcoupé mit einem elektrischen Anlasser, der noch niemals versagt habe. Dabei wies sie lachend auf ihren seitwärts geschlitzten Rock. »Diese Röcke mögen vielleicht nicht sehr moralisch sein«, sagte sie, »aber sie sind unerläßlich, wenn man im Auto sitzt und Kupplung und Bremse bedienen will.« Fred Upjohn erzählte von einem aufregenden Film, den er unlängst gesehen habe. Da habe Ford Sterling Mabel Normand gefesselt an eine Planke gestellt und begonnen, sie vermittels einer singenden Säge in zwei Hälften zu zerschneiden. Er habe vergessen, wie das Mädchen schließlich gerettet worden sei; die Sache sei aber sehr aufregend gewesen und habe ihm alle seine Sorgen aus dem Kopf geblasen, vor allem die Sorgen, die ihm der Atchafalaya-Fluß mache. Florence sagte, daß es in New Orleans jetzt schon mehr als dreißig Kinematographentheater gäbe; wußte Eleanor das schon? Molly Upjohn erinnerte Florence daran, daß Eleanor mit ihrem drei Monate alten Baby wahrscheinlich keine Zeit habe, sich über solche Sachen auf dem laufenden zu halten. Florence begann auf dem Klavier zu spielen, und Guy Rickert bat Eleanor um einen Tanz. Es war also so, als ob sie niemals fortgewesen wäre.
    Eleanor hatte durchaus Sinn für glückliches Familienleben. Das hier waren ihre Leute, solide, charakterfest und in jeder Weise vertrauenswürdig. Ihnen war es selbstverständlich, daß jeder Mensch auf sich selber aufzupassen habe. Guy und Lena fuhren sie schließlich in ihr Hotel zurück. Eleanor stand noch einen Augenblick still, bevor sie hineinging, und sah ihnen nach. Es war ihr, als schwände mit ihnen zugleich das starke und sichere Selbstvertrauen dahin, das ihr einmal anerzogen worden war und das ihr entschwunden war, ohne daß etwas Neues an seine Stelle getreten wäre.
    Als sie ihr Zimmer betrat, sah sie Kester. Er saß da und las eine Nachmittagszeitung; er sprang auf und warf die Zeitung weg.
    »Da bist du endlich. Denkst du überhaupt noch an mich?« fragte er.
    Sie ging auf ihn zu, und er schloß sie in seine Arme. Sie ließ ihren Kopf an seine Schultern sinken und stellte mit heimlicher Verwunderung fest, wie das alte Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit sie selbst in diesem Augenblick überkam. Lächelnd zu ihm aufsehend, fragte sie: »Bist du böse, daß ich jetzt erst komme?«
    »Möchtest du etwa, daß ich böse wäre?« fragte er scherzend. »Wie ist Cornelia die Reise bekommen?«
    »Oh, es geht ihr gut.«
    »Den Eindruck hatte ich auch. Ich habe mit ihr im anderen Zimmer gespielt, bis sie schlafen ging.« Er half ihr aus dem Mantel. Ihren Hut konnte sie gerade noch davor bewahren, achtlos auf das Bett geworfen zu werden. Es war ein Samthut mit einer großen weißen Reiherfeder, und sie erwartete nicht, sich in absehbarer Zeit einen neuen Hut gleicher Qualität kaufen zu können.
    »Nun«, sagte Kester, während sie den Hut in der Hutschachtel unterbrachte, »was hast du getan, Miß Ordnungschafferin?« Er maß sie mit einem spöttisch-amüsierten Blick, dem gleichen Blick, mit dem er sie auch bedacht haben würde, wenn es ihr

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